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Wyrm. Secret Evolution

Wyrm. Secret Evolution

Titel: Wyrm. Secret Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bis sie auf der Stuhlkante hockte wie ein Raubvogel auf einem Ast. Sie wartete auf etwas. Auf die Reaktion, die sie provoziert hatte – und die dennoch nicht kommen würde.
    Alina tat ihr nicht den Gefallen, ihre Wut vollständig explodieren zu lassen. Jetzt war sie wieder vollständig zurück in der Realität. In einer Realität, in der sie sich bestens auskannte. Die Grauhaarige war wie ihre Stiefmutter. Nein, falsch: Sie war ihre Stiefmutter. Eine hässliche alte Frau. Eine kalte Frau. Eine böse Frau, die nichts unversucht lassen würde, um ihr wehzutun und sie zu erniedrigen.
    Und die man auflaufen lassen musste.
    Â»Dir geht es nicht gut, hast du gesagt«, bohrte die hässliche Frau nach. »Hast du Schmerzen?«
    Â»Schmerzen?« Alina tat so, als hätte sie das Wort nicht richtig verstanden. Die Alte hatte Tränensäcke wie ihre Stiefmutter, stellte Alina fest. Abstoßend hässliche Tränensäcke. Und Stirnfalten, die ein V über der Nasenwurzel bildeten, wenn sie auf eine Antwort wartete. So wie jetzt. »Natürlich habe ich Schmerzen«, antwortete sie jetzt. »Aber das spielt gerade keine Rolle. Dieses ganze Verhör ist absoluter Quatsch.«
    Â»Das ist es nicht«, knarrte die Alte. »Du weißt doch mehr über das, was die Stadt in Schrecken versetzt.«
    Â»In Schrecken?«
    Â»In Schrecken, ja.« Die Alte leckte sich gierig über die Lippen. Es war ekelhaft. »Etwas ist unterhalb der Stadt passiert. In den von U-Bahn-Tunneln, Kabelkanälen und Abwasserrohren gebildeten Eingeweiden. Was genau, darüber spekulieren die sogenannten Experten jedoch immer noch.«
    Â»Ja, ich habe davon gehört. Es wird ja über kaum noch etwas anderes geredet.« Alina rutschte auf ihrem Stuhl so weit wie möglich zurück. »Dabei ist doch nur mal wieder Baupfusch betrieben worden!«
    Die Alte schüttelte den Kopf. »Nein. Das können wir ausschließen. Es scheint sich um etwas … ganz anderes zu handeln.«
    Â»Und was?«, fragte Alina unbehaglich. »Etwa um ein Erdbeben wie in Italien? Oder einen Erdrutsch wie in Nachterstedt?«
    Polizeidirektorin Juretzko zuckte mit den Schultern. »Im Augenblick wissen wir das noch nicht. Dabei drängt die Zeit. Jeden Moment kann ein weiterer Teil der Stadt in sich zusammensacken. Wir müssen also sehr schnell herausbekommen, mit wem oder was wir es hier eigentlich zu tun haben.«
    Â»Terroristen!« Alina schrie jetzt fast. »Wenn es kein Baupfusch und kein Erdbeben war, dann waren es Terroranschläge! Wie bei den Twin Towers!«
    Â»Nur heimtückischer …« Die Juretzko nickte, als würde ihr dieser Gedanke gefallen. Doch dann schüttelte sie wieder den Kopf. »Ich will Terroranschläge wirklich nicht ausschließen. Aber das Ganze dürfte etwas … komplexer sein. Einer unserer Spezialisten hat das Ereignis mit bestimmten Phänomenen auf dem Meeresgrund unterhalb des Bermuda-Dreiecks verglichen.«
    Â»Bermuda-Dreieck?« Alina konnte nicht den Blick von der abstoßenden Alten lassen. Sie war genau so wie ihre Mutter. Zum Reinschlagen. »Was hat das mit dem Bermuda-Dreieck zu tun? Und, ganz abgesehen davon«, Alina verschluckte sich fast vor unterdrückten Emotionen, »mit dieser Maya?«
    Â»Das sind beides sehr gute Fragen«, stellte Polizeidirektorin Juretzko fest. »Und die Antwort zumindest auf die zweite Frage hätte ich gerne von dir.« Sie schob Alina die Unterlagen zu. »Sieh dir ruhig die Fotos an.«
    Alina wollte zuerst gar nicht hingucken. Doch dann konnte sie den Blick nicht mehr von den Fotos abwenden.
    Sie hatte erwartet, dass sie die Einsturzstellen zeigen würden. Aber das stimmte nicht. Es waren verschiedene Aufnahmen von Jugendlichen. Ein Typ mit einer Baseballkappe, der leichtfüßig über einen Mauervorsprung lief. Ein zierliches Mädchen mit kurzen Haaren, das entfernte Ähnlichkeiten mit ihr selbst hatte und gerade mit so eleganten Bewegungen an einer Fassade hochkletterte, als wären die Gesetze der Schwerkraft aufgehoben. Und ein größeres und ebenfalls dunkelhaariges Mädchen, jedoch mit langen lockigen Haaren, das gerade mit ausgebreiteten Armen von einem Flachdach absprang, als wollte es einem Vogel Konkurrenz machen.
    Das letzte Foto zeigte das Mädchen mit den kurzen Haaren, das in vertrauter Geste den Arm um die Schulter des Typs mit dem

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