Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
abendlichen Unterricht oder um sich mit Freunden zu treffen. Ich fühlte mich fremd unter ihnen. Wie ein schattenhaftes Wesen, das am Rande stand und sich danach sehnte, eine von ihnen zu sein. Wie schön wäre es, wenn meine größte Sorge darin bestünde, eines von Bain Bloodgoods Geschichtsrätseln nicht lösen zu können.
In ihrer Box wartete Kiki bereits auf mich. Ich öffnete die Tür und ließ sie heraus. Mit dem Umhang und einem vollgestopften Rucksack war es unmöglich aufzusitzen. Kurz entschlossen nahm ich einen Schemel zu Hilfe.
Du musst üben , sagte Kiki. In der Wildnis gibt es keine Schemel.
Später , sagte ich.
Kiki schaute zurück zu Irys’ Turm, als wir uns auf den Weg zum Tor des Bergfrieds machten. Die Zauberin.
Mein schlechtes Gewissen meldete sich zurück, weil ich Irys nichts von dem Austausch erzählt hatte. Sie wird nicht gerade glücklich darüber sein.
Sogar sehr böse. Gib der Zauberin Pfefferminz.
Ich lachte. Bei Irys würde ich mehr als Pfefferminz benötigen, um den Schaden wiedergutzumachen.
Pfefferminz ist auf beiden Seiten süß , sagte Kiki.
War das der rätselhafte Ratschlag eines Pferdes? Bist du sicher, dass Mondmann nicht dein Vater ist?
Mondmann ist klug.
Ich versuchte, die wahre Bedeutung ihrer Worte zu entschlüsseln. Ehe wir das Tor des Bergfrieds erreichten, zupfte ich mir einen magischen Faden und schickte mein Bewusstsein aus. Zwei Wächter standen vor dem Eingang. Einer von ihnen langweilte sich zu Tode und sehnte das Ende seiner Schicht herbei; der andere dachte darüber nach, was er zum Nachtmahl essen könnte. Ein Zauberer döste auf seinem Stuhl. Ich versetzte den Magier in einen tiefen Schlaf, und die Gedanken der beiden Wächter machte ich mir zunutze, indem ich sie dazu brachte, auf etwas anderes zu achten als auf das Pferd und seine Reiterin, die gerade durch das Tor ritten. Während der eine Soldat den Himmel betrachtete, um den Weg des Südsterns zu verfolgen, durchsuchte der andere das Wächterhäuschen nach etwas Essbarem. Keiner von beiden bemerkte uns, und bald schon waren wir außer Sichtweite.
Leise trottete Kiki durch die Straßen der Zitadelle. Sie hatte keine Hufeisen, denn kein Hufschmied wagte sich auch nur in die Nähe eines Sandseed-Pferds. Die Abneigung der Tiere gegen Hufeisen war weithin bekannt.
Vier Wächter standen am Tor der Zitadelle. Auch sie lenkte ich ab, als wir an ihnen vorbeimussten. Kaum hatten wir das Tor hinter uns gelassen, beschleunigte Kiki das Tempo und galoppierte zur Avibian-Ebene. Erst als wir weder den Weg noch die Zitadelle mehr sehen konnten, fiel Kiki zurück in einen Trab.
Erneut erinnerte ich mich an ihre Bemerkung über Pfefferminz. Damit der Plan funktionierte, hatte jeder von uns seinen Teil der Aufgabe zu erledigen. Beide Seiten von Pfefferminz waren süß. Und dann hatte sie noch gesagt, dass Vertrauen wie Pfefferminz sei. Meinte sie vielleicht Irys statt Valek?
Die Frage ließ mir keine Ruhe. Sollte ich stolz darauf sein, weil ich Kikis Ratschlag richtig interpretierte, oder war ich eine Närrin, weil ich mir von einem Pferd sagen ließ, was ich zu tun hatte?
Irys , rief ich in Gedanken.
Yelena! Was ist los?
Ich holte tief Luft, bekämpfte meine Nervosität und erzählte ihr von meinen Plänen. Ein langes, schweres Schweigen folgte meinem Geständnis.
Du wirst sterben , sagte sie schließlich. Du bist nicht länger meine Schülerin. Ich werde mit den anderen Meister-Magiern Kontakt aufnehmen, und gemeinsam werden wir dich aufhalten, bevor du ihn triffst.
Mit dieser Antwort hatte ich gerechnet. Ihr Zorn und ihre unbarmherzigen Konsequenzen waren die Gründe, weshalb ich ihr von dem Austausch nichts erzählen wollte. Irys, du hast mir früher schon gesagt, dass ich sterben würde. Erinnerst du dich noch an unser erstes Treffen im Snake Forest von Ixia?
Sie zögerte. Ja.
Ich war in einer ausweglosen Situation. Meine magischen Kräfte waren unkontrollierbar, du hast gedroht, mich zu töten, und Valek hatte mich vergiftet. Von diesem Punkt aus schien jeder Weg direkt zu meinem Ende zu führen. Aber ich hatte dich gebeten, mir ein wenig Zeit zu lassen, und das hast du auch getan. Du kanntest mich zwar kaum, aber du hast mir genug vertraut, um mich einen Ausweg suchen zu lassen. Vielleicht kenne ich mich in den Gebräuchen von Sitia nicht so recht aus, aber ich weiß, wie ich mich in hoffnungslosen Lagen zu verhalten habe. Denk bitte darüber nach, ehe du dich mit den anderen in Verbindung
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