Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
den?“ Ohne Sonne fehlte mir die Orientierungshilfe. Ich war mir nicht sicher, ob ich den Weg zurück zur Lichtung allein finden würde, von der Burg ganz zu schweigen.
„Folge einfach diesem Weg.“ Er zeigte in die Richtung,aus der die Wagen gekommen waren. „Es ist mir gelungen, sie abzuschütteln, bevor ich dich getroffen habe. Die Soldaten waren in südwestlicher Richtung unterwegs, vermutlich konzentrieren sie sich auf diesen Pfad. Das ist ja auch die beste Strategie.“
Ich sah Valek nach, als er den Waldweg entlang eilte. Er bewegte sich mit der Anmut und Leichtigkeit eines Rehs. Unter seinem eng anliegenden Tarnanzug zeichneten sich kräftige Muskeln ab.
Kaum war er außer Sicht, trampelte ich geräuschvoll über die lockeren Steine, die auf dem Pfad lagen. Das Zwielicht nahm den Bäumen ihre Farbe. In der zunehmenden Dunkelheit wurde mir immer unbehaglicher zumute. Jedes Rascheln ließ mein Herz schneller schlagen. Immer wieder schaute ich mich um und wünschte, Valek wäre bei mir.
Ein Ruf durchschnitt die Luft. Ehe ich reagieren konnte, stürzte sich ein großer Schatten auf mich und warf mich zu Boden.
16. KAPITEL
E rwischt!“, rief der Mann, der sich auf mich gesetzt hatte. Mein Gesicht wurde auf die Steine gedrückt, und ich hatte Erde im Mund. Sofort erkannte ich die raue Stimme, die ich schon früher an diesem Tag gehört hatte. Er riss mir die Arme auf den Rücken, und ich fühlte kaltes Metall in meine Handgelenke schneiden, als die Handfesseln klirrend zuschnappten.
„Ist das nicht ein bisschen übertrieben, Janco?“, fragte sein Kumpan.
Janco stieg von mir, und ich wurde hochgerissen. Im Halbdunkel sah ich, dass der Mann, der mich festhielt, ziemlich dünn war und einen Spitzbart hatte. Wie beim Militär üblich, trug er sein Haar kurz geschnitten. Eine Narbe auf der rechten Seite zog sich von der Schläfe bis zum Ohr, dessen untere Hälfte fehlte.
„Es war verdammt schwer, sie zu finden. Ich möchte nicht, dass sie wieder abhaut“, maulte Janco.
Sein Kumpel war etwa gleich groß, aber doppelt so breit. Kräftige Muskelpakete zeichneten sich unter seinem Tarnanzug ab. An seinem Kopf klebten kleine, feuchte Locken, und von weitem wirkten seine Augen farblos bis auf das Schwarz seiner Pupillen.
Ich wollte fliehen. Es war fast dunkel; ich war gefesselt und allein mit zwei fremden Männern. Natürlich wusste ich, dass es die Soldaten des Commanders waren, die nur ihre Arbeit taten. Trotzdem raste mein Puls wie verrückt.
„Du hast uns ganz schön alt aussehen lassen“, meinte Janco. „Jeder Soldat, der mitgesucht hat, wird jetzt degradiert werden. Wegen dir müssen wir alle jetzt die Aborte undWaschräume putzen.“
„Lass gut sein, Janco“, sagte der mit den farblosen Augen. „Wir werden keine Böden schrubben müssen. Wir haben sie schließlich gefunden. Und schau dir doch mal an, wie sie aussieht. Wer hätte denn damit gerechnet, dass sie sich eine Tarnung zulegt? Deshalb war sie ja so schwer zu finden. Trotzdem wird der Captain verdammt sauer sein, wenn er das sieht.“
„Ist der Captain schon wieder in der Burg?“, fragte ich. Hoffentlich wollten sie auch so schnell wie möglich dorthin zurück.
„Nein. Er führt einen Trupp weiter im Südwesten. Wir müssen zu ihm und Bericht erstatten.“
Ich seufzte, weil es nun noch später wurde. Dabei hatte ich mich auf eine rasche Heimkehr gefreut. „Wie wär’s, wenn du Janco zum Captain schickst, während wir schon mal zur Burg gehen?“
„Tut mir Leid, aber wir dürfen uns nicht trennen. Wir müssen immer zu zweit unterwegs sein, ohne Ausnahme.“
„Ähm …“ begann Janco.
„Yelena“, half ich ihm.
„Warum willst du denn so schnell zurück?“, fragte er.
„Ich habe Angst im Dunkeln.“
Der Mann mit den farblosen Augen lachte. „Das glaub ich dir nicht. Janco, nimm ihr die Handfesseln ab. Sie wird schon nicht weglaufen. Darum geht’s bei dieser Übung schließlich nicht.“
Janco zögerte.
„Ich gebe dir mein Wort, Janco“, sagte ich. „Ich werde nicht weglaufen, wenn du mir die Fesseln abnimmst.“
Er grummelte etwas Unverständliches, schloss aber dieFesseln auf. Ich wischte mir den Schmutz aus dem Gesicht. „Danke.“
Er nickte und deutete auf seinen Partner. „Das ist Ardenus.“
„Kurz Ari genannt.“ Er reichte mir seine Hand. Eine solche Geste von einem Soldaten war eine Ehre und bedeutete, dass er mich als Gleichberechtigte betrachtete.
Feierlich schüttelte ich seine Hand, und dann
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