Yoga Bitch
Basis.«
»Oh Mann. Sag mal, was hältst du von dieser ayurvedischen Aufteilung in Vata, Pitta …?
» … und Kapha? Ja, habe ich natürlich gemacht. Ich halte mich auch dran, mit einigen Ausnahmen. Ich mache ja auch die Bluttyp-Sache, und das widerspricht sich manchmal mit meinem Dosha. Ach, ich muss einfach mal ein totales Detox machen.«
»Detox« war das Zauberwort. Unter dem Deckmantel des Entgiftens durfte man inzwischen aufs Mittagessen verzichten und sich stattdessen einen Karotten-Sellerie-Gurkensaft bestellen. Das war nicht nur nicht essen , nein, das war viel mehr. Giftstoffe loswerden, alte Gewohnheiten brechen, den Darm entlasten, die Leber reinigen, sogar den Kopf freikriegen – wer konnte etwas dagegen sagen?
In Hollywood hielt man sich im Moment, das wusste ich als LA-Freak, gerade an die strikten Regeln von Nish Joshi. »Joshi’s Holistic Detox« verbot 21 Tage lang Kaffee, Brot, rotes Fleisch, Weizen, Milchprodukte, Obst (außer Bananen), Alkohol, Zucker und alle Lebensmittel mit Zusatzstoffen, sogar Essig. Neben Cate Blanchett lebten aber wohl auch Gwyneth Paltrow und Sadie Frost nach diesen Regeln.
Detox, Schmetox: Lieber würde ich eine Woche lang gar nichts essen. Wenn schon Detox, dann ganz. Ich glaube, das nennt man Fasten.
7
»Ich hasse Yoga.
Wenn Yoga eine Person wäre,
würde ich sie erstechen.«
Gabourey Sidibe
»Verneige dich vor dem Leben, das durch dich hindurchfließt«, sagte Jana, und zum ersten Mal hörte ich richtig zu, als sie das sprach, was ich innerlich »Schlussgebet« oder »das Wort zum Shanti« nannte. Wenn man sich richtig gut und glücklich und durchblutet fühlt, ist es deutlich schwieriger, das abzulehnen, was ich bisher als Eso-Gelaber abgestempelt hatte. Es ist viel leichter sich zu verbeugen, wenn der eigene Körper, der bisher eher eine Baustelle als ein Tempel war, gerade eineinhalb Stunden funktioniert hat, wenn man auf einem natürlichen High ist (weil vielleicht wirklich Energie in Fluss gekommen ist?) und man ebenso stolz wie froh ist, eine weitere Stunde hinter sich gebracht zu haben. Ich spürte tatsächlich, nach jeder Stunde, so schwierig sie zwischenzeitlich gewesen sein mochte, das Leben durch mich hindurchfließen. Was war das? Blut, das pumpt? Organe, die Danke sagen? Gelenke, die geschmiert wurden? Was ich im Spiegel sehen konnte, nach jeder Stunde klarer, waren Bäckchen, die in einem Pfirsich-Ton leuchteten, den nicht mal Bobbi Brown so hinkriegt, und, noch wichtiger, Pobacken, die in Richtung Norden zu zeigen scheinen. Doch taten sie das wirklich?
Keine Ahnung. Das wollte ich aber genau wissen, ich war nicht zum Spaß hier. Also tat ich das, was ich seit Jahren nicht mehr getan hatte: Maß nehmen. (Ich kann mich an das erste Mal erinnern: Es war eine Schneiderin, die mir ein Kleid zum Abiball nähen sollte, und diese Zahlen so nüchtern aussprach, mit Stecknadeln im Mund, wie ein Chirurg, der während einer Operation Blutwerte von einem Monitor abliest.) Nun nahm ich selbst Maß, mit einem Maßband, mit dem ich bisher nur Möbel abgemessen hatte. Ich wollte von jetzt an nachverfolgen können, ob Yoga mich so high machte, dass ich mir einbildete, mein Körper würde sich positiv verändern, oder ob es tatsächlich so war. Ein kritischer Blick aufs eigene Spiegelbild ist wie die Quadratur des Kreises, getrübt von Selbstzweifeln, verfälscht durch Eitelkeit, verzerrt durch den Wettbewerb. Doch Zahlen lügen nicht, und wenn, wie ich mir sagte, Muskeln mehr als Fett wiegen, so schienen doch Brust-Taille-Hüfte – wenn schon nicht das Maß aller Dinge – doch zumindest objektiv beobachtbare Größen. Zusätzlich maß ich auch den Umfang meiner Oberarme und Oberschenkel, weil sich da schon nach einigen Yoga-Stunden am meisten veränderte, wie mir schien.
Zu den endgültigen Zahlen möchte ich nur sagen, dass ich von 90-60-90 so weit entfernt war wie von einer Sechs mit Superzahl in meiner bisherigen Lottokarriere, in der ich noch nicht einmal drei Richtige hatte. Eine der drei Komponenten befand sich sogar im dreistelligen Bereich – und das bei Kleidergröße 38.
»Ach, Konfektionsgrößen darf man gar nicht trauen. Bei all dem Vanity Sizing, das gerade so abgeht«, sagte Rosa, als ich ihr davon erzählte.
»Waaas?«
»Vanity Sizing. Das heißt, dass viele Labels ihre Größen absichtlich kleiner etikettieren, um die Eitelkeit der Kunden anzusprechen. Sie staffeln die Größen um, weil man viel eher etwas kauft, wenn einem eine
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