Yeager
davon! Ich brauche ein paar Antworten!«
Er ließ die Hand sinken, drehte sich plötzlich um und riß sie an sich. Bet hätte es verhindern können, aber ihre Geistesgegenwart hatte sie verlassen. Sie hatte Angst – Gott, Körper an Körper mit ihm zu kommen, war so schrecklich dumm! Er konnte alles Mögliche tun, er konnte ihr den Hals brechen, sie mußte dafür sorgen,“ daß er zurücktrat, und alles langsam und vernünftig mit ihm besprechen. Nur hatte sie im Augenblick große Mühe, zwei Gedanken in eine Reihe zu kriegen, bei allem, was mit ihm zu tun hatte, war sie nicht auf Kurs.
»Weg aus dem verdammten Eingang«, keuchte sie, als sie den Mund freibekam und Luft geholt hatte. »Verdammt noch mal, NG!«
Es war nicht ihre Absicht gewesen, ihn so zu nennen. Anscheinend bemerkte er es gar nicht. »Komm!« sagte er und zog sie mit sich in die Dunkelheit, in eine Lücke zwischen der Wand und den Behältern, wo das Gleis, auf dem sie befördert wurden, um die Ecke bog.
Dort in der Finsternis lagen ein altes Kissen und zwei Dekken, und es war zwischen dem Gleis und der Außenwand gerade genug Platz für einen menschlichen Körper oder für zwei, wenn sie es so arrangierten, daß der eine auf dem anderen lag.
Es war kalt, o Gott, war es kalt, aber seine Hände waren es nicht, und er war es nicht, und sie tat ihr Bestes, damit er ruhig und vernünftig blieb und die Sache nicht außer Kontrolle geriet… bis die farbigen Lichter hinter ihren Augen aufflammten und sie sich eine Weile darauf konzentrieren mußte, zu atmen und kein Geräusch zu machen.
»O Gott«, flüsterte sie schließlich, streckte einen Arm in die kalte Luft und drückte NG an sich. Er stieß den Atem aus und wurde für einen Augenblick schwerer, entspannte sich, während er auf ihr lag, denn es war kein Platz, das irgendwo anders zu tun.
»Du bist in Ordnung«, sagte sie, die Hand auf seiner Seite, und wollte nicht, daß er sich bewegte. »Du bist in Ordnung, Ramey. Ich will dir was sagen, du hast zwei Freunde auf diesem Schiff. Mindestens.«
Er holte plötzlich scharf Atem, noch einmal, als sei die Luft dünn geworden – oder sein Verstand.
Das machte Bet ein bißchen Angst. Sie streichelte seine Schultern, hörte nicht auf damit, bis er wieder regelmäßig atmete. »Wie bist du eigentlich hierhergekommen?« fragte sie, um die Stille zu brechen und ihn am Denken zu halten. »Wie bist du auf dieses Schiff gekommen?«
Keine Antwort. So war NG nun einmal.
»Bist du ein freier Raumfahrer, Ramey? Ein Fremdarbeiter? – Oder bist du von einem Familien-Handelsschiff? Wie ist dein richtiger Name?«
Er schüttelte an ihrer Schulter langsam den Kopf.
»Ist Ramey ein Vorname?«
Ein weiteres Kopfschütteln, das nichts war als eine Weigerung zu antworten, dachte Bet.
»Es macht keinen Unterschied«, sagte sie. »Irgendwie bist du hier gelandet. Mir ist es gleich. Willst du wissen, was mit mir ist?«
Keine Antwort.
»Ich sage es dir trotzdem. – Also, ich bin eine Fremdarbeiterin, Pell, Thule, wo auch immer. Habe eine Menge gesehen.
Manches davon war nicht schön. Hat man dir erzählt, wo Fitch mich weggeholt hat?«
Ein paar tiefe Atemzüge. Jetzt ruhiger. »Man spricht davon.«
»Was denn?«
»Du hättest zwei Leute erstochen.«
Irgendwie war es auf grimmige Weise komisch, daß er Grund hatte, vor
ihr
Angst zu haben, und es war auch wieder nicht komisch. Vielleicht hatten sie beide Grund. Sie zauste sein Haar. »Es ist nicht meine Gewohnheit. Dir macht das keinen Kummer, nicht wahr?«
»Mir egal«, murmelte er.
Das war die Wahrheit, dachte Bet, nichts als die nackte Wahrheit.
»So bin ich auch einmal gewesen.« Sie spürte die Kälte der Docks von Thule, erinnerte sich, wie die Nächte waren, wenn man kein Geld hatte – spürte die Kälte des Decks der
Loki
durch die Decke in ihre Arschbacken dringen, dachte an die Möglichkeit, daß jemand hereinkam und sie beide meldete.
»Aber die Dinge ändern sich. Ich bin am Leben, um dir das zu erzählen.«
»Können sich nicht ändern.« Ein langes, tiefes Ausatmen wurde zum Schauern. Sein Mund streifte ihr Ohr. »Das ist nur eine Sache der Zeit.« Ein langsames Zittern befiel ihn, wurde schlimmer. Er wollte eilends aufstehen, stieß jedoch mit dem Kopf gegen den Überhang eines Pfeilers und fiel hart auf sie nieder, traf sie mit dem Ellbogen, wollte sie wegschieben, aber der enge Raum hielt sie gefangen. »Gott!« schrie er. »Gott – geh weg!«
Es war kein Platz zum Weggehen. Bet war
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