Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens

ich. Ob ich wohl noch den Salto schaffte, mit dem ich den ersten Platz und das Feueramulettgewonnen hatte? Ohne lange nachzudenken, warf ich meinen Umhang fort und begann mit den Aufwärmübungen. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich besser daran täte, mich zu verstecken und dass es geradezu tollkühn war, mich so leichtsinnig dem Risiko einer Entdeckung auszusetzen. Aber der Wunsch, diesen einen wirklich schönen Moment noch einmal zu erleben, war zu stark, als dass ich ihm widerstehen konnte.
    Kurz darauf dachte ich nicht mehr an Brazell, Reyad und Mogkan, als ich um meine eigene Achse wirbelte und ausgelassene Luftsprünge machte. Mein Geist erreichte jenen Grad der Konzentration, den ich auch bei meinen Kämpfen erlangte. Für einen Moment, mochte er auch noch so kurz sein, genoss ich es, die Anspannung und Bedrohung der vergangenen Tage vergessen zu können.
    Im Laufe meiner Vorstellung entdeckte ich, dass sich mein erweitertes Bewusstsein auch auf die Bäume und selbst auf die Tiere im Wald erstreckte. Eine Eule, die hoch oben auf einem Ast saß, verfolgte die Bewegungen einer Feldmaus. Eine Familie von Opossums huschte geräuschlos durchs Unterholz. Eine Frau, die hinter einem Fels geduckt saß, beobachtete mich.
    Sich in Irys’ Geist hineinzustehlen war so einfach, wie ein Paar-Handschuheüberzustreifen. Mühelosflossen ihre Gedanken in mich hinein. Ich erinnerte sie an ihre jüngere Schwester Lily, und sie wäre gerne wieder mit ihrer Familie zusammen, statt sich im unwirtlichen, kalten Ixia aufhalten zu müssen. Die Lage im Norden wurde zunehmend gefährlicher. In Sitia würde sie sicherer sein. Doch wie lange?, fragte sie sich. Als Zauberin im Range eines Meisters musste sie den Machtmissbrauch, den sie in dieser Gegend gespürt hatte, unterbinden.Kangom, der sich Mogkan nannte, erzeugte Theo broma in besorgniserregenden Mengen. Er hatte auch eine Möglichkeit gefunden, seinen Machtbereich auszudehnen.
    Irys’ Gedanken richteten sich wieder auf mich, und ich spürte, wie sich unsere mentale Verbindung intensivierte.
    Yelena, was machst du in meinen Gedanken?
    Ich bin mir nicht sicher, wie ich dorthin gekommen bin.
     
    Hast du es immer noch nicht bemerkt? Wenn du kämpfst, konzentrierst du dich auf deine Magie. Deshalb kannst du die Bewegungen deines Gegners instinktiv vorhersehen. Ich habe dich gespürt, als du in der Burg mit deinen Freunden gekämpft hast. Jetzt, da du gelernt hast, deine Kräfte sinnvoll zu nutzen, hast du den nächsten logischen Schritt getan, indem du sie jenseits deiner unmittelbaren Umgebung anwendest.
    Meine Verblüffung kappte unsere Verbindung. Ich unterbrach meine Vorstellung und sog keuchend die kalte Nachtluft in meine Lungen, als Irys aus dem Wald auftauchte.
    „Heißt das, dass ich nicht verglühen werde?“, fragte ich. „Du hast einen stabilen Zustand erreicht, aber du wirst erst mächtiger werden, wenn du entsprechend ausgebildet bist. Du willst doch deine Fähigkeiten nicht vergeuden. Komm mit in den Süden. Deine Verfolger sind meilenweit entfernt.“
    „Der Commander …“
    „Steht unter einem magischen Bann. Du kannst nichts für ihn tun; er hat wahrscheinlich den Verstand verloren. Mogkan hat ihn mit Theobroma vollgestopft. Seitdem ich hier bin, rieche ich es.“
    „Theobroma? Du meinst Criollo? Die braune Süßigkeit, die Brazell herstellt.“
    „Richtig. Es macht den Geist anfällig für magische Beeinflussung, schwächt die mentalen Widerstandskräfte underleichtert Außenstehenden den Zutritt zum Verstand eines Menschen. Wir benutzen es bei Übungen für ungeübte Magier, die zum ersten Mal diese Erfahrungen machen, wobei wir natürlich alles unter Kontrolle haben. Der Commander verfügt über einen starken Charakter, der für magische Suggestion sehr unempfänglich ist. Theobroma überwindet diesen Widerstand. Bei einem Studenten, der noch viel lernen muss, ist es sehr hilfreich. Aber es beim Commander anzuwenden, um seinen Geist zu kontrollieren, kommt einer Vergewaltigung gleich.“ Irys zog sich den Umhang fester um die Schultern. „Selbst mit Theobroma sollte es einem Zauberer nicht möglich sein, den Geist des Commanders aus der Entfernung zu erreichen, aber Mogkan hat es geschafft. Er hat einen Weg gefunden, um seine Macht auszudehnen.“
    Irys rieb sich mit den Händen über die Arme, um sich aufzuwärmen. „Ich vermute, Mogkans Besuch in der Burg hatte nur das eine Ziel, in den Geist des Commanders einzudringen, um ihn hierher lotsen