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Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens

Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens

Titel: Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria V. Snyder
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rechnete ich damit, dass er sich auf dem Weg in Brazells Untersuchungszellen zur Wehr setzen würde. Ich wartete darauf, während die Wächter uns nackt auszogen und durchsuchten und ich die Demütigung ertragen musste, von ihren brutalen Händen abgetastet und befingert zu werden. Sie nahmen mir alles ab, natürlich auch meinen Rucksack, das Schnappmesser und die Halskette. Dass sie mir meine Kleidung nahmen, schmerzte mich nicht so sehr wie der Verlust von Valeks Schmetterling und meinem Amulett.
    Auch als wir in den Kerker gebracht wurden, zählte ich darauf, dass Valek etwas unternehmen würde, und ich gab die Hoffnung selbst dann noch nicht auf, als man uns in benachbarte Zellen warf.
    Mitangehaltenem Atem hörte ich das schwere Eisenschloss an der Kerkertür tief unter der Erde zuschnappen. Die Soldaten stopften unsere Kleider durch die Gitterstäbe, ehe sie uns in der Finsternis zurückließen. Mit einiger Mühe schlüpfte ich in meine Uniform und versuchte, mein Hemd im Dunkeln zuzuknöpfen.
    Nun war ich doch wieder hier gelandet. Mein Albtraum war zunehmend realer geworden, als wir durch den Aufenthaltsraum der Wächter gingen und ein Stockwerk tiefer zu dem Verlies hinunterstiegen, das aus nur acht Zellen bestand – vier auf jeder Seite eines kurzen Korridors. Man hatte uns in jene gesteckt, die direkt links neben der Treppe lagen. Ein vertrauter, aufdringlich ekelhafter Gestank durchzog das Gefängnis. Der Pesthauch nahm mir fast die Sinne, sodass ich eineWeile brauchte, ehe ich feststellte, dass wir die einzigen Insassen waren.
    Die plötzliche Stille war mir unerträglich. „Valek?“
    „Was?“
    „Warum habt Ihr Euch nicht gegen die Wächter zur Wehr gesetzt? Ich hätte Euch geholfen.“
    „Acht Männer hielten mir ihre Schwerter vor die Brust. Eine unbesonnene Bewegung, und sie hätten mich aufgespießt. Aber es schmeichelt mir, dass du mir zutraust, unter diesen Umständen zu gewinnen. Vier bewaffnete Gegner vielleicht, aber acht sind definitiv zu viel.“
    Valeks Stimme klang amüsiert.
    „Dann wollen wir also die Schlösser knacken und fliehen?“ Ich vertraute darauf, dass Valek ein erfahrener Mörder und geübter Kämpfer war, ein Mann also, der sich nicht lange einsperren ließ.
    „Das wäre ideal, vorausgesetzt, wir hätten etwas, womit wir sie aufbekämen“, machte er meine Hoffnungen zunichte.
    Ich suchte jeden Zentimeter meiner Zelle ab, fand aber nichts außer schmutzigem Stroh, Rattenkot und undefinierbarem Unrat. Entmutigt sank ich zu Boden und lehnte mich gegen die Gitterstäbe, die mich von Valek trennten.
    Nach langem Schweigen fragte er mich: „Wäre das auch dein Schicksal gewesen? Wärst du auch an den Boden gekettet worden und zu einer hirnlosen Hülle verwest, wenn du Reyad nicht getötet hättest?“
    Das Bild dieser Gefangenen hatte sich in mein Gehirn eingebrannt. Ich schauderte. Zum ersten Mal war ich froh darüber, Reyads Tests nicht bestanden zu haben.
    Während ich über die bedauernswerten Kreaturen nachdachte, fiel mir Irys’ Bemerkung über die Fähigkeit eines Zauberersein, sich die magischen Kräfte von anderen anzueignen. Schlagartig wurde mir klar, was es mit den Frauen und Männern im Kreis auf sich hatte. Mogkan bezog seine zusätzliche Macht von den angeketteten Gefangenen. Brazell, Reyad und Mogkan mussten die Kinder aus dem Waisenhaus geholt haben, um ihr magisches Potenzial zu fördern. Bei den Experimenten mit ihnen hatte Mogkan eine Gehirnwäsche bei ihnen vorgenommen, sodass lediglich geistlose Hüllen zurückblieben, aus denen sich noch mehr Kraft ziehen ließ.
    „Ich glaube, Brazell und Reyad wollten mich auch in diesen Zustand versetzen. Aber ich habe durchgehalten.“ Ich erzählte ihm von meinen Vermutungen über die Gefangenen.
    „Berichte mir, was mit dir geschehen ist“, forderte Valek mich mit rauer Stimme auf.
    Ich zögerte, ehe ich mit meiner Schilderung begann. Erst kamen die Worte unzusammenhängend und stockend, doch dann flossen sie nur so aus mir heraus wie die Tränen über mein Gesicht. Ich ersparte ihm keine Einzelheit. Ich beschönigte die hässlichen Passagen nicht. Ich erzählte Valek alles über mein zweijähriges Martyrium als Versuchskaninchen, Reyads sadistische Quälereien und Folterungen, die grausamen Spielchen, die Demütigungen, die Schläge, das Bedürfnis, Reyad zufrieden zu stellen, und schließlich die Vergewaltigung, die zum Mord führte. Ich reinigte mich von allem Schmutz, mit dem Reyad meine Seele belastet

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