Wyoming 2 - Wildes Herz
im Schatten herum. Sie lehnten an der Querstrebe eines Pfostens, an dem die Pferde angebunden wurden. Die Gehwege auf beiden Straßenseiten füllten sich bereits mit begierigen Zuschauern, die Rileys Verhöhnungen angelockt hatten.
Der junge Mann brauchte einen Rippenstoß, ehe er bemerkte, daß Colt ins Freie getreten war, und ehe er sich aufrichtete, grinste er und gab eine Äußerung von sich, die seinen Freunden ein Kichern abrang. Dann trat er mitten auf die breite Straße, und seine langsamen Schritte drückten deutlich seine Zuversicht aus.
Ein Muskel zuckte in Colts Kiefer, als er angewidert die Zähne zusammenbiß. Er fragte sich, ob die braven Städter sich zu einer Lynchjustiz zusammenrotten würden, falls er dieses Arschloch, das gar nicht von hier war, zufällig doch tötete. Höchstwahrscheinlich. Ob es nun fair war oder nicht, aber die Weißen sahen es nicht gern, wenn ein Halbblut einem der Ihren eine Niederlage zufügte.
In dem Moment interessierte ihn das nicht übermäßig, aber er hatte nicht die Absicht, den jungen zu töten, denn das war nicht die Form von Streit, die er gesucht hatte. Diese Ehre überließ er einem anderen. Falls der Angeber natürlich aus Versehen starb, weil er ihm in eine seiner Kugeln lief...
Colt schob sich den Hut aus dem Gesicht, bis er von seinem Kopf fiel und auf seinem Rücken hing. Einmal hatte ihm der Wind im denkbar ungünstigsten Moment den Hut in die Augen geweht, und er wäre jetzt tot, wenn der andere nicht ein derart miserabler Schütze gewesen wäre.
»Worauf wartest du denn noch? « rief Riley ungeduldig von dem Standort aus, den er mitten auf der Straße bezogen
hatte.
»Hast du es so eilig zu sterben? «
Das fand Riley komisch. Seine Freunde auch. Aber auch eine Reihe von Zuschauern. »Was du da in der Hand hast, das sind nicht Pfeil und Bogen, Halbblut, oder hast du das noch nicht gemerkt? «
Diesmal krümmte sich der Junge vor Lachen über seinen eigenen Geistesblitz. Auf beiden Straßenseiten schlugen sich die Leute auf den Rücken und wischten sich die Augen, denn so gut wie alle Anwesenden lachten herzlich mit - bis auf den Spanier.
Colt bemerkte Alonzo, als er auf die Straße trat, und dann den Schotten, der bei ihm stand. Es waren also einige von ihren Leuten anwesend. Das änderte auch nichts. Sie waren nichts weiter als Zuschauer, wie alle anderen auch. Und doch glitten seine Blicke plötzlich über die Gehsteige - und fielen auf sie, denn dieser leuchtend rote Haarschopf war kaum zu übersehen, als sie auf Alonzo zulief.
Mist! Jetzt saß er in der Tinte, wirklich und wahrhaftig in der Tinte! Er fragte sich, wem er ihre Aufmerksamkeit zu verdanken hatte, und als sie neben dem Spanier stehenblieb, wußte er es. Der Blick, mit dem er den dunkelhäutigen Mann bedachte, gelobte ihm Vergeltung, doch Alonzo, der diesen Blick richtig auslegte, zuckte lediglich die Achseln.
Es kam nicht in Frage, die Herzogin anzusehen. Colt wandte seine Aufmerksamkeit wieder Riley zu. Seine Gleichgültigkeit war verflogen, sein Zorn stand kurz vor der Explosion. Wenn sie versuchte, sich einzumischen...
Genau das hatte Jocelyn gerade vor. Sie erfaßte die Lage mit einem Blick und verstand, daß die beiden Männer, die dort auf der Straße standen, jeden Moment mit der Schießere i anfangen könnten, und das durfte sie nicht zulassen. Sie wußte aus eigener Erfahrung, wie geschickt Colt mit seinem Revolver umging, aber was war, wenn sein junger Gegner ein ebenso guter Schütze war? Dieses Risiko konnte sie nicht eingehen.
Aber als sie ihren Rock hob, um auf die Straße herunterzusteigen, packte Alonzo sie am Arm und flüsterte ihr ins Ohr: »Wenn Sie ihn jetzt ablenken, ist er tot. ln dem Moment, in dem er Sie ansieht, und das wird er tun, wird der junge Riley seinen Vorteil nutzen und die Waffe ziehen. Wenn Sie eher gekommen wären, hätten Sie noch einschreiten können, aber jetzt ist es zu spät. «
»Aber... « Sie biß sich auf die Lippe und starrte Colt unschlüssig an. Wie konnte sie zusehen und nichts tun, wenn er verwundet werden könnte, oder gar Schlimmeres?
Aber es war wirklich für jede Einmischung zu spät. In dem Moment, in dem sie Colts Gegner ansah, um sich ein Urteil über seine Fähigkeiten zu bilden, griff der junge Mann schon nach seiner Waffe. Es ging alles so schnell, daß es kein Wunder war, daß die Zuschauer geschlossen in ehrfürchtigem Staunen erstarrten. Colt hielt seine Waffe schon in der Hand und richtete sie auf seinen
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