You are Mine
Anregungen bekommen. Ich kann nichts Schlimmes daran finden.«
»Er wird dir nicht im Weg umgehen?«
Ein leises, halb selbstvergessenes Lachen. »Im Gegenteil. Ich habe Joaquin ein paar meiner Bilder gezeigt und er versteht sie, versteht sie wirklich. Er sieht, was ich versuche zu erreichen, er hört genau, was ich sage. Ich glaube, genau das brauche ich. Jemand, an dem ich meine Ideen ausprobieren kann, endlich mal richtiges Feedback.«
So hatte ich sie noch nie reden hören. Bis jetzt hatte ich den Eindruck gehabt, ihre Kunst sei halb Hobby, halb Verpflichtung; etwas, das sie überwiegend wegen ihres Vaters tat, weil er einen Studienabschluss von ihr verlangte, und nicht weil sie selbst davon überzeugt war. Es füllt den Tag , hatte sie mir gesagt. Nun schien es, als füllte es mehr als nur das und es schmerzte, es jetzt von ihr zu hören, auf diese Art; zu wissen, dass Joaquin es zuerst gehört hatte. Diesem fast Fremden, einem dünnen kleinen Kind, um Himmels willen, hatte sie sofortigen Zugang gewährt.
Was noch, wollte ich fragen. Was hast du noch da drin versteckt? Was versteckst du noch vor mir?
Aber sie war bereits woanders, erzählte mir von der geplanten Ausstellung, in der es ihr gelungen war, sich einen Platz zu sichern – wenn sie nur noch die richtigen Stücke schaffen konnte. Ein halbes Dutzend unvollendeter Gemälde im Studio der Universität und nicht eines davon wurde ihrer Vision gerecht. Also dachte sie darüber nach, sie alle zu übermalen und neu anzufangen. Allerdings spielte die Zeit gegen sie.
Wie in allem.
Sie tippte mir auf die Wange. »Hey, Lexi?«
»Hmmm?«
»Du bist nicht eifersüchtig? Auf Joaquin?«
»Natürlich nicht«, log ich. Eifersucht, Neid, Ablehnung; in meinen Eingeweiden tanzte jede Form von Missgunst.
»Gut. Denn abgesehen von allem anderen ist dieser Junge stockschwul.«
Ich seufzte. »Madigan, ich vertraue dir. Okay?«
»Das ist gut.« Ein unerwartetes Lachen, teuflisch und spöttisch, und ihre Stimme senkte sich um eine halbe Oktave. »Aber hältst du das wirklich für klug?«
∞
Sie kamen einzeln oder in kleinen Grüppchen, alles Freunde von Joaquin oder Freunde von Freunden. Manche von ihnen nur Schaulustige, beim einzigen Besuch getrieben von Neugier oder Langeweile oder Gott weiß was sonst, die genauso leise, wie sie gekommen waren, wieder in ihrer gefühlsbeladenen Welt verschwanden. Andere kamen wieder und wieder, um aufmerksam in ihrer Gegenwart zu sitzen, um ihr mit dem Eifer frischrekrutierter Jünger zu lauschen. Diese letzte Gruppe entwickelte einen harten Kern von vielleicht acht oder neun Leuten – anscheinend jedoch in ständiger Rotation, sodass selten mehr als zwei oder drei gleichzeitig im Haus waren.
Abgesehen von Joaquin, natürlich.
Ein eifersüchtiger junger Leutnant, ständig wachsam gegenüber potenziellen Thronräubern, der selten von Madigans Seite wich, wenn andere Marionetten da waren. Gelegentlich beschloss er, mich zu belästigen, lehnte am Küchentresen oder breitete sich auf meinem Bett aus, je nachdem, in welchen Raum ich mich zurückgezogen hatte. Er plapperte über alles, von Malerei bis Mondsucht, von Lakritze bis zu unerwiderter Liebe, und warf mir währenddessen immer wieder hinter seinem dichten Pony raffiniert scheue Seitenblicke zu.
Ich duldete seine Aufmerksamkeit Madigan zuliebe. Wann immer es mir zu viel wurde, verließ ich einfach für frei erfundene Erledigungen das Haus. Manchmal vermutete ich, dass Madigan die Situation unterstützte, vielleicht indem sie Joaquin glauben ließ, dass er Erfolg haben könnte, wenn er nur beharrlich blieb.
»Vielleicht nur, weil es Spaß macht«, schlug Ruth vor, als ich es ihr gegenüber erwähnte. »Vielleicht einfach, weil sie es kann.«
Die einzige andere Marionette, die mich beachtete, war Kate. So dünn, so zerbrechlich, dass es schien, als könnte schon ein Atemhauch sie umwerfen, kam sie manchmal in die Küche, um sich eine Tasse heißes Wasser mit Milch zu machen und fröhlich mit mir zu reden, während sie ihre üblichen drei Löffel Zucker einrührte. Engel-Tee nannte sie es. Ich habe nie gesehen, dass sie etwas anderes getrunken hätte.
Mit ihrer farbenfrohen, weitgeschnittenen Kleidung und dem scheuen Grinsen hob Kate sich so sehr von den anderen Kindern ab – ein eleganter Flamingo, der sich mit launischen Krähen eingelassen hatte –, dass ich sie einmal fragte, warum sie überhaupt mit ihnen abhing. Hatte sie keine anderen Freunde, die ein bisschen
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