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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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zwang sich zum Weitergehen und unterdrückte ein Zittern.
    Sie war diejenige, die sich vor dem Wagen, vor Parz City und vor dem Unbekannten fürchtete. Natürlich hatte sie Angst. Und nun fragte sie sich, ob diese Furcht, die ihr im Nacken saß, der eigentliche Grund gewesen war, weshalb sie Philas mit Toba auf die Reise schicken wollte und ob die ›offiziellen‹ Begründungen nicht nur vorgeschoben gewesen waren. Und sie fragte sich, ob Philas das auch bemerkt hatte.
    Hier kam eine neue Komponente ins Spiel, sagte sie sich müde, welche das ohnehin schon komplexe Verhältnis zwischen den beiden noch komplizierte. Nun, vielleicht lag das einfach in der Natur der Dinge.
    Dura wandte sich ab und stieg in den Wagen; Farr folgte stumm.
    Der Mann vom Pol, der ohne seine Oberbekleidung weitaus weniger eindrucksvoll war, beobachtete sie beim Einsteigen. Mit den vier Leuten – zumal Addas Trage ziemlich viel Platz beanspruchte – und Mixxax’ vor einer Steuerkonsole plaziertem Pilotensitz war die Aufnahmekapazität des Wagens erschöpft. Mit einem sichtlichen Ausdruck der Erleichterung nahm Mixxax den Hut samt Schleier ab. Er betätigte einen Hebel, woraufhin die massive Tür nach außen schwang.
    »Und Philas! Alles Liebe von uns…«, rief Dura, bevor sie von der Außenwelt abgeriegelt wurden.
    Mit einem dumpfen Geräusch schloß die Tür sich. Mixxax betätigte einen anderen Hebel, und aus den sie umgebenden Wänden drang ein lautes Zischen.
    Luft strömte in die Kabine. Sie war frisch und weckte Duras Lebensgeister – aber sie war, wie sie sich erinnerte, auch fremdartig. Sie zog sich in eine Ecke zurück und zog die Beine an die Brust.
    Mixxax schaute sich um. Er machte einen verwirrten Eindruck. »Bist du in Ordnung? Du siehst so… so krank aus.«
    Dura verspürte den Drang, sich auf ihn zu stürzen und die in die Wand eingelassenen Klarholz-Fenster zu zertrümmern. »Toba Mixxax, wir sind Menschliche Wesen«, zischte sie. »Noch nie in unserem Leben waren wir in einer Kiste eingesperrt. Du solltest einmal versuchen, dich in unsere Lage zu versetzen.«
    Toba schaute entgeistert drein. Dann drehte er sich um und zog mit betretener Miene an den Zügeln, die durch die hölzernen Wände verliefen.
    Dura drehte sich schier der Magen um, als der Wagen sich mit einem Ruck in Bewegung setzte. »Toba, wo befindet eure Stadt sich überhaupt?«
    »Am Südpol«, sagte er. »Flußabwärts. So weit flußabwärts, wie es nur möglich ist.«
    Flußabwärts.
    Dura schloß die Augen.

5

    ALLMÄHLICH ERWACHTE DURA aus dem Schlaf.
    Sie spürte die schlaffen Muskeln, den langsamen Takt des Herzens und die frische, warme Luft, die durch Lunge und Kapillaren strömte. Sie schlug die Augen auf und ließ den Blick durch das Innere des Kastenwagens schweifen.
    Das einzige Licht fiel durch vier kleine, durchsichtige Ausschnitte in der Wand – Mixxax hatte sie als Fenster bezeichnet –, so daß der kleine Raum im Zwielicht lag.
    Es war eine bizarre Situation: um den Darm zu entleeren, mußte sie eine Abdeckung anheben und sich auf ein Rohr hocken; und wenn sie dann einen kleinen Hebel betätigte, wurden die Exkremente in die Luft gesaugt. Die Kabine selbst bestand aus Holzbrettern, die an einem Rahmen aus Spanten und Sparren befestigt waren. Sie hatte den Eindruck, sich im Bauch eines riesigen Tieres zu befinden und erinnerte sich an das Gefühl der Bedrohung, das sie beim Einstieg in den Wagen verspürt hatte. Und nun, nicht einmal einen Tag später, fühlte sie sich sicher und geborgen; es war schon erstaunlich, wie schnell die Menschen sich einer veränderten Umgebung anpaßten.
    Addas Trage war am Rahmen befestigt. Adda selbst schien zu schlafen – oder vielmehr bewußtlos zu sein. Sein Atem ging rasselnd, und aus dem offenen Mund tröpfelte Speichel; die Augen waren halb geöffnet, doch selbst das gesunde Auge schwamm in Eiter, der sich langsam auf Stirn und Wange ausbreitete. Kleine, harmlose Symbionten tummelten sich auf der Wange und labten sich am Eiter. Farr schlief; er hatte sich in einer Ecke der Kabine zu einer Kugel zusammengerollt. Der Kopf lag auf den Knien, und das Haar hob sich im Rhythmus der Atmung.
    Mixxax saß auf dem bequemen Stuhl vor der Anordnung aus Hebeln und sonstigen Gerätschaften. Er hatte ihr den Rücken zugewandt und schaute in Fahrtrichtung. Sie musterte den nur mit einer Unterhose bekleideten Piloten und registrierte erneut, wie schwächlich, knochig und bleich dieser Mann aus der Stadt doch war.

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