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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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sah sich um. Über der Lichtung lag ein erstickender Dunst von Menschen, Asche, Kochfeuern und Pferdedung. Die wenigen Frauen, welche die wild zusammengewürfelte Söldnerkompanie begleiteten, weil es nirgendwo ein anderes Unterkommen für sie gab, drückten sich neben dem Feuer zusammen und lauschten einer hakennasigen Frau im zerlumpten Kleid, die offensichtlich Interessantes zu erzählen hatte. Es war empfindlich kalt, und er ärgerte sich darüber, dass er dies als störend empfand. Die Unbequemlichkeiten eines Feldlagers gehörten zu seinem Leben, seit er denken konnte; dass sie ihm plötzlich zusetzten, ärgerte ihn.
    »Ich werde selbst dafür sorgen, dass Ihr in üblicher Qualität beliefert werdet«, wandte er sich dann wieder an seinen Begleiter. »Ich habe die Burg von Cado für den Moment aufgegeben und werde mein Hauptquartier in der Burg über dem Port Rhu aufschlagen. Dann ist es nicht mehr nötig, dass Ihr Euch in einsamen Buchten versteckt.«
    »Ihr geht zum Angriff über? Ist das klug?«, wagte der Maure einzuwenden.
    »Zerbrecht Euch nicht meinen Kopf«, versetzte Cocherel und knallte die Peitsche gegen die Stulpen seiner kniehohen Lederstiefel. »Unser Geschäft ist für die Nacht des Neumonds geplant, und dabei wird es bleiben. Gordien! «
    Das unerwartete Brüllen legte sich wie ein Bannfluch über das Lager. Die Gespräche brachen ab. Köpfe wandten sich den beiden Männern zu und schwenkten wieder zurück, als der stämmige Hauptmann dem Befehl nachkam.
    »Sorg dafür, dass unser Gast zu essen und zu trinken bekommt.« Cocherel deutete auf den Besucher. »Und dafür, dass ihm nichts passiert. Mich müsst Ihr entschuldigen, ich habe zu tun!«
    Er ging davon, ohne sich um die beiden zu kümmern, die ihm nachsahen. Sein prächtiger, pelzgefütterter Umhang bauschte sich über dem breiten Schwert an seiner Seite und betonte auf seltsame Weise die Schwerfälligkeit seines Schrittes.
    »Was ist mit ihm?«, fragte der Bote, ohne Gordien anzusehen.
    »Er wird alt. Er macht Fehler«, antwortete der Hauptmann mürrisch. »Seit er hinter diesem vermaledeiten Kreuz von Ys herjagt, klebt ihm das Pech an den Fersen. Es fehlt nicht mehr viel, und die Männer meutern ...«
    »Unter wessen Führung? Unter Eurer?«
    »Und wenn dem so wäre ...«
    »Es wäre schade, aus diesem Grunde ein gutes Geschäft zu verlieren. Die Ware aus Eurem Land kommt gut an, und man erwartet unser Schiff bereits.«
    Gordien war nicht besonders gewitzt, aber er erkannte ein Angebot, wenn es gemacht wurde. Allerdings blieb er vorsichtig. »Das hört sich gut an. Doch ein falsches Wort an der falschen Stelle, und Ihr erreicht die Sicherheit Eurer Planken nicht mehr, mein maurischer Freund!«
    »Ich bin Kapitän und Kaufmann, kein Ritter, der törichte Treueeide schwört. Was hat er vor? Will er Locronan brandschatzen?«
    Gordien ersparte sich jeden Spott, obwohl ihm die Art, wie der andere seine Profession als Piratenkapitän und Menschenhändler verharmloste, zum Grinsen brachte. »Das weniger. Er benötigt ein Hauptquartier, das ihm im Falle einer Niederlage eine Fluchtmöglichkeit über das Meer bietet. Aber es ist das erste Mal, dass er einen solchen Gedanken überhaupt in Erwägung zieht.«
    »Wird der Seigneur dieser Burg damit einverstanden sein? Es ist eine Sache, mit St. Cado Geschäfte zu machen, aber eine andere, die Macht im eigenen Hause abzutreten.«
    »Kümmert Euch nicht um den Seigneur von Locronan, er ist ein harmloser Narr. Die Geschäfte, von denen Ihr sprecht, werden von seiner Frau getätigt. Eine wahre Hexe, böse, hässlich, aber sehr geschäftstüchtig.«
    Gordien deutete mit dem Daumen auf die Kochfeuer. »Kommt mit. Der Wolf hat selbst im Rücken Augen, und er wird sich fragen, was wir zu bereden haben! Es ist nicht gut, ihn auf dumme Gedanken zu bringen.«
    »Ihr fürchtet ihn?«
    Noch eine von diesen Fangfragen, bei denen es darum ging, die künftige Macht abzuschätzen. Gordien brummte. »Ich wäre ein Narr, ihn ausgerechnet jetzt zu reizen, findet Ihr nicht auch?«
    1  Vgl. »Oliviane – Der Saphir der Göttin« von Marie Cordonnier, Band 18232.

6. Kapitel
    Die Unverfrorenheit, mit der Jos nach ihrem Zopf griff und das dünne Lederbändchen löste, das die kupferfarbene Flut unter Kontrolle hielt, ernüchterte Ysobel mehr als jedes falsche Wort. Sie hatte seine Umarmung, seine Zärtlichkeiten geduldet, aber der Versuch, ihr Haar zu lösen, brachte sie mit einem Schlag in die Wirklichkeit zurück. Die

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