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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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stieg aus dem Wagen. Wachsam und mit großen Augen beobachtete Dura ihn. Mixxax erwiderte den Blick. Für lange Sekunden hingen sie dort und taxierten sich gegenseitig.
    Mixxax trug Kleider. Nicht nur einen Gürtel oder einen Tragebeutel, sondern einen Lederanzug, der ihn vollständig einhüllte. So etwas Unbequemes und gleichermaßen Nutzloses hatte sie noch nie gesehen. Dabei verfügte dieser Anzug nicht einmal über besonders viele Taschen. Dazu trug er einen Hut mit einem Schleier aus einem durchsichtigen, leichten Material, von dem wiederum Röhren zu einem Rucksack führten. Ein radförmiges Medaillon hing ihm an einer Kette um den Hals.
    Mixxax war gute fünf Jahre älter als Dura und vielleicht fünfzehn Jahre jünger als ihr Vater zum Zeitpunkt seines Todes. Auf jeden Fall war er schon so alt, daß sein Haar – zumindest das, was sie davon zu sehen bekam – fast völlig vergilbt war und die Augen von Fältchen eingerahmt waren. Trotz des Huts und des Schleiers schien er in der dünnen Luft des Walds unter Atemnot zu leiden. Er war klein – einen Kopf kleiner als sie – und wirkte wohlgenährt: er hatte runde Wangen, und der Bauch wölbte sich unter den Kleidern. Mixxax hatte zwar eine korpulente Statur, war aber dennoch ziemlich schwach. Die Muskulatur von Nacken, Armen und Beinen war derart unterentwickelt, daß sie sich nicht einmal unter dem Leder abzeichnete; und der Kopf wackelte leicht auf einem ausgesprochen dürren Hals.
    Im direkten Kampf Frau gegen Mann, so sagte Dura sich, wäre Mixxax kein Gegner für sie gewesen. Er hätte sogar Schwierigkeiten gehabt, sich gegen Farr zu behaupten. Ob wohl alle Bewohner dieses seltsamen Orts – Parz City – durch die Benutzung von Schweinen gezogener Wagen von Muskelschwund befallen waren?
    Neue Zuversicht durchströmte Dura. Toba Mixxax wirkte zwar fremdartig, stellte aber keine Bedrohung für sie dar.
    Dann richtete ihr Blick sich wieder auf das Medaillon, das er um den Hals hängen hatte. Es war ungefähr handtellergroß und bestand aus einem Rad und einem stilisierten Menschen, der Arme und Beine vor dem Rad gespreizt hatte. Das Medaillon war sorgfältig gearbeitet, wobei der Gesichtsausdruck des Menschen eine Reihe von Interpretationen zuließ: von schmerzlich bis würdevoll.
    Aber es war weniger die Optik als vielmehr das Material, das sie in den Bann zog. Das Medaillon bestand nämlich aus einer Substanz, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Holz war es sicher nicht; dafür wirkte es zu glatt und massiv. Aber was war es dann? Knochen? Oder…
    Nun bemerkte Mixxax, daß sie das Medaillon anstarrte; hektisch, als ob er sich irgendwie schuldig fühlte, bedeckte er das Schmuckstück mit der Hand und verbarg es in der Jacke, wo es ihrem Blick entzogen war.
    Sie beschloß, sich später darüber Gedanken zu machen. Ein weiteres Rätsel von vielen…
    »Dura«, sagte Toba. Seine Stimme war nun viel deutlicher als das verzerrte Krächzen, das sie durch die Wände des Wagens gehört hatte.
    »Danke, daß du uns hilfst.«
    Er runzelte die Stirn und verzog das Gesicht. »Du solltest mir erst dann danken, wenn ich weiß, ob wir überhaupt etwas für ihn tun können. Selbst wenn er die Fahrt nach Parz überlebt, gibt es keine Garantie, daß ich auch einen Arzt finde, der einen Oberströmler wie ihn behandelt.«
    Oberströmler?
    »Und selbst wenn ich einen finde, weiß ich immer noch nicht, womit ich ihn bezahlen soll…«
    Sie wischte seine Bedenken mit einer Handbewegung beiseite. »Toba Mixxax, mit diesen Problemen befasse ich mich erst dann, wenn sie aktuell werden. Zunächst sollten wir uns darauf konzentrieren, Adda in deinen Kasten… deinen Wagen zu schaffen.«
    Er nickte. »Ja. Und das wird nicht ganz einfach werden«, erwiderte er grinsend.
    Mit einigen kräftigen Stößen, wobei Mixxax ihr unbeholfen folgte, schwamm Dura zu der kleinen Gruppe Menschlicher Wesen hinüber. Farr ließ den Blick zwischen Duras Gesicht und Mixxax’ Hut hin- und herschweifen; der offene Mund wirkte wie ein drittes Auge. »Hör auf, ihn so anzustarren, Farr«, sagte Dura, wobei sie versuchte, ernst zu bleiben.
    Philas hielt Addas malträtierten Kopf. Er schaute sie mit blinden Augen an. »Schieß in den Wind, Parz-Mann«, sagte er mit einer Stimme, die einem gurgelnden Krächzen glich.
    Mixxax ignorierte den alten Mann und beugte sich über ihn. Dura hatte schier den Eindruck, Addas Wunden durch die Augen des Fremden zu sehen – den gebrochenen Arm, die zerquetschten

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