Yakuza Flowers
dieser durchaus seine Annehmlichkeiten, zeigte ihm aber auch, dass er kein normales Leben führte. Jiros Apartment lag im 27. Stockwerk des Hochhauses und bot einen phänomenalen Ausblick über die Stadt. Nachts funkelten die Lichter der Häuser, wie Augen eines lebendigen Wesens. Das war kein Vergleich zu London.
Gabriel gab sich nach seinem Training aber nicht dem Ausblick hin. Er ging duschen, um sich nach der körperlichen Anstrengung zu erfrischen. Später würde er es sich auf der Couch bequem machen und seinen Pulsschlag zur Ruhe kommen lassen.
An diesem Abend war Jiro nicht da, und Gabriel fand das gar nicht schlecht. Ab und an brauchte er auch einsame Momente für sich. Er hatte sein altes Leben hinter sich gelassen, um Jiro folgen zu können. Nein, er bereute es nicht, aber nachdem die erste rosarote Verliebtheit verschwunden war, sah er die Komplikationen. Und diese ließen sich nicht mit einer Dusche abwaschen.
Anders als erwartet blieb es ihm verwehrt, frei und alleine durch Tokyo zu streifen, was seine Ausflüge etwas einschränkte. In diesem Punkt ließ Jiro nicht mit sich reden und Gabriel hatte Hemmungen mit Leibwächtern durch Einkaufsmeilen zu spazieren. Mit dem Blick auf Jiros Position konnte Gabriel das nachvollziehen. Bei anderen Dingen fiel ihm das jedoch schwerer. Jiros Drogenkonsum war ein solches Problem gewesen. Gabriel hatte klipp und klar gesagt, dass er unmöglich bei ihm bleiben konnte, wenn er dabei in glasige Augen sehen musste. Sie hatten lange Diskussionen darüber geführt, die oft hitzig wurden, bis Jiro endlich versprach, die Finger davon zu lassen.
Nachdem er sich den Schweiß vom Körper gewaschen hatte, ging er zurück ins Wohnzimmer. Er rubbelte sich mit einer Hand das Haar trocken und trug in der anderen die Bodylotion, mit welcher er sich einkremen wollte. Er hatte die Couch noch nicht ganz erreicht, als er ein Räuspern hörte. Augenblicklich drehte er sich um und sah Hikaru auf einem der weißen Sessel sitzen. Er trug einen maßgeschneiderten dunkelblauen Anzug, dessen weiße Streifen so fein waren, dass sie fast verschwanden. Dazu ein teures Markenhemd und Lederschuhe, die noch nicht viel Straßendreck gesehen hatten. Er lächelte leicht und machte eine kleine, nachlässige Geste, die eine Entschuldigung darstellen sollte, weil er Gabriel überrascht hatte. Hikaru arbeitete für den gleichen Clan wie Jiro und hatte es beinahe bis auf Augenhöhe mit diesem gebracht. Er hatte einen unangenehmen Charakter, den nicht einmal sein durchaus anziehendes Aussehen verbergen konnte. Er war nur ein paar Jahre jünger als Jiro, braun gebrannt und hatte sein dunkelblond gefärbtes Haar auffallend fransig geschnitten. Gabriel war ihm nur wenige Male in Jiros Anwesenheit begegnet und hatte mit ihm nicht warm werden können. Die unterschwellige Rivalität der beiden Männer war einfach zu deutlich zu spüren gewesen. Dazu kam noch, dass Jiros Laune nach Gesprächen mit Hikaru oft nicht mehr die beste war.
Jiros und Hikarus Begegnungen verliefen fast immer in einer angespannten Atmosphäre. Gabriel war dankbar dafür, dass er nur selten mit diesem Mann zusammentraf. Er war ihm nicht sonderlich sympathisch. Ein weiterer Punkt, warum Gabriel Hikaru nicht gerade mochte, war, dass man ihn sowohl an der Kleidung, als auch an seinem Verhalten, immer als Yakuza identifizieren konnte. Sein maßgeschneiderter Anzug, sein Auftreten und die leicht überhebliche Art verrieten ihn augenblicklich. Außerdem pflegte er, Gabriels Meinung nach, seine Auftritte protzig zu inszenieren.
Gabriel hatte einem von Jiros Leibwächtern entlockt, dass die beiden so etwas wie Feinde waren. Dennoch war ihm klar, dass er höflich zu ihm sein musste. Nicht weil er Angst vor ihm hatte, als viel mehr wegen Jiro. Ihm wollte er nun wirklich keine Schwierigkeiten machen, nur weil er Hikaru nicht schätzte.
Umso mehr überraschte ihn dieser unangekündigte Besuch, der nichts Gutes bedeuten konnte. Gabriel bemühte sich, einigermaßen beherrscht und souverän zu wirken. Hikaru ließ einen höchst interessierten Blick über Gabriels Körper wandern, der lediglich durch ein Handtuch bedeckt wurde, das Gabriel sich um die Hüfte geschlungen hatte.
„Ich hätte mich ja schon bei meiner Ankunft angekündigt, aber ich wollte dich nicht im Bad überraschen.“
Gabriel ließ sich von dem Blick nicht einschüchtern. Ihn hatten schon viele Männer nackt gesehen, allerdings musste er zugeben, dass ihm das bei keinem so
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