Young Jedi Knights 01 - Die Hüter der Macht
an.«
Als sie aus den Augenwinkel heraus eine Bewegung wahrnahm, schaute Jaina zu einer der gleißenden Öffnungen in der Wand des hohen Raumes hinauf. Dort, auf dem schmalen, steinernen Fenstersims, tauchte die schlanke, geschmeidige Gestalt eines Mädchens auf. »Da ist sie ja!«
»Sie muss an der Rückseite des Tempel hinaufgeklettert sein«, sagte Jacen. »Sie hat schon öfter davon gesprochen, es einmal zu tun, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie es wirklich wahr machen würde…«
»Es gibt viele Kletterpflanzen dort«, kommentierte Jaina mit gewohnter Logik, als wäre das Erklimmen des gewaltigen antiken Denkmals etwas, was Jedi-Studenten jeden Tag taten. Gespannt beobachteten sie, wie ihre Freundin ihr langes goldfarbenes Haar mit einem dünnen Lederriemen zusammenband, damit es ihr nicht im Wege war. Dann spannte das Mädchen kurz die Arme, befestigte einen silbernen Greifhaken an der Simskante und seilte sich mit Hilfe eines dünnen Faserstricks, den sie stets an ihrem Gürtel trug, ab.
Wie eine Spinne auf ihr Netz ließ sich Tenel Ka ohne ein Zeichen von Unsicherheit die hohe glatte Innenwand bis zum Boden herab.
Mittlerweile hatten sie auch die anderen Jedi-Schüler erspäht. Einige applaudierten, andere honorierten die artistischen Fähigkeiten des Mädchens durch staunendes Schweigen. Sie hätte ihre Jedi-Kräfte einsetzen können, um den Abstieg zu beschleunigen, aber wann immer es möglich war, verließ Tenel Ka sich ganz auf ihren Körper. Die Macht betrachtete sie nur als Reserve für den Notfall. Sie befürchtete, dass es sich einmal rächen könnte, sich zu sehr auf diese besonderen Kräften zu verlassen.
Tenel Ka landete federnd auf dem harten Steinboden. Ihre glänzenden Schuhe verursachten ein leises klickendes Geräusch. Das Mädchen machte ein paar Lockerungsübungen, ehe sie wieder nach dem dünnen Faserseil griff. Mit einem kurzen Ruck mit der Macht löste sie den verkanteten Greifhaken aus dem Steinsims und fing ihn geschickt mit der Hand auf.
Nachdem sie das Seil an ihrem Gürtel aufgewickelt hatte, drehte sie sich mit ernstem Gesicht um. Dann nahm sie das Band aus ihrem Haar und schüttelte den Kopf, sodass die Locken über ihre Schultern fielen.
Tenel Ka kleidete sich wie alle Frauen von Dathomir knapp und figurbetont. Die Mode, die sie trug, wurde aus den purpurnen und smaragdgrünen Häuten der Reptilien ihres Heimatplaneten gefertigt. Die flexiblen, leicht gepanzerten Tuniken und kurzen Hosen ließen Arme und Beine frei, doch trotz der vielen ungeschützten Haut und ihrer zahlreichen Ausflüge in die Wildnis schien sich Tenel Ka niemals Kratzer oder Insektenstiche einzuhandeln.
Jacen winkte ihr grinsend zu. Sie antwortete mit einem Nicken, bahnte sich den Weg bis zu den Zwillingen und ließ sich geschmeidig auf den kalten Sitz neben Jacen sinken.
»Hallo«, sagte sie mürrisch.
»Einen guten Morgen«, erwiderte Jaina. Sie lächelte der Amazone zu, die mit kühlen grauen Augen den Blick, aber nicht das Lächeln erwiderte – diese Wahrung der Distanz war kein Ausdruck von Unhöflichkeit, sondern entsprach einfach ihrer Natur. Tenel Ka lächelte selten.
Jacen stieß sie mit dem Ellbogen an und senkte die Stimme:
»Kennst du den schon, Tenel Ka. Ich denke, er wird dir gefallen: Wie nennt man jemanden, der einem Kannibalen das Abendessen bringt?«
Sie wirkte verblüfft. »Ich glaube, ich verstehe nicht…«
»Es ist ein Witz«, sagte Jacen. »Na los, rate!«
»Ah, ein Scherz.« Tenel Ka nickte. »Du versuchst also wieder einmal, mich zum Lachen zu bringen?«
»Du wirst dich nicht mehr halten können, wenn du ihn erst gehört hast«, versicherte Jacen. »Komm schon, wie nennt man also jemanden, der einem Kannibalen das Abendessen bringt?«
»Ich weiß es wirklich nicht«, sagte Tenel Ka, und Jaina hätte hundert Kredits gewettet, dass ihre Freundin sich nicht einmal zu einer Vermutung hinreißen lassen würde.
»Einen Appetithappen!«, lachte Jacen in sich hinein.
Jaina stöhnte, aber Tenel Ka verzog keine Miene. »Ich verstehe nicht, was daran lustig sein soll. Aber wie ich sehe, fängt die Vorlesung gleich an. Du kannst es mir später erklären.«
Jacen rollte mit den Augen.
Genau in dem Augenblick, als Luke Skywalker auf die Rednerplattform trat, stürzte Raynar aufgeregt aus dem Turbolift. Schnaufend und mit hochrotem Kopf hastete er den langen Gang neben den Sitzreihen hinunter und versuchte, einen Platz in den vorderen Reihen zu finden. Er trug ein neues
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