Yakuza Flowers
auf die Füße zu treten, was das Zusammenleben sehr anstrengend machte. Vincent beäugte Gabriel misstrauisch, als würde er sich ständig fragen, was er wohl dachte. Wäre die Situation weniger bizarr gewesen, hätte er Vincent beruhigt und alles wäre gut gewesen. Nur lag das Problem anders. Gabr iel hatte keine Ahnung davon, wie es ihm eigentlich ging. Auf der einen Seite war er sehr glücklich darüber, dass Jiro lebte und bei ihm war. Aber auf der anderen Seite war da auch Zorn in ihm, der sich einfach nicht beruhigen wollte. Ebenso wie Angst, die aus der Frage keimte, ob Takanawa sein Wort halten und Jiro in Ruhe lassen würde. Immer wieder redete er sich ein, dass er zu viele Gangsterfilme gesehen hatte, doch hatte Takanawa auch nicht gezögert, Hikaru aus dem Weg räumen zu lassen. Hikaru war noch immer ein sehr unangenehmer Gedanke in Gabriels Kopf und ebenso die Tatsache, was mit ihm geschehen war. Fast täglich befürchtete Gabriel beim Durchblättern der Tageszeitungen eine Anzeige zu finden, in der von einem Leichenfund in Fischernetzen berichtet wurde.
Ein anderer Punkt, der an Gabriel nagte, war seine Beziehung zu Jiro selbst. Oh, sie gingen sehr höflich miteinander um, aber sie schliefen nicht miteinander. Sie teilten sich Jiros altes Zimmer und gingen jeden Abend wie ein altes Ehepaar zu Bett, jeder auf seiner Seite und das war’s dann. In der ersten Nacht war das noch sehr verständlich gewesen, aber nach einer Woche begann sich Gabriel zu fragen, ob es ab nun immer so mit ihnen gehen sollte! Das wollte er nicht! Es sollte so sein, wie es mal zwischen ihnen gewesen war. Gut, ohne die unschönen Geschichten. Wenn sie nicht anfingen, sich wieder näherzukommen, eine neue Bindung aufzubauen, würde alles den Bach runtergehen, wofür Jiro sein Leben riskiert hatte.
Wahrscheinlich wäre es noch wochenlang so weiter gegangen, wenn es an einem schönen Mittwochvormittag nicht an der Tür nicht geklingelt hätte. Da die Haushälterin einkaufen gegangen war, hatte sich Gabriel bequemt die Tür zu öffnen und wäre fast hintenüber gefallen. Vor der Tür hatten Männer in Anzügen gestanden und eine riesige Kiste bei sich gehabt. Dass es sich dabei um Takanawas Männer handelte, sah Gabriel gleich. Aber was ihn noch mehr beunruhigt hatte, war die Kiste, die sie angeschleppt hatten.
Zu seiner Erleichterung stellte sich bald heraus, dass ein lebender Koi in der Kiste war. Er war ein Geschenk an Jiro und Gabriel. Besonders Gabriel war von der Gabe leicht irritiert. Erst als der Fisch im Teich schwamm und die Männer wieder verschwunden waren, sah sich Gabriel den Fisch etwas genauer an. Er stand mit Vincent und Jiro am Teich und beobachtete den rot-weiß gefleckten Koi, der sein neues Heim erkundete.
„Er hat euch einen Fisch geschenkt“, sagte Vincent in einem Ton, der nicht nur Unverständnis verkündete, sondern auch Verwirrung. Dann kam eine ganze Weile gar nichts, bis er schließlich doch die Frage stellte, die nicht nur ihm auf der Seele brannte, sondern auch Gabriel. „Warum zur Hölle ein Fisch?“
„Vielleicht weil er dachte, dass sie mir gefallen haben.“ Gabriel konnte nur mutmaßen. Er fühlte, wie Jiro einen Arm um seine Taille schlang, und lehnte den Kopf an seine Schulter. In seinem Körper machte sich ein vertrautes Gefühl breit.
„Koi-Karpfen bringen Glück“, sagte Jiro schließlich. „Wahrscheinlich war er der Meinung, dass es ein gutes Geschenk für einen neuen Lebensabschnitt wäre.“ Das klang logisch und dennoch hatte Gabriel einige Probleme sich mit der Antwort zufrieden zu zeigen. Er konnte sich nur schwer vorstellen, dass Takanawa Geschenke machte, für die er keine Gegenleistung erwartete.
„Findest du nicht, dass es ein etwas zu teures Geschenk ist?“ Immerhin waren diese Karpfen nicht gerade Schnäppchen, wie Gabriel erfahren hatte. Vincent runzelte die Stirn, also nannte er eine Summe.
„Ich denke kaum, dass Takanawa-san sich mit einem Tier unter 10.000 Pfund zufriedengeben würde.“
Vincent klappte den Mund auf und zu, ohne dass ein Laut herauskam. Gabriel musste schmunzeln und Jiro sogar lachen.
„Es ist wirklich eine Verschwendung so viel Geld für einen Fisch auszugeben“, meinte Vincent, nachdem er sich etwas gefangen hatte, und damit ließen sie es bewenden. Sie hofften wohl alle, dass der Fisch ihnen Glück bringen würde.
Später, als auch Kira wieder da war, saßen sie auf der Veranda und blickten zu dem Teich, in dem die Kostbarkeit
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