Wyrm. Secret Evolution
Juretzko â die erinnerte Alina an eine zynische KGB -Agentin aus einem bitterbösen Spionagethriller. Besser sie hielt die Klappe und sagte gar nichts mehr, statt sich noch um Kopf und Kragen zu reden.
»Es wäre besser, Sie würden mit uns kooperieren«, sagte die Polizeidirektorin scharf. »Oder soll ich Sie erst bei Wasser und Brot in unser tiefstes Verlies sperren lassen, damit Sie den Ernst der Lage begreifen?«
»Was für einen Ernst?« Alina spannte sich an. Sie musste diesem Wahnsinn Einhalt gebieten. »Ich sage gar nichts mehr ohne meinen Anwalt!«
»Brauchst du denn in deinem zarten Alter wirklich schon einen eigenen Anwalt?« Die Frau mit dem kalten Blick schüttelte den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen. AuÃerdem wäre es wirklich besser für dich, du würdest kooperieren. Ich darf dich doch duzen, oder?«
»Das können Sie doch nicht machen!«
»Was â dich duzen?«
Alina schüttelte genervt den Kopf. »Mich hier ohne Anwalt verhören. SchlieÃlich leben wir in einem Rechtsstaat!«
Polizeidirektorin Juretzko nickte knapp. »Aber natürlich. Und in diesem Rechtsstaat geht es um das, was du dir geleistet hast: Widerstand gegen die Staatsgewalt in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung.«
»Ja, aber â¦Â«, begann Alina. »Das war doch nur â¦Â«
»Das sind nur die aktuellen Vergehen, sozusagen dein ganz persönliches Tagesprogramm«, fiel ihr die Polizeidirektorin ins Wort. »Das ist mir schon klar. Ich will ja nichts Altes aufwärmen ⦠aber du bist nur auf Bewährung drauÃen. Ist dir das eigentlich klar?«
Ob ihr das klar war? Alina hätte beinahe laut aufgelacht. Natürlich war es das. Sie hatte ja schlieÃlich genug ScheiÃe in den letzten Jahren gebaut.
»Von meinem Bericht an die Staatsanwaltschaft hängt es ab, ob du jetzt für längere Zeit einfährst â oder nicht.« Polizeidirektorin Juretzko straffte sich. »Ich halte es nur für fair, dass du das vorher weiÃt. Damit du die richtigen Entscheidungen treffen kannst.«
Alina öffnete den Mund â und schloss ihn dann wieder. Es gab nichts, was sie darauf hätte sagen können.
»Betrachten wir das also als geklärt«, fuhr die Grauhaarige fort. Als sie sich vorbeugte, sah sie wie eine fleischfressende Pflanze direkt vor dem Zuschnappen aus. »Und jetzt zu Maya. Ist sie eine gute Freundin von dir? Hat sie dir aufgetragen, unsere Kollegen vor Ort aufzumischen, damit sie in Ruhe die Fliege machen kann?«
»Nichts ist ⦠nichts ist mit irgendeiner Maya«, stotterte Alina. »Ich kenne sie nicht einmal. Ich kenne überhaupt keine Maya.«
»Aha.« Die Polizeidirektorin schüttelte den Kopf. »Deswegen hast du ihr auch zugerufen, dass sie abhauen soll?«
Alina hätte gerne geantwortet. Aber das ging nicht. Sie konnte sich schlagartig kaum noch auf ihr Gegenüber konzentrieren. Bunte Flecken tanzten vor ihren Augen, und aus dem Summen der Klimaanlage wurde ein langgezogener klagender Laut.
Da war es wieder. Sie drohte abzurutschen, in den Traum zu versinken, der sie in den letzten Tagen wiederholt gequält hatte. Und der mittlerweile sogar in ihren Alltag Einzug gehalten hatte wie eine nervige Werbebotschaft, der man sich nicht entziehen konnte.
Ihre ganze Umgebung schien durchlässig zu werden, während sie sich veränderte. Um sie herum herrschte jetzt eine erstickende, fürchterliche Dunkelheit. Das Gefühl, eingeschlossen zu sein, begraben unter Tonnen von Gestein. Ein Wabern und Flackern, das sich nicht mit den Augen einfangen lieÃ, in dem sich unaussprechliche Dinge formten und wieder auflösten. Als wäre das noch nicht schlimm genug, griff der Schatten des gestaltlosen Schreckens nach ihr, der sie seit Tagen verfolgte und ihr mehr Angst machte als alles andere zuvor in ihrem Leben. Als nicht fassbare Kreatur kratzte er am Rande ihrer Wahrnehmung, begehrte Einlass in ihre Gefühle, zertrümmerte ihre Fluchtphantasien, die alles Dunkle, Höhlenartige und Geheimnisvolle zu einem Ruhepunkt in ihrem kümmerlichen Leben gemacht hatten. In ihren Augen schimmerten Tränen, und ihre Hände krampften sich zusammen, während sie einen stummen Kampf mit der Schattengestalt ausfocht. Sie wollte nichts von ihr wissen, sie wollte nur ihre Ruhe haben, sie wollte wieder zurückfinden in ihr
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