Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
ihm einen ärgerlichen Blick zu. Während sie am anderen Ende der Küche in ihrem Topf rührte, hatte sie versucht, mit einem Ohr unser Gespräch zu belauschen.
Indigniert verließ sie nun die Küche.
Bavol schloss die Augen und verzog das Gesicht zu einer schmerzlichen Grimasse. Doch als er mich wieder anschaute, glaubte ich etwas von seinem alten Selbstbewusstsein in seiner Haltung zu erkennen.
„Wir hätten sie sterben lassen sollen“, meinte er.
26. KAPITEL
W en sterben lassen?“, fragte ich verständnislos, aber Bavol ging nicht darauf ein.
„Zuerst haben die Daviianer kleinere Dinge von uns verlangt, damit sie am Leben blieben. Wir haben mal so und mal so darüber abgestimmt. Dann wurden die Forderungen größer und besorgniserregender. Immer mehr Daviianer tauchten auf, und eines Tages stellten wir zu unserem Entsetzen fest, dass wir zu allem unsere Zustimmung gegeben hatten.“
„Wozu habt ihr eure Zustimmung gegeben? Wer sollte am Leben bleiben?“
„Wir haben einen Fehler gemacht. Aber jetzt bist du ja hier. Vielleicht ist es noch nicht zu spät.“
„Bavol, ich verstehe überhaupt nicht …“
„Die Daviianer haben unsere Kinder.“
Verdattert starrte ich ihn einige Sekunden lang an. „Wieso?“
Bavol zuckte mit den Schultern. „Spielt das eine Rolle? Unsere Familien sind die meiste Zeit des Jahres allein zu Haus. Gut, sie leben mit der Sippe zusammen, aber wir sind nicht da, um sie im Notfall schützen zu können.“
„Wen haben sie denn in ihrer Gewalt?“
„Meine Tochter Jenniqilla. Eines Tages ist sie auf dem Markt von Illiais verschwunden. Man hat mir befohlen, mit niemandem darüber zu reden. Aber am Verhalten der anderen Ratgeber konnte ich erkennen, dass sie alle von den Daviianern erpresst werden. Schließlich haben wir heimlich darüber gesprochen. Allen Ratgebern, die Kinder haben, ist eines entführt worden. Bei den kinderlosen Paaren hat es den Partner getroffen – den Ehemann von Beraterin Greenblade und die Frau von Berater Stormdance.“
„Wo halten sie sie gefangen?“
„Wenn ich das wüsste, säße ich nicht hier, um mit dir zu reden“, blaffte er zurück.
„Entschuldige.“ Während ich noch darüber nachdachte, was zu tun sei, kehrte Petal mit zwei Gläsern Whiskey zurück und gab eines davon mir. Dann widmete sie sich wieder ihren Kochtöpfen.
„Wann ist das passiert?“, erkundigte ich mich. Valek hatte mir erzählt, dass die Würmer ihre Pläne geschmiedet hatten, lange bevor Cahil in die Sache verwickelt worden war.
„Vor zwei Wochen“, flüsterte Bavol.
Auf einmal erschienen mir die vergangenen vierzehn Tage wie vierzehn Jahre, weil so viel in dieser Zeit geschehen war. Die Würmer mussten die Familienangehörigen der Berater entführt haben, kurz nachdem ich aus der Zitadelle geflohen war. Roze hatte die Ratsmitglieder also doch nicht beeinflusst.
„Wissen die Meister-Magier Bescheid?“
„Master Bloodgood und Master Jewelrose begannen etwas zu ahnen, als wir den Brief an den Commander schrieben. Master Featherstone interpretierte ihr Verhalten als einen Akt des Verrats. Die Daviianer zwangen uns, ihr zuzustimmen, den Haftbefehl zu unterschreiben und ihnen zu helfen, sie in den Kerker des Bergfrieds zu schaffen. Sie haben sich gefügt“, ergänzte Bavol, als er meine sorgenvolle Miene sah. „Es ist schade, dass Master Cowan noch zu jung ist, um auf Master Featherstone einzuwirken.“
„Glaubst du, dass Roze mit den Daviianern gemeinsame Sache macht?“
„Nein. Sie wäre entsetzt, wenn sie wüsste, dass sie es sind, die die Entscheidungen treffen. Wir stimmen mit ihr ab, damit sie zufrieden ist, und die Daviianer bieten ihr ihre Unterstützung bei ihrem Kampf gegen den Commander an.“
„Könnte sie nicht durch deine Gedanken etwas von deinen Schwierigkeiten mitbekommen?“
Bavol musterte mich entrüstet. „Das wäre ein schwerer Verstoß gegen den Verhaltenscodex der Magier. Master Featherstone würde niemals so weit gehen, in unseren geheimsten Gedanken herumzuschnüffeln.“
Ich hegte große Zweifel an Rozes Lauterkeit, hatte aber nichts in der Hand, um es zu beweisen.
„Soll ich ein zweites Gedeck auflegen?“, wollte Petal wissen.
Bavol und ich schüttelten gleichzeitig den Kopf. Sein sorgenvoller Ausdruck erinnerte mich daran, dass ich bald aufbrechen musste. Missbilligend schnalzte sie mit der Zunge und trug einen Stapel Teller aus der Küche.
Die Angehörigen der Ratsmitglieder zu finden und zu retten war jetzt die
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