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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Allmählich würden sich Heliumablagerungen im Kern herausbilden, begleitet von einem Rückgang der Temperatur im Innern. Das Gleichgewicht zwischen Gravitation und Strahlungsdruck würde zerbrechen, und der Kern würde unter dem Gewicht der ihn umgebenden, kälteren Schichten implodieren.
    Diese Implosion würde einen erneuten Anstieg der Kerntemperatur herbeiführen – und zwar so hoch, daß ein erneuter Fusionsprozeß in Gang käme – und der Energieausstoß des Sterns würde ansteigen.
    Die äußeren Schichten würden sich enorm ausdehnen, aufgebläht von dem reaktivierten Kern. Die Sonne würde Merkur verschlucken und vielleicht noch weitere der inneren Planeten, bevor sich ein neuer Gleichgewichtszustand zwischen Gravitation und Strahlungsdruck einstellte – als ein Roter Riese. Diese hundert Millionen Jahre dauernde Phase wäre höchst spektakulär, wobei sich die Leuchtkraft der Sonne um den Faktor tausend steigern würde.
    Doch diese enorme Expansion konnte nicht von Dauer sein. Mit der Zeit würden selbst schwerere Elemente im expandierenden, von Schlacke verstopften Kern verbrannt werden, bis schließlich der ganze Brennstoff verbraucht wäre.
    Durch den abrupten Rückgang der Kerntemperatur würde die Balance sofort aufgehoben werden. Die Sonne würde wieder implodieren und einen neuen Zustand der Stabilität anstreben. Zum Schluß, als Weißer Zwerg, würde die Sonne aus nur wenig mehr als ihrem erkalteten Kern bestehen, wobei eine weitere Schrumpfung durch den Druck von Hochgeschwindigkeits-Elektronen in seinem Innern verhindert würde.
    Dann würde sich der Rest langsam abkühlen und schließlich zu einem Schwarzen Zwerg degenerieren, der von den versengten und leblosen Gesteinsbrocken seiner Planeten umkreist wurde.
    … Zumindest, dachte Lieserl, war das die Theorie.
    Wenn die Gesetze der Physik ungehindert und ihrer Logik gemäß ablaufen durften, war die Verwandlung der Sonne in einen Roten Riesen noch Milliarden Jahre entfernt… und nicht nur Millionen Jahre, wie aus Suprahets Indizien scheinbar hervorging.
    Lieserls Auftrag bestand darin, herauszufinden, was die Sonne beschädigte.
    Lieserl. Versuche, die p-Modi aufzurufen; wir wollen wissen, ob diese Sensormechanismen funktionieren…
    »Absolut. Helioseismologie, ich komme«, verkündete sie flapsig.
    Erneut öffnete sie die Augen.
    Ein neues Muster wurde von ihren Prozessoren generiert, eine neue Abbildung über den Darstellungen der Konvektionszellen und verschlungenen Flußröhren. Das waren p-Modi: Schallwellen und Druckwellen, die sich, von Explosionen wie der Zerstörung von Körnern auf der Oberfläche ausgehend, in dem solaren Gas ausbreiteten. Die Wellen wurden von der Konvektionszone absorbiert, von dem Vakuum oberhalb der Photosphäre reflektiert und vom Kern durch die zunehmende Schallgeschwindigkeit im Innern abgelenkt. Die Wellen hoben einander auf und verstärkten sich, bis nur noch stehende Wellen übrig waren, Vibrationsmodi, welche der Geometrie der Konvektionskammer entsprachen.
    Die Modi erfüllten den Raum um sie herum mit geisterhaften, rotierenden Mustern; ihre Eigenschaften variierten, als sie in die Tiefe einer Kaverne schaute, wobei die Längenmaßstäbe sich vergrößerten, als sie in das Innere blickte. Als Lieserl mit ihrer verstärkten Optik nach oben sah, konnte sie erkennen, wie Flecken der Sonnenoberfläche – Tausende von Kilometern groß – oszillierten, als die Wellen auftrafen, mit einer Verdrängung von achtzig Kilometern und einer Geschwindigkeit von achthundert Metern pro Sekunde.
    Die Sonne hallte, wie eine Glocke.
    Gut… gut. Das ist Wahnsinn, Lieserl.
    »Freut mich, wenn ich helfen kann«, meinte sie trocken.
    In Ordnung. Laß uns jetzt versuchen, es zu kombinieren. Verwende den Neutrino-Fluß im Originalzustand, die helioseismologischen Daten und alles andere, was du noch ermittelt hast… Laß uns sehen, was dabei herauskommt.
    Lieserl wurde von Spannung ergriffen – subtil, aber real –, als sie der Anweisung nachkam. Nun bewegte sie sich auf das eigentliche Wesen ihrer Mission, ja ihres Lebens, zu: Den Blick in das Herz der Sonne, den noch kein Mensch zuvor getan hatte.
    Während die Prozessoren mit der Integration der Daten beschäftigt waren, rief sie aus ihrem Langzeitgedächtnis ein Modell auf: das Standardmodell der Sonne. Die Prozessoren überlagerten die sie umgebende Kaverne mit einer noch höheren Ebene der Komplexität, versahen sie mit Symbolen, Grafiken, Gitternetzlinien und

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