Yelena und der Mörder von Sitia - Snyder, M: Yelena und der Mörder von Sitia
Augen blitzten wie Wasser im Sonnenlicht, und ich fragte mich unvermittelt, warum er in diesem heißen Klima einen Bart trug. Ich stellte ihn mir ohne Bart vor. Bestimmt sähe er jünger aus, und man würde seine glatte, gebräunte Haut und seine Habichtnase besser sehen können.
Als er sich wieder nach vorn wandte, schüttelte ich den Kopf. Ich wunderte mich über mich selbst, denn ich wollte doch gar nichts mehr mit ihm zu tun haben.
„Halt dich fest“, sagte er und schnalzte mit der Zunge.
Das Pferd setzte sich in Bewegung, und ich umklammerte Cahils Hüften, während ich im Sattel durchgeschüttelt wurde. Der Erdboden schien sehr weit unten zu sein und sah sehr hart aus. Ich bemühte mich, das Gleichgewicht zu halten, während wir seine Männer einholten. Als wir an ihnen vorbeiritten, entspannte ich mich, denn ich nahm an, dass er anhalten und mich absteigen lassen würde. Stattdessen ritten wir weiter, und sein Gefolge lief hinter uns her.
Auf dem Weg durch die Zitadelle richtete ich meine Aufmerksamkeit auf das Pferd unter mir und versuchte, meinen Körper den Bewegungen des Tieres anzupassen, wie Cahil es zu tun schien. Er saß geduckt im Sattel, während meine Beine hart gegen das Leder stießen. Ich konzentrierte mich so intensiv auf die Bewegungen des Pferds, dass ich auf einmal durch die Augen des Tieres sah.
Die Straße hüllte uns ein wie eine Blase. Ich konnte sowohl weit nach vorn als auch seitwärts sowie den hinter uns liegenden Weg sehen. Das Pferd schwitzte und war müde und wunderte sich, warum zwei Menschen auf seinem Rücken saßen. Normalerweise ritt ihn nur der Pfefferminzmann, doch zu Hause führte ihn manchmal auch der Strohjunge aus, um mit ihm zu trainieren. Das Tier sehnte sich nach seinem kühlen, ruhigen Stall voller Heu und einem Eimer Wasser.
Ich teilte dem Pferd meine Gedanken mit. Bald bekommst du Wasser. Jedenfalls hoffte ich es. Wie heißt du? , fragte ich.
Topaz.
Ich staunte über unsere Kommunikation. Bisher hatte mir der Kontakt zu anderen Tieren nur einen Blick durch ihre Augen ermöglicht – und eine Ahnung von ihren Bedürfnissen. Aber unterhalten hatte ich mich mit ihnen noch nie.
Mein Rücken begann zu schmerzen. Etwas sanfter , bat ich. Sofort änderten sich Topaz’ Bewegungen. Cahil stieß einen überraschten Laut aus, doch ich atmete erleichtert auf. Nun hatte ich das Gefühl, auf einem Schlitten einen schneebedeckten Abhang hinunterzugleiten.
Mit der geänderten Gangart kamen wir schneller voran, und die Männer blieben weiter hinter uns zurück. Cahil versuchte, Topaz zu bremsen, aber das Pferd war entschlossen, so schnell wie möglich an sein Wasser zu kommen.
Im Schatten der Fundamente eines hohen Turmes machten wir Halt. Cahil sprang vom Pferd und untersuchte Topaz’ Beine.
„Das hat er noch nie getan“, sagte Cahil.
„Was?“
„Er ist ein Pferd mit drei Gangarten.“
„Und das heißt?“
„Das heißt, er kennt Trab, Kanter und Galopp.“
„Na und?“
„Das war aber keine seiner Gangarten. Einige Pferde beherrschen bis zu fünf davon, doch ich bin mir nicht einmal sicher, was das gerade war.“
„Es war sanft und schnell. Mir hat es gefallen“, erwiderte ich.
Cahil musterte mich argwöhnisch.
„Wie komme ich hinunter?“, fragte ich.
„Linker Fuß in den Steigbügel. Schwinge dein rechtes Bein auf die linke Seite, und dann spring.“
Ich landete auf wackligen Beinen. Topaz drehte den Kopf und sah mich an. Er wollte Wasser. Ich nahm einen der Wasserbeutel, die am Sattel hingen, und hielt ihn ihm geöffnet hin. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Cahil erst mich und dann sein Pferd.
„Ist das der Bergfried der Magier?“, fragte ich, um ihn abzulenken.
„Ja. Der Eingang ist um die Ecke. Wir warten auf meine Männer, bevor wir hineingehen.“
Es dauerte nicht lange, bis sein Gefolge uns erreicht hatte. Wir gingen zu den marmornen Toren des Bergfrieds, das von über zwei Stockwerke hohen Rundbögen eingefasst wurde. Die Tore standen weit offen, und wir traten unbehelligt von den Wächtern ein.
Wir befanden uns auf einem weitläufigen Innenhof, auf dessen anderer Seite einige Gebäude standen – eine Stadt in der Stadt. Die Größe und die Farbenpracht waren nahezu unfassbar für mich. Bunte Marmorfassaden schmückten die Bauten, und Statuen von Tieren aller Art zierten Giebel und Dächer. Es gab Gärten und Rasen, und das frische Grün war nach dem blendenden Weiß der Fassaden der Zitadelle eine Wohltat für meine
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