Yakuza Flowers
Kira und Vincent zu Jiro aufgebaut hatte. Jiro hatte nur einen gehaltlosen Kommentar zu der ganzen Situation abgegeben und sich zu Kira selbst überhaupt nicht geäußert. Lediglich für Vincent hatte er ein paar Worte gefunden.
Am nächsten Tag war Gabriel schon früh aufgestanden und hatte sein Training absolviert. Beim Mittagessen teilte er Jiro mit, dass er danach zu Vincent fahren wollte.
„Es wäre schön, wenn du mitkommen könntest. Mir liegt daran, dass ihr beiden euch besser kennenlernt.“ Über sein Wasserglas hinweg betrachtete er Jiro und fragte sich, was los war. Sie hatten seit seiner Rückkehr am gestrigen Abend kaum ein Dutzend Worte miteinander gewechselt. In Gabriels Augen sah das alles danach aus, als hätte Jiro das Treffen am Tag zuvor nicht gefallen. Das irritierte Gabriel ungemein, der sich gar nicht erst ausmalen wollte, wie es werden sollte, wenn die beiden sich tatsächlich nicht mochten. Für ihn war das nahezu unvorstellbar. Sowohl Jiro als auch Vincent nahmen einen wichtigen Teil in seinem Leben ein. Die Vorstellung, dass er einen von ihnen, zugunsten des anderen aus seinem Leben befördern sollte, gefiel ihm ganz und gar nicht.
Umso überraschter war er, dass Jiro auf seinen Vorschlag hin nickte. Wenn auch ohne den Blick von seinem Essen zu heben. Dieses offen zur Schau gestellte Desinteresse ging Gabriel langsam auf die Nerven.
„Wie findest du Kira eigentlich? Du hast gar nichts zu ihm gesagt.“ Gabriel war niemand, der einfach locker lassen konnte. Immerhin hatte sich Jiro zu ihm gar geäußert.
„Er scheint mir in Ordnung zu sein. Wie jeder beliebige Kabukischauspieler eben.“ Die Antwort war so Jiro-untypisch, dass Gabriel sein Wasserglas wegstellte und Jiro ernst anblickte.
„Hört sich an, als wenn du viele Schauspieler kennen würdest.“ Es sollte eigentlich ein Scherz sein, aber es kam ernster rüber, als Gabriel es beabsichtigte. Er konnte die leichte Bissigkeit aus seiner Stimme nicht heraushalten. Gabriel wusste, dass da was im Busch war. Das Gefühl umschlich ihn, seit dem Tag als Hikaru ins Apartment gekommen war, und war nicht mehr abzuschütteln. Wieder einmal wurde ihm vor Augen geführt, wie wenig er über Jiro wusste. Nicht nur über seine aktuellen Aktivitäten, sondern auch über seine Vergangenheit, über welche er sich stets ausschwieg. Wenn er nichts erzählen wollte, dann verschloss er sich wie eine Auster und alle Mühen, die Gabriel aufbrachte, waren umsonst.
Von Jiro kam ein leises, amüsiertes Lachen. „Das hört sich ja an, als wärst du eifersüchtig“, sagte er leicht dahin, bevor sein Blick weich und warum wurde. „Du bist für mich der Einzige.“
Gabriel zweifelte nicht an den Worten, aber sie beruhigten ihn dennoch nicht ganz. Was war nur zwischen den beiden Männern? Er konnte es sich einfach nicht erklären. Sie verhielten sich nicht wie zwei Fremde, oder Leute, die sich auf Anhieb nicht mochten. Viel mehr war da eine vertraute Spannung zwischen ihnen, die nicht einmal das sture Schweigen beim gestrigen Besuch hatte übertünchen können.
Selbst beim Mittagessen hatten sie sich einander so selbstverständlich gegenüber hingesetzt, als wenn es schon immer Tradition gewesen wäre.
„War er vielleicht mal dein Liebhaber?“ Die Frage entschlüpfte Gabriel, ohne dass er sie hätte aufhalten können, und als er registrierte, was er da gesagt hatte, war es schon zu spät. Jiro sah ihn sehr ernst an.
„Nein, er war nicht mein Liebhaber“, antwortete er schlicht. Gabriel konnte regelrecht spüren, wie zwischen ihnen eine Mauer aus Unbehagen wuc hs. „Wir sollten gehen. Es wäre unhöflich zu spät zu kommen.“ Jiro stand auf und griff nach seinem Jackett.
Gabriel blieb nichts anderes übrig, als sich ebenfalls zu erheben und ihm schweigsam zu folgen. Das ungute Gefühl blieb und Gabriel befürchtete, dass es in den nächsten Tagen eher größer als kleiner werden würde.
Sie waren noch keine fünf Minuten da, als Kira und Jiro sich absetzten. Vincent und Gabriel schlenderten durch den Garten und tauschten die letzten Reste an Neuigkeiten aus. Gabriel sagte so wenig, dass Vincent irgendwann ebenfalls schwieg. Allerdings nicht für den Rest des Spaziergangs.
„Ist etwas passiert? Du bist heute so still.“ Wie immer war Vincent ziemlich direkt. Er stellte sich Gabriel in den Weg, sodass dieser stehen bleiben musste. Zu jeder anderen Gelegenheit wäre er jetzt mit der Wahrheit rausgerückt, aber dieses Mal fiel es im
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