Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
zurückzukehren, war grauenvoll.
Nach dem sie die Tür hinter mir abgeschlossen hatten, tröstete mich der Gedanke an meine Eisenpickel, die ich sofort aus meinem Haar löste. Die Tür hatte ein einfaches Einsteckschloss, das leicht zu öffnen war. Aber anstatt es gleich zu knacken, schob ich erst einmal einen Pickel, an dessen einem Ende ein kleiner Spiegel angebracht war, unter dem Türspalt hindurch. Zu beiden Seiten der Zellentür sah ich ein Paar Stiefel. Die übereifrigen Wächter hatten vor meinem Zimmer Stellung bezogen.
Ich trat ans Fenster. Der Gästeflügel lag im ersten Stock.Vor mir erstreckte sich der große Innenhof. Sollte meine Lage kritisch werden, konnte ich immer noch hinunterspringen, aber vorerst wollte ich abwarten.
Am folgenden Tag durfte ich mein Zimmer nur verlassen, um die Mahlzeiten des Commanders zu testen. Nach dem Frühstück wedelte Mogkan mit der kleinen Flasche Gegengift vor meiner Nase herum.
„Wenn du das hier willst, musst du eine Frage beantworten“, sagte er.
Ich ließ mir meine Angst nicht anmerken und antwortete so ruhig wie möglich: „Ihr haltet mich zum Narren. Wenn Ihr wirklich meinen Tod wolltet, stünde ich jetzt nicht vor Euch.“
„Ich versichere dir, dass es nur ein vorübergehender Zustand ist.“ In seinen Augen flackerte Wut. „Ich biete dir nur eine Alternative an. Tod durch Butterfly Dust ist ein langes, hässliches und ausgesprochen qualvolles Sterben. Dagegen ist, sagen wir mal, ein Schnitt durch die Kehle eine rasche Angelegenheit – nur ein kurzer Moment des Schmerzes.“
„Wie lautet die Frage?“
„Wo ist Valek?“
„Ich weiß es nicht“, erwiderte ich wahrheitsgemäß. Seit dem Kampf im Wald hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Mogkan dachte über meine Antwort nach. Ich nutzte den Moment seiner Geistesabwesenheit, riss ihm die Flasche aus der Hand und leerte sie in einem Zug.
Sein Gesicht wurde rot vor Wut. Er packte mich an den Schultern und zerrte mich zu den Wächtern. „Bringt sie in ihr Zimmer zurück“, befahl er.
Dort angekommen, überlegte ich, was Valek wohl im Schilde führte. Ich bezweifelte, dass er tatenlos abwartete.Mogkans Frage nach seinem Aufenthaltsort bestärkte mich nur in meiner Annahme. Unruhig lief ich in dem kleinen Zimmer auf und ab und sehnte mich nach meinen Übungsstunden mit Ari und Janco.
Während der nächsten Tage sah ich den Commander jeweils nur für kurze Momente. Allmählich wurde mir klar, dass das zu Mogkans Spiel gehörte. Brazell tat so, als gäbe der Commander immer noch Befehle aus, damit seine Berater keinen Verdacht schöpften. Einmal beugte Brazell sich ganz nahe zu ihm hinüber, als ob sie ein vertrauliches Gespräch führten, um hinterher zu verkünden, dass auf Wunsch des Commanders für den nächsten Tag eine Besichtigung der Fabrik angesetzt sei.
Ich durfte mich der Gruppe anschließen. Das fand ich genauso überraschend wie die Tatsache, dass keiner der Ratgeber des Commanders dagegen protestierte oder überhaupt nur erwähnte, dass Brazell Criollo herstellte anstatt des Tierfutters, das er in seinem Bauantrag erwähnt hatte. Stattdessen probierten sie Unmengen von Criollo, nickten zustimmend, wenn Brazell etwas erklärte, und waren mit ihm einer Meinung, dass die Fabrik eine fantastische Einrichtung sei.
Auf unserem Weg durch das Gebäude schlug uns die Gluthitze der gigantischen Röstöfen entgegen, die unentwegt mit den Bohnen aus Sitia gefüttert wurden. Schweiß- und rußbedeckte Arbeiter schaufelten Kohlen in die gewaltigen Feuer, die unter den Öfen loderten. Die gerösteten Bohnen wurden in eine riesige Halle transportiert, wo andere Arbeiter die Schalen mit Hämmern aufschlugen und dunkelbraune Brösel herauskratzten. Mit Stahlrollen wurden die Stückchen zu einer Paste zerdrückt, die in Metallschüsseln von anderthalb Metern Durchmesser mit Zucker, Milch und Butter vermengtwurde. Die Zutaten verrührten die Arbeiter mit eisernen Gabeln zueiner dickflüssigen braunen Mischung, die in quadratische und rechteckige Formen gegossen wurde.
Obwohl es hier überall köstlich duftete, verbreitete der Ort eine freudlose Atmosphäre. Die mürrischen Arbeiter, deren verschwitzte Uniformen über und über mit Criollo befleckt waren, stöhnten unter den körperlichen Strapazen. Beim Rundgang hielt ich vorsichtig Ausschau nach giftigen oder sonstigen Zutaten, die unter die Mischung gerührt werden konnten, entdeckte aber nichts.
Auf dem Rückweg in Brazells prunkvolles Haus fiel mir
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