Yakuza-Rache
gibt keine Spuren, verdammt. Sie haben sich aufgelöst.«
Ich schaute bei meinen Worten in ihr Gesicht, weil ich dort die Antwort lesen wollte.
Die Japanerin senkte den Kopf, bevor sie nickte. »Ich habe es mir gedacht«, hauchte sie. »Ich habe genau gewußt, daß wir zu spät kommen. Wenn sie die Regie übernehmen, sind wir Menschen immer im Nachteil.«
Wütend schlug ich mit der flachen Hand auf das Roverdach. »Verflixt noch mal, die müssen irgendwo geblieben sein. Sie können sich nicht in Luft aufgelöst haben. Ich sah, wie Suko in den Kreis hineinlief und dann mit den Zombies verschwand.«
»Na und?«
»Was heißt hier na und? Wo ist die Erklärung? Wo stecken mein Freund und die Samurai?«
»In der Jigoku!«
»Wo bitte? In der Hölle?«
»Ja, das ist möglich! Das ist alles möglich. Aber es gibt auch eine andere Möglichkeit.«
»Okay — welche?«
»In der Festung. In der düsteren, in der blauen Festung, die einem mächtigen Dämon gehört…«
»Shimada!« schrie ich lauter, als ich es eigentlich wollte, und fühlte mich gleichzeitig in eine Schauer gehüllt.
»Du kennst ihn?«
»O verdammt, und ob ich ihn kenne. Ich kenne auch seine Festung, mit der er durch die Zeiten reist und die sich von einem Augenblick zum anderen verändern kann.«
»Ja — das stimmt!« Sie blinzelte. »Woher wissen Sie…?«
»Bleib beim Du.«
»Woher weißt du das?«
Ich winkte ab. »Um dir das zu erzählen, reicht die Zeit nicht aus. Kümmern wir uns lieber um das, was hier geschehen ist.«
»Es gab Tote.«
»Hast du…?«
»Schau dahin, wo der heile Scheinwerferstreifen ausläuft. Dort zeichnet sich eine Gestalt ab.« Sie hatte recht.
Ich lief mit langen Schritte hin, blieb neben dem Mann stehen und ging in die Knie. Gesehen hatte ich ihn noch nie zuvor. Es war ein Japaner, der einen dunklen Anzug trug. Der Stoff auf der Brust zeigte frische Blutflecken.
Zweimal war er von den Stichwaffen getroffen worden. Das erkannte ich anhand der Wunden. »Was sagst du, John?«
»Ist er das?« Ich schaute hoch zu Sariana, die neben mir stehengeblieben war.
»Das ist er. Jack Osiku.«
»Okay, ihm ist nicht mehr zu helfen. Wir haben versagt. Sowohl Suko als auch ich.«
»Nein, so darfst du das nicht sehen.« Sie zerrte an meinem Arm.
»Komm mit, bitte.«
»Wohin denn?«
»Es gab noch einen Fahrer.«
Ihn fanden wir nicht einmal dreißig Sekunden später. Auch ihn hatte die Samurai-Klinge erwischt. Zwischen Kinn und Brust, genau an der Kehle. Sariana gab den Kommentar. »Sie kennen kein Pardon. Sie sind so brutal wie schon vor Jahrhunderten. Ich sage dir, John, man kann sie kaum stoppen.«
»Ja«, stöhnte ich, »das Gefühl habe ich auch. Und einer, der möglicherweise Bescheid weiß, ist verschwunden.« Ich schüttelte den Kopf. Jetzt wünschte ich mir den verdammten Kreis zurück. Ich wäre gern in ihn hineingelaufen, um in Shimadas Festung aufzuräumen, aber das blieb ein Wunsch.
Statt dessen überfiel mich ein anderer Gedanke. Ich legte meine Hand auf Sarianas Schulter. »Jetzt kommen wir mal zu dir, Mädchen. Wer bist du?«
»Ich lebe hier in London.«
»Das glaube ich dir gern. Als was?«
»Ich arbeite in einer Bar. Dort bin ich nicht nur die Geschäftsführerin, ich tanze auch. Es ist eine rein japanische Bar. Sie erstreckt sich über zwei Stockwerke. Du kannst dir ein Mädchen aussuchen, aber auch dem Programm auf der Bühne zuschauen.«
»Tatsächlich in London?«
»Ja.«
»Und der Name?«
»Nippon.«
Ich runzelte die Stirn. »Sorry, davon habe ich bisher nichts gehört.«
»Das kann ich mir denken. Sie ist auch nur Eingeweihten bekannt, wenn du verstehst. Europäer finden sich kaum unter den Gästen. Es sei denn, einer der Stammgäste bringt einen Freund oder Geschäftsmann mit. Irgendwo müssen sich meine Landsleute ja vergnügen.«
Ich nickte. »Da hast du recht, Mädchen. Mich würde aber trotzdem interessieren, ob die Bar unter einer bestimmten Kontrolle steht. Ich denke an die Yakuza.«
Sariana wollte nicht so recht mit der Sprache heraus. Zunächst lächelte sie.
»Sag es!«
»Vielleicht.«
»Also ja.«
»Möglich.«
Ich schaute ihr direkt ins Gesicht. »Ich glaube dir vieles, aber nicht alles. Du magst zwar eine Tänzerin sein, aber ich rechne damit, daß du noch einen anderen Job hast. Sind denn alle kleinen Tänzerinnen so mutig wie du?«
Die Frage hatte sie in Verlegenheit gebracht, ich hörte es aus ihrer Antwort.
»Das… das weiß ich nicht…«
»Du hast noch einen
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