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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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sagen«, erwiderte Dame Thilda. »Das Weib ist störrisch, du weißt es doch.«
    »Wie wäre es mit einem Brief von ihrer Hand, in dem sie alles erklärt ...«
    »Unsinn, das würde bedeuten, den Schreiber einzuweihen, und je weniger Leute davon wissen, um so besser wird es sein«, widersprach die Baronin.
    »Ysobel kann selbst die Feder führen«, verkündete Dame Volberte und schenkte ihrer Herrin von dem Gewürzwein ein, der auf dem Kaminrost dampfte.
    »Ein Mädchen, das schreiben kann?« Dame Thilda wollte es nicht fassen. »Du musst dich täuschen!«
    Edelfräulein, die diese Kunst beherrschten, waren selten und gehörten normalerweise nur den höchsten Häusern an. Väter, die sich einen gelehrten Mönch leisten konnten, der ihren Töchtern den Gebrauch von Feder und Tinte beibrachte, waren in den vergangenen Jahren in der Bretagne selten geworden. Der Krieg forderte andere Tugenden von den Damen, die ihre Helden betrauerten.
    »Ich weiß, dass Ysobel schreiben kann. Sie haben damals darüber gesprochen, als sie ins Kloster geschickt wurde«, erinnerte sich die eifrige Volberte. »Sie war stets anwesend, wenn Gratien von den Mönchen und Lehrern unterrichtet wurde, die sein Vater auf die Burg holte. Damals dachten alle, dass sie bei so viel Klugheit und Bildung bestimmt einmal Äbtissin werden würde!«
    »Äbtissin! Was wohl sonst noch«, spottete die Dame de Locronan und trank einen Schluck des heißen Weines. »Warum nicht gleich Gräfin oder gar Herzogin? Eingebildet genug dafür wäre das dumme Stück! Oh, warum musste der Wolf von St. Cado nur dieses dumme Kloster überfallen? Und wenn er es schon getan hat, warum hat er sie nicht getötet?«
    »Ist es nicht genussvoller, dass es nun in Eurer Hand liegt, das Frauenzimmer für all den Ärger zu bestrafen, den es Euch gemacht hat?«
    Die alte und die junge Frau sahen sich in stummem Einverständnis an. Schließlich war es Mathilda de Locronan, die das schurkische Vorhaben weiter ausmalte.
    »Du meinst, man könnte sie dazu zwingen, Gratien einen solchen Brief zu schreiben? So dumm wird nicht einmal dieses Weibsbild sein. Man müsste sie vermutlich dazu zwingen. Aber wie? Folter, Gewalt oder Prügel hinterlassen Spuren, und derartige Male mindern ihren Wert. In der letzten Zeit hatten wir ohnehin Ärger, weil sie mit der Ware nicht mehr so zufrieden waren ...«
    »Aber sie ist sehr hellhäutig, und diese rotblonden Haare sind etwas Besonderes. Farben in dieser Reinheit findet man nicht alle Tage!«
    »Reinheit, pah!« Jedes Wort, das Ysobels Schönheit beschrieb, war ein weiterer Stich für Dame Thilda. »Trotzdem könntest du recht haben. Sie ist etwas Außergewöhnliches, und unsere Ausbeute für die nächste Lieferung ist eher erbärmlich. Mit ihrer Hilfe könnten wir Ärger vermeiden, und außerdem ist der nächste Neumond nicht mehr weit.«
    Dame Thilda betrachtete nachdenklich das kleine Häufchen der Silbernadeln, welches sich auf ihrer Handfläche angesammelt hatten. Ihre verdrossene Miene war dem zufriedenen Ausdruck einer Katze gewichen, die darauf wartet, dass ihre sichere Beute den ersten Fehler macht.
    »Wie bedauerlich, dass ich nicht dabei sein kann, wenn man sie auf den Block stellt und alle Welt sie angafft. Es wird ihrem Stolz nicht gefallen ...«, murmelte sie genüsslich.
    »Was soll das heißen: Die Männer sind noch nicht vollzählig? Ich denke, du hast jedem Trupp genau gesagt, wann und wo er marschieren soll?«
    Obwohl sich Paskal Cocherel, der selbst ernannte Herzog von St. Cado, die Mühe machte, in eisig kontrollierter Ruhe zu sprechen, hatte seine Stimme einen Unterton von Gefahr, der sogar seinen abgebrühten Hauptmann einen Schritt zurückweichen ließ.
    »Zum Henker, was weiß ich?«, erwiderte nun auch er aggressiv. »Woher soll ich wissen, was die Kerle aufhält? Ein jeder hat seine Befehle erhalten, und der Treffpunkt ist klar. Aber du weißt genau, dass sie nur eine viel versprechende Beute zu wittern brauchen, und schon ist ihnen das Hemd näher als der Mantel! Sie haben seit Wochen keine Beute mehr gemacht! Sie sind auf der Suche nach neuen Weibern, Wein und Silberzeug!«
    Beide Männer maßen sich mit wütenden Blicken. Der Wolf von St. Cado wusste, dass seine Befehlsgewalt auf dem Spiel stand. Die Rückschläge der letzten Monate hatten seinen getreuen Kampfgefährten erst verwundert, dann erbost und letztlich ins Zweifeln gebracht. Er konnte förmlich sehen, wie sich hinter der gedrungenen Stirn mit den

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