Xperten 1.2 - Der Mindcaller
Jeannie nicht sehen, denn diese sind weiter zurück, noch auf der anderen Seite des Kamms. Es kommt ihr vor als wäre sie ganz allein in dieser verschneiten, stillen Welt. Ihre Finger berühren das Kapakapa. Da ‚sieht‘ sie plötzlich:
Kevin, der mit größter Sorgfalt das Seil befestigt, so dass sie unter allen Umständen sicher ist .
Dieses Bild zeigt ihr, wie sehr Kevin sie liebt, und sie muss schlucken, während ihre Augen feucht werden.
Oberhalb der Schneegrenze gilt es den Umgang mit Schnee und Eis noch einmal zu üben. Auf den unteren Hängen lernen sie, wie man beim Rutschen abbremsen kann, und wie man ohne stehen zu bleiben die anderen sichern kann. Die Rufe »Halten!« werden von den Bergwänden als Echo zurückgeworfen. Obwohl Aroha Handschuhe trägt, spürt sie mehr als einmal eine kleine Verbrennung, die das durch die Finger gleitende Seil hinterlässt.
Aber die Übungen machen sich schnell bezahlt. Etwas später am Tag, als sie einen steilen Hang heruntersteigen, schreit Jeannie plötzlich ein lautes »Halt!«. Mit den vorher trainierten Reflexen lassen sie sich alle auf ihre Eispickel fallen, die sich in den Schnee eingraben, und die so die Seilschaft und Jeannie halten. Jeannie ist dadurch nur einige Meter tief in eine Gletscherspalte gestürzt, hat sich aber nicht verletzt.
Im Laufe des Tages wird der Schnee so weich, dass die Steigeisen kaum mehr halten und sie immer tiefer in den Schnee einsinken. Mike führt die Gruppe langsam und mit großer Vorsicht. Obwohl er es nicht erwähnt, um die Freunde nicht zu verunsichern, sind ihm die Verhältnisse nicht geheuer. Hier könnte man jederzeit eine Lawine abtreten.
[28] Jänner ist natürlich Hochsommer in Neuseeland.
[29] Queenstown ist das Sport- und Touristenzentrum der Südinsel, aber auch Ausgangspunkt herrlicher Touren. Seite 86
Durch den weichen Schnee wird es eine harte Arbeit ihr »Basislager« zu erreichen.
Während die Mädchen für alle das wohlverdiente warme Abendessen kochen, tauschen Kevin und Mike ihre Erfahrungen aus.
»Die Situation ist ungewöhnlich«, beginnt Kevin, »es geht mir wie schon ein paar Mal bei unseren Touren. Alles schaut steiler aus als es sein sollte. Es ist so, als würden mich meine Augen und Schätzungen immer wieder im Stich lassen.«
»Ja, so ist es«, bestätigt Mike, »während wir die verschiedenen Sicherungsarten übten, habe ich immer wieder versucht, den Neigungswinkel der Hänge abzuschätzen. Und jedes Mal, wenn ich die Schätzung mit der nur mäßigen Geschwindigkeit verglich, mit der wir dann abrutschten, wusste ich, dass ich mich wieder geirrt hatte.«
»Egal wie es ist«, meint Jeannie, »ich für meine Person bin froh, dass es sowohl beim Aufstieg wie beim Abstieg immer schwieriger aussieht als es dann ist.« Aroha stimmt zu.
Bei Tagesanbruch beginnen sie wieder mit der Besteigung. Sie kommen sehr schnell bis zum Fuß des Eisfalls. Die Steigeisen finden in den Spuren des Vortags ausgezeichneten Halt und die Tatsache, dass sie am Vortag einigen Aufwand investiert hatten, erweist sich nun als sinnvoll.
Jetzt muss der Eisfall bewältigt werden. Ein Stück geht es gut, indem sie Stufe um Stufe in das harte Eis hauen. Dann müssen sie eine Schneebrücke über einen tiefen Abgrund überqueren. Obwohl hier jeweils die anderen drei sichern, sind alle froh, am anderen Ende angelangt zu sein. Sie denken nicht gerne daran, dass sie hier irgendwann auch wieder zurück müssen! Der Rest des Eisfalls ist steil und mühsam, bietet aber keine neuen Überraschungen. Gegen Mittag haben sie das obere Ende erreicht.
Am Nachmittag suchen sie sehr sorgfältig nach einem geeigneten Hang mit hohen Schneewechten. Es ist fast Abend, bis sie mit einem Platz zufrieden sind und mit dem Bau der Schneehöhle beginnen können.
Dies soll ihr »Hauptlager« werden, und sie müssen daher großzügig vorgehen. Zunächst graben sie zwei Stollen, die sich treffen sollen, in den harten Schnee, ungefähr drei Meter lang und groß genug, dass sie bequem durchkriechen können. Am Ende dieser Stollen arbeiten sie paarweise. Einer schaufelt und einer bringt den losen Schnee nach außen. Dort, wo sich die Tunnel treffen, wird so ein runder Raum, der dann auch systematisch nach oben erweitert wird, bis sie aufrecht stehen können. Nun legen sie die Schlafnische an. Der unterste Rand der Nische liegt gerade über dem höchsten Teil der Tunnel, damit die Wärme oben gefangen wird. Die Decke wird sorgfältig so abgeschrägt,
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