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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Während er nun das Fahrzeug führte, strahlte er jedoch Ruhe und Kompetenz aus. Es war diese Ruhe, das Gefühl, sich in einer kontrollierten und sicheren Umgebung zu befinden – verbunden mit der Erschöpfung durch die erfolglose Jagd, die nervliche Belastung wegen Addas Verwundung und die dünne Wald-Luft –, die dazu beigetragen hatte, daß Dura und Farr fast unmittelbar nach Antritt der Reise eingeschlafen waren.
    Nun, Dura war dankbar für dieses friedliche Zwischenspiel. Sie würde ohnehin bald wieder mit der Realität konfrontiert werden – Addas Verwundung, Farrs Verwundbarkeit und Schutzbedürfnis, die unvorstellbare Fremdartigkeit des Ortes, an den sie gebracht wurden. Bald würde sie mit nostalgischen Gefühlen an dieses Zwischenspiel im engen, sicheren Wagen zurückdenken.
    Langsam, um die Steifigkeit aus den Gliedern zu vertreiben, stieß sie sich aus der Ecke ab und schwebte durch die Kabine zu Mixxax’ Sitz. Sie hielt sich an der Lehne fest und schaute aus dem Fenster.
    Als Toba Mixxax sie sah, zuckte er zurück. Beim Anblick der sich in seinem Gesicht abzeichnenden Panik mußte Dura ein Lachen unterdrücken.
    »Tut mir leid«, sagte er leise. »Ich dachte, du würdest noch schlafen.«
    »Die anderen schlafen auch noch. Wie lange war ich weg?«
    Er zuckte die Achseln. »Für eine Weile.«
    Sie blickte aus dem Fenster und kniff in der gleißenden Helligkeit der Luft die Augen zu. Von der Vorderseite des Wagens führten Lederriemen zu einem Holzgestell, in dem die kräftigen, jungen Luft-Schweine eingepfercht waren, die Mixxax als sein ›Team‹ bezeichnete. Die grünen Abgaswolken, welche die Tiere ausstießen, waren so dicht, daß sie die Schweine fast einhüllten. Dura sah, daß der Wagen an den Feldlinien entlanggezogen wurde. Dünne Lederriemen – Zügel – verliefen von den durchbohrten Flossen der Schweine durch eine Luftdichte Membran in der Vorderseite des Wagens zu Mixxax’ Händen; lässig hielt er die Zügel, als ob er die Schweine und den Wagen wie im Schlaf steuerte. Für einen Moment fragte Dura sich, wie es wohl wäre, an einem Ort wie diesem magischen Parz City zu leben, wo die Menschen mit derselben Leichtigkeit einen Wagen lenkten, wie ihr Stamm durchs Magfeld schwamm.
    Sie folgte dem Tunnel aus Feldlinien bis zu dem Punkt, wo sie sich bündelten und in der Unendlichkeit verschwanden. Und dicht über diesem weißroten Fluchtpunkt erkannte sie das trübe Glühen des Südpols… und vielleicht die Lichter von Parz City selbst.
    Die Kruste zog wie eine gewaltige Decke über ihnen vorbei. Sie waren so schnell, daß die Einzelheiten vor ihren Augen verschwammen. Der Wald, in dem sie auf die Jagd gegangen war, erstreckte sich bis hierher. Die Bäume wuchsen aus der transparenten Substanz der Kruste und richteten sich am Magfeld aus wie Haar-Röhren; die tassenförmigen Neutrino-Blätter glitzerten, als die Perspektive der Beobachter sich veränderte. Doch nun lichtete der Wald sich; immer öfter war die nackte Kruste zwischen den Bäumen zu sehen.
    Doch die Kruste war überhaupt nicht nackt: vielmehr war sie von rechteckigen Feldern mit einer Breite von vielleicht hundert Mannhöhen überzogen, die in Farbe und Struktur leicht variierten. Manche enthielten Markierungen, die wie Feldlinien auf das Magfeld zustrebten, wogegen die Muster anderer Rechtecke schräg zur Richtung des Magfelds verliefen – teilweise sogar senkrecht zur Flußrichtung. Und einige Felder trugen gar keine Markierungen, sondern waren nur mit farbigen Stoppeln bedeckt.
    Sie schaute nach Süden. Von diesem Punkt aus bedeckten die rechteckigen Felder die Kruste wie ein Flickenteppich, bis in die Unendlichkeit jenseits der Feldlinien. Kleine Gestalten arbeiteten auf den Feldern: Menschen, die aufgrund der Entfernung und der Größe der Felder winzig wirkten. Hier und da erkannte sie kastenförmige Luft-Wagen, welche die Feldarbeiter beaufsichtigten.
    Auf einmal kam sie sich klein und unbedeutend vor. Die den Pol umgebende Kruste war kultiviert – noch dazu in einem gewaltigen Maßstab.
    Das größte Artefakt, das sie vor dieser Reise zu Gesicht bekommen hatte, war das Netz der Menschlichen Wesen. Toba Mixxax’ komplexer Wagen war auch schon eindrucksvoll genug gewesen, doch diese Markierungen auf der Kruste sprengten nun den Rahmen: Es handelte sich um Kultivierung in einem solchen Umfang, daß man fast schon von einer Nutzbarmachung des Sterns selbst sprechen konnte.
    Und das alles war von Menschenhand geschaffen

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