Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
übersät war, hatte er seine persönlichen Unterlagen penibel geordnet. Ich entdeckte Aufzeichnungen über Margg und den Commander. Gerne hätte ich sie durchgelesen, aber ich zwang mich, nach Unterlagen zu suchen, auf denen mein Name oder zumindest ein Hinweis auf Butterfly Dust stand. Valek hatte eine Menge interessanter Bemerkungen über meine Qualitäten als Vorkosterin in meiner persönlichen Akte notiert, aber das Gift oder das Gegengift erwähnte er mit keinem Wort.
Nach dem Schreibtisch nahm ich mir den Konferenztisch vor. Bücher über Gifte lagen zwischen Akten und anderen Spionage-Unterlagen. Hastig durchsuchte ich die Papierstapel. Die Zeit wurde knapp. Ich musste zurück in Valeks Wohnung sein, bevor er den Commander zu seinen Privatgemächern begleitete.
Ich schluckte meine Enttäuschung hinunter, als ich auch auf dem Konferenztisch nichts fand. Gerade einmal die Hälfte des Arbeitszimmers hatte ich bis jetzt durchsucht.
Auf dem Weg zur Tür hörte ich durch die Stille des dunklen Raumes, wie ein Schlüssel ins Schlüsselloch gesteckt wurde. Nach einem lauten Klicken wurde er wieder herausgezogen. Hastig blies ich die Lampe aus, als das zweite Schloss geöffnet wurde. Ich duckte mich hinter den Konferenztisch und hoffte, dass mich die Kisten, die darunter aufgestapelt waren, verbergen würden. Bitte lasst es Margg und nicht Valek sein, flehte ich die Mächte des Schicksals an. Als das dritte Schloss klickte, blieb mir fast das Herz stehen.
Die Tür wurde geöffnet und so fort wie der geschlos sen. Leise Schritte kamen durch den Raum. Jemand nahm am SchreibtischPlatz. Ohne einen Blick zu riskieren wusste ich, dass es Valek war. Hatte sich der Commander doch früher zurückgezogen? Mir blieben nur zwei Möglichkeiten: Entweder entdeckt zu werden oder zu warten, bis Valek gegangen war. Ich versuchte, es mir in meinem Versteck ein wenig bequemer zu machen.
Ein paar Minuten später wurde an die Tür geklopft.
„Herein“, rief Valek.
„Eure …ähm … Eure Lieferung ist eingetroffen, Sir“, sagte eine männliche Stimme.
„Bring ihn herein.“ Valek rutschte mit seinem Stuhl über den Boden.
Ich hörte Ketten klirren und schlurfende Schritte. „Du kannst gehen“, sagte Valek. Die Tür fiel ins Schloss. Der vertraute faulige Kerkergeruch stieg mir in die Nase.
„Nun, Tentil, bist du dir im Klaren darüber, dass du der Nächste für den Galgen bist?“, fragte Valek.
Sofort empfand ich Mitleid mit dem verurteilten Gefangenen. Ich wusste genau, wie ihm zumute war.
„Jawohl, Sir“, wisperte eine Stimme.
Papier raschelte. „Du bist hier, weil du deinen dreijährigen Sohn mit einem Pflug erschlagen hast. Du behauptest, es sei ein Unfall gewesen. Ist das richtig?“, erkundigte Valek sich.
„Jawohl, Sir. Meine Frau war gerade gestorben. Ich konnte mir keine Kinderfrau leisten. Ich wusste nicht, dass er unter den Pflug gekrochen war.“ Die Stimme des Mannes klang verzweifelt.
„Tentil, in Ixia gibt es keine Entschuldigungen.“
„Ja, Sir, ich weiß, Sir. Ich möchte sterben, Sir. Die Schuld ist unerträglich.“
„Dann wäre der Tod ja keine angemessene Bestrafung, nicht wahr?“ Valek wartete die Antwort nicht ab. „Leben zu müssenwäre das härtere Urteil. Ich kenne ein Gehöft im MD-4, auf dem tragischerweise der Bauer und seine Frau gestorben sind. Sie haben drei Söhne unter sechs Jahren. Morgen wird Tentil hängen, das soll jeder glauben, aber stattdessen wirst du in den MD-4 gebracht, um die Felder zu bestellen und die drei Jungen großzuziehen. Ich denke, als erstes solltest du eine Kinderfrau einstellen. Verstanden?“
„Aber …“
„Das Neue Gesetzbuch lässt zwar keine Wünsche offen, wenn es da rum geht, Ixia von un liebsamen Zeitgenossen zu befreien, aber es fehlt ihm grundsätzlich an Mitmenschlichkeit. Obwohl ich den Commander oft genug darauf hingewiesen habe, ist er auf diesem Ohr taub. Deshalb regele ich manche Angelegenheiten auf meine Weise. Sprich nicht darüber, und du wirst weiterleben. Einer meiner Mitarbeiter kommt hin und wieder vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.“
Ungläubig hockte ich hinter den Kisten. Dass Valek das Wort Mitmenschlichkeit in den Mund nahm, war für mich genauso unfassbar wie die Vorstellung, dass Margg sich für ihr schlechtes Benehmen entschuldigen könnte.
Erneut klopfte es an der Tür.
„Herein“, rief Valek. „Wie immer zur rechten Zeit, Wing. Hast du die Unterlagen mitgebracht?“
Ich hörte Papiere rascheln.
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