Xeelee 4: Flux
Konsequenzen gehabt.
Hosch war ein kleiner, drahtiger Mann mit schmalen Lippen und Augen, die aussahen, als seien sie ihm ins Gesicht gebohrt worden. Seine Kleider waren schmutzig, und er roch nach Verwesung. Er war so schmächtig, daß Farr angesichts der erstaunlichen Kraft, die er hier am Pol erlangt hatte, sicher war, daß er – oder Dura – imstande waren, den Aufseher in zwei Hälften zu zerbrechen… Schließlich schien Hoschs Zorn zu verfliegen, und er schwamm zu einer anderen Station des Fließbands. Die Arbeiter – Männer und Frauen –, die sich versammelt hatten, um sich daran zu ergötzen, wie Farr heruntergeputzt wurde, trollten sich und begaben sich im Bewußtsein, noch einmal davongekommen zu sein, wieder an die Arbeit.
Die Luft siedete in Farrs Kapillaren und Muskeln. ›Oberströmler.‹ Er hat mich schon wieder ›Oberströmler‹ genannt. Er ballte die Fäuste…
Bzyas große Hand schloß sich um Farrs Hand und drückte mit sanfter, aber unwiderstehlicher Kraft seinen Arm nach unten. »Nicht«, sagte Bzya mit einem Grollen aus den Tiefen seines mächtigen Brustkorbs. »Er ist es nicht wert.«
Farr war unschlüssig, ob sein Zorn sich nun gegen den Aufseher oder den großen Fischer richten sollte, der sich ihm in den Weg stellte. »Er hat mich…«
»Ich weiß, wie er dich genannt hat«, sagte Bzya gleichmütig. »Jeder hat es gehört… schließlich war das in Hoschs Sinne. Hör zu. Er legt es doch darauf an, daß du so reagierst und ihn angreifst. Einen größeren Gefallen könntest du ihm kaum tun.«
»Ob er immer noch so denkt, wenn ich ihm eins auf die Rübe gebe?«
Bzya warf den Kopf zurück und lachte schallend. »Und sobald du das getan hättest, würden die Wachen sich auf dich stürzen. Du würdest verprügelt und wieder an die Arbeit geschickt werden – zu Hosch, einem Aufseher, der dich dann wirklich hassen würde und keine Gelegenheit versäumen würde, es dir auch zu zeigen – ganz abgesehen von den fünf oder zehn Jahren, um die dein Aufenthalt sich verlängert.«
Farr, in dem es noch immer brodelte, schaute in Bzyas breites, zerschlagenes Gesicht. »Aber die Schicht hat doch gerade erst begonnen… im Moment wäre ich schon froh, die hinter mich zu bringen.«
»Gut.« Bzya zerzauste Farrs Haar-Röhren. »Das ist die richtige Einstellung… Schließlich mußt du die zehn Jahre nicht auf einmal abreißen; eine Schicht nach der anderen.«
Bzya war ein großer Mann, dessen Bizeps den Umfang von Luft-Ferkeln hatte. Er war so groß und gutmütig, wie der Aufseher klein und verschlagen war. Die Hälfte von Bzyas Gesicht wurde durch eine Maske aus Narben-Gewebe entstellt; anstatt eines Auges erstreckte sich eine gespenstische Höhle bis tief in den Schädel hinein. Farr kannte ihn als einen einfachen Mann, der in den Slums der Unterstadt lebte und den Lebensunterhalt damit verdiente, seine gewaltige Körperkraft in den Dienst von Parz City zu stellen und eine monotone, schwere und gefährliche Arbeit zu verrichten, der die Stadt ihre Existenz überhaupt erst verdankte. Er hatte eine Frau, Jool, und eine Tochter, Shar. Trotz eines Lebens voller Mühsal hatte er sich ein freundliches und geduldiges Wesen bewahrt.
»Du solltest Nachsicht mit dem alten Hosch haben«, sagte er nun zu Farr und blinzelte ihm mit dem unversehrten Auge zu.
Farr schnappte nach Luft und mußte ein Lachen unterdrücken. »Ich soll Nachsicht mit ihm üben? Wo der alte Xeelee-Ficker mich auf dem Kieker hat?«
Bzya hob einen Baumstamm vom Band, der länger war als Farr. Mit einem einzigen Axthieb spaltete er das Holz und legte den glühenden Kern frei. »Sieh es mal von seinem Standpunkt aus. Schließlich ist er der Aufseher dieser Sektion.«
»Und macht mit uns seinen Reibach, der Bastard«, sagte Farr schnaubend.
»Du lernst wirklich schnell«, sagte Bzya lächelnd. »Gut möglich. Aber er trägt auch die Verantwortung. Wußtest du schon, daß wir in der letzten Schicht wieder eine Glocke verloren haben? Drei Fischer tot. Dafür ist Hosch auch verantwortlich.«
Anscheinend wurde der Hafen ständig von Katastrophen heimgesucht, sagte Farr sich. Dennoch war er nicht bereit, Bzyas Toleranz aufzubringen und zählte Hoschs Fehler auf.
»Das trifft alles zu, und dann gibt es noch ein paar andere Dinge; aber um das zu verstehen, bist du noch zu jung. Vielleicht ist er der Verantwortung nicht gewachsen, die er trägt.
Aber – ich sage es noch einmal –, ob er damit überfordert ist oder nicht, er ist
Weitere Kostenlose Bücher