Yakuza-Rache
nur bewundern, John. Oder ist es mehr eine Selbstüberschätzung?«
»Keine Ahnung. Jedenfalls will ich gewinnen.«
»Das will ich auch«, sagte Tanner, der meine letzten Worte mitbekommen hatte. Er setzte sich auf die Kühlerhaube des Rover und nickte uns zu. »Eine Erklärung hätte ich schon gern.«
»Okay.« Ich schlug ihm auf die Schulter und redete direkt in das aufnahmebereite Band, das Tanner in seiner Hand hielt. Zwischenfragen stellte er nach dem mündlichen Protokoll.
»Untote also?«
»Davon gehe ich aus.«
»Demnach ist es dein Job.«
»Sicher. Du mußt die Leichen nur…«
Er winkte ab. »Das bin ich gewohnt, John. Wir sind sozusagen die Müllhalde der beiden Geisterjäger. Und welch eine Rolle spielen Sie, Miß Sariana?«
»Sie gab mir einen Hinweis.«
»Hängen Sie mit drin?«
»Ich arbeite als Tänzerin in der Nippon Bar!«
Tanner schob seinen Filz zurück, eine für ihn typische Geste. »Wo ist die denn?«
»An der Grenze zu Soho. Ein Etablissement nur für Japaner, Mr. Tanner.«
»Etablissement ist gut.«
»Moment, wir stehen nicht auf der Liste. Dort findet japanisches Theater statt, da können sich unsere Landsleute entspannen.«
»Auch das noch.«
Tanner hatte heute seine sarkastische Nacht. Bei seinem Job kein Wunder. Er fragte mich: »Können wir noch was für dich tun, John. Daß Suko verschwunden ist, tut mir leid. Du weißt, daß ich alle Hebel in Bewegung setzen werde, um ihn zu finden.«
»Das ist mir klar. Aber es wird nichts nutzen. Wenn Suko in den Klauen des Dämons Shimada steckt, kann ich höchstens etwas versuchen! Die Betonung liegt dabei auf dem letzten Wort.«
»Das heißt, du bist dir nicht sicher.«
»Richtig.«
Als ich auf die Uhr schaute, beschwerte sich Tanner. »Ja, fahr schon in deine Bude und lege dich lang. Ich schicke dir einen Bericht zu. Und Sie werden ja auch in London bleiben — oder?«
Sariana nickte. »Das ist selbstverständlich.«
Ich verabschiedete mich von Tanner. Gemeinsam gingen die Japanerin und ich zum Wagen, stiegen ein, und Sariana schüttelte den Kopf, bevor ich noch einen Vorschlag hatte machen können. »Ich weiß, daß du zur Bar willst, aber es lohnt sich nicht.«
»Weshalb nicht?«
»Zu spät oder zu früh. Es ist bereits geschlossen, daran kann ich nichts ändern.«
»Das ist schlecht.«
»Wir öffnen am Abend.«
»Was? Ich soll fast einen ganzen Tag warten?«
»Das mußt du wohl oder übel.«
Ich schlug gegen den Lenkradring. »Es muß doch noch andere Spuren geben, denen wir nachgehen können.«
»Nicht hier in London. Die Drahtzieher sitzen in Japan, John, an die kommst du nicht heran.«
Da hatte sie ein wahres Wort gelassen ausgesprochen. An die Bosse kam ich auch nicht heran, und ich ärgerte mich darüber. »Wo soll ich dich hinbringen?«
»Ich wohne südlich von Paddington. Du kannst mich zu meinem Wagen fahren. Er steht hier in der Nähe.«
Es war ein kleiner Toyota. Mit gutem Gewissen ließ ich sie nicht laufen. Zum Abschied reichte sie mir die Hand. »Man wird dich morgen einlassen, John, dafür sorge ich. Ansonsten ist man Europäern gegenüber stets etwas skeptisch.«
»Danke.«
Sie schlug die Tür laut zu und startete. Ich schaute ihr nach. Einerseits müde, andererseits wie unter Strom stehend. In meinem Innern trafen sich mehrere Gefühle.
Wie es weitergehen würde, wußte ich nicht. Schlimm war nur Sukos Entführung. Dann passierte es.
Der Wagen hatte in einer schmalen Straße gestanden. Um diese Zeit war sie menschenleer. Zugleich düster, denn nur einige Laternen gaben ihren Schein ab.
Ich sah das rote Licht, einen Ring, und ich sah die beiden tödlichen Samurai-Zombies.
Aber ich sah noch mehr!
Zwischen und genau über ihnen zeichnete sich ein kaltes, blaues, grausames Augenpaar ab, Augen, die dem Dämon gehörten, der im Hintergrund die Fäden zog.
Shimada!
***
Suko sah ich nicht. In diesem verdammten Kreis zeichneten sich nur die Augen und die beiden Zombies ab, die zwar ihre Schwerter gezückt hatten, den Kreis aber nicht verließen.
Das Gefühl des kalten Grauens überspülte mich und drang wie ein Gift ein in mein Bewußtsein. Es umfaßte meinen Magen, stieg hoch bis zur Kehle und klammerte sich in meinem Gehirn fest, um mir zu sagen, wie chancenlos ich war.
Tatsächlich ohne?
Die Entfernung zwischen mir und dem Kreis betrug höchstens zehn Schritte. Gut genug für einen Pistolenschuß. Nicht einmal schnell holte ich die Beretta hervor, ich zog sie langsam aus dem Halfter,
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