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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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der nach Quimper unterwegs war. Wie Ihr seht, konnte ich mich in Sicherheit bringen.«
    »Und was hatte dich zuvor in die Gegend der Schlacht verschlagen?«, forschte Jos, der mit jedem Stück dieser Geschichte wissbegieriger wurde.
    »Meine Familie hat mich dorthin geschickt. Ich hatte keine Wahl«, entgegnete Ysobel knapp. Ihr Ton besagte, dass sie keine weiteren Fragen beantworten würde. Sie rieb sich geistesabwesend die Oberarme, sie fror noch immer schrecklich. Aber vielleicht war es auch die Folge der grässlichen Bilder, die sie gegen ihren Willen heraufbeschworen hatte.
    »Das ist natürlich eine äußerst aufschlussreiche Erklärung«, murmelte er gereizt und gab es auf, weiter in sie zu dringen. Er hatte bereits gelernt, dass sie ihre eigenen Geheimnisse wahrte. »Und wie stehen die Dinge mit dem heutigen Abend? Warum verdammt noch mal bist du nicht in der Burg geblieben?«
    »Weil ich Euch gesucht habe«, verteidigte sich Ysobel empört. »Denkt Ihr, ich laufe aus purem Vergnügen mitten in der Nacht zu Eurem Quartier und streite mich mit dieser üppigen Witwe herum, die Euer Lager teilt?«
    »Bei Gott, du sorgst dafür, dass ich keine ruhige Minute mehr habe«, knirschte Jos mit den Zähnen. »Anna teilt nicht mein Lager, dass du’s weißt! Sie gibt mir Herberge, das ist alles!«
    »Meinetwegen«, räumte Ysobel mit mehr Gleichgültigkeit ein, als sie empfand. »Aber hört mich an. Ich benötige Eure Hilfe!«
    Mit allem hatte Jos gerechnet, aber damit nicht. »Meine Hilfe? Du fandest weder mein Eingreifen im Dorf noch mein ehrliches Mitgefühl so viel wert, dass dir ein Wort des Dankes entkommen wäre. Warum sollte ich noch mehr für dich tun?«
    »Kümmern Euch die Verbrechen nicht mehr, die in der Burg begangen werden?«, staunte Ysobel verblüfft. »Ich dachte, sie seien der Grund für Eure Anwesenheit bei uns!«
    »Was ... verdammt! O Gott!«
    Jos de Comper fuhr sich mit allen zehn Fingern durch die dichten Haare und tat einen tiefen Atemzug. Dieses Mädchen brachte ihn fürwahr total durcheinander. Er hatte tatsächlich für eine kurze Zeitspanne seinen Auftrag und alles, was damit zusammenhing, vergessen! Wo sollte das noch hinführen?
    »Nun gut«, erwiderte er. »Was ist geschehen?«
    Ysobel berichtete so knapp wie möglich, was sich am Abend ereignet hatte, und fasste die Lage zusammen. »Ihr müsst dieses Siegel an Euch bringen!«
    Im schwachen Licht der Laterne konnte sie sehen, dass er nickte. »Du hast recht. Die Frage ist nur, wie komme ich ungesehen in die Burg und wie finde ich diese Truhe? Wenn ich dich richtig verstehe, drängt die Zeit, denn es scheint, dass auch deine Sicherheit in Gefahr ist.«
    »Kümmert Euch nicht um mich«, wehrte Ysobel ab und deutete mit einer kleinen Bewegung ihres Kinns tiefer in die Höhle. »Das beste wird sein, wenn Ihr im Schutze der Nacht mit mir kommt. Ihr müsst Euch bis zum Tagesanbruch verbergen, denn Dame Thilda verlässt die Kemenate erst im Laufe des Vormittags.«
    »Aber das Burgtor ist bei Nacht geschlossen. Wie hast du das Gemäuer überhaupt verlassen können?«
    Ysobel zögerte, die Geheimnisse von Locronan einem Fremden zu verraten, aber es blieb ihr nichts anderes übrig. »Es gibt einen geheimen Zugang zur Festung, und er beginnt in dieser Höhle ...«
    »Zum ...« Dieses Mal behielt Jos de Comper die Einzelheiten seines drastischen Fluches für sich. »Willst du damit sagen, ich habe die Lösung meines größten Problems ständig vor Augen gehabt, ohne sie zu sehen?«
    »Es gibt nur wenige Menschen, die diese Gänge kennen«, wich Ysobel der direkten Antwort aus. »Wollt Ihr mir folgen, oder müsst Ihr erst der Witwe Kennec eine Nachricht geben, dass Ihr sie ...«
    »Hat dir schon einmal ein Mensch gesagt, dass du das nervenaufreibendste, streitsüchtigste Geschöpf unter der Sonne dieses Landes bist?«
    Ysobel dachte an Mutter Elissa und nickte stumm. Sie tauchte mit der Sicherheit eines Menschen, der jeden Stein kennt, in die Finsternis des Felslabyrinthes, an dem Jos de Comper bisher gescheitert war. Wie ein Spinnennetz hatte das Meer im jahrtausendealten Kampf mit den Gezeiten die Felsen ausgehöhlt und geformt. Natürliche Gegebenheiten, wie geschaffen dazu, von einem klugen Baumeister ausgenutzt zu werden.
    Jos hatte geahnt, dass da etwas sein musste, aber nie die kleinste Spur davon gefunden. Er nahm die Laterne auf und folgte Ysobel.

9. Kapitel
    Gratien de Locronan erhob sich mit einem schweren Stöhnen aus den Polstern seines

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