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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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blieb neben der Tür stehen, als hätte sie kein Wort gehört. Staunend glitten ihre Augen über die seidenen Wandbehänge, die rosafarbene Bespannung des Betthimmels und die schweren Samtvorhänge am Alkoven. Eine Fülle dicker Honigwachskerzen beleuchtete die Pracht bis in den letzten Winkel.
    Der Raum erinnerte sie an die Schmuckschatulle ihrer verstorbenen Mutter. Glanz und Farben, von Seide und Samt gefasst und mit Gold bestickt. Sogar die vielarmigen Leuchter waren aus getriebenem Silber, und über dem Alkoven lag eine braunschimmernde, riesengroße Pelzdecke. Sie hatte nicht geahnt, dass es soviel Luxus geben konnte. Im Gegensatz zu Dame Thildas Ehrendamen hatte sie dieses Zimmer nie betreten.
    Es mutete sie geradezu absurd an, dass ausgerechnet ein so ungehobelter Verbrecher wie Paskal Cocherel hier schlafen wollte. Er passte in diesen femininen, exquisiten Raum, wie ... Ja, genauso wenig wie sie selbst. Die eine schmutzig von Kopf bis Fuß, und der andere mit der schwärzesten Seele, die es im ganzen Königreich Frankreich gab.
    »Hast du nicht gehört?« Gordien stand auf und kam bedrohlich näher.
    Ysobel schob sich unmerklich zur Seite und suchte einen Fluchtweg. Doch es gab nur noch die schmale Pforte zur Badekammer und zum Abtritt. Eine Sackgasse, die sie nur um so sicherer in die Gewalt dieses feisten Grobians gebracht hätte, der sich daran erfreute, wehrlose Frauen in Panik zu versetzen.
    »Lass mich in Frieden!«, fauchte sie und bereute diesen Temperamentsausbruch augenblicklich. Gordien verschonte zwar ihr Kinn, aber dafür verpasste er ihr eine Ohrfeige, die alle Sterne der Nacht vor ihren Augen explodieren ließ. Es dauerte geraume Zeit, bis sie sich wieder von dem glatten, mit wohlriechenden Kräutern bedeckten Holzboden aufrappeln konnte.
    »Das war dir hoffentlich eine Lehre!« Er stand mit verschränkten Armen vor ihr und wartete, bis sie wieder auf den Beinen war. »Ich schätze meine Liebchen gehorsam und stumm!«
    Ysobel sah den Griff kommen und warf sich zur Seite. Statt ihrer Haare erwischte Gordien nur das Mieder. Der mürbe, fadenscheinige Stoff riss unter seinen Fingern. Zwischen Schnüren und Stoff fiel ein kleines Bündel schwer zu Boden, während sie gleichzeitig versuchte, es zu halten, ihre bloßen Brüste zu bedecken und sich in Sicherheit zu bringen.
    »Was haben wir denn da?«
    Mit einer Schnelligkeit, die ihm Ysobel nicht zugetraut hätte, brachte Gordien den Gegenstand an sich und schlug das Tuch auseinander. Als er das Kreuz erblickte, warf er es mit einem Aufschrei abergläubischen Entsetzens weit von sich. Es zog einen goldenen Bogen durch die Luft und blieb mitten auf dem Pelz liegen. Im Schein der zahllosen Kerzen sprühte der riesige Diamant in seiner Mitte einen Regen kristallklarer Funken gegen die Vorhänge des Alkovens und die geschnitzten Holzbalken der Decke.
    Jetzt war es Gordien, der gegen die Tür zurückwich und fassungslos auf Ysobel sah, die verzweifelt mit den Fetzen ihres Gewandes kämpfte.
    »Hexe!«, stammelte er und streckte die Handflächen abwehrend von sich, als fürchtete er plötzlich, sie zu berühren. »Ich hätte nicht gedacht, dass das Teufelsding wirklich existiert!«
    »Was zum ...«
    Keiner von beiden hatte den Herzog von St. Cado bemerkt, der unter dem Türbogen stand und seinerseits auf das Kleinod starrte. Er fasste sich als erster. Mit drei Schritten war er am Alkoven, riss das Kreuz in seine Hand und presste es mit einem Ausdruck der Verzückung gegen seine Brust. Ein Ausdruck, der Ysobel mehr erschreckte als jede Grausamkeit zuvor. Dieser Mann war nicht bei Trost! Ein Wahnsinniger!
    »Das Kreuz von Ys!«, murmelte er mit belegter Stimme. »Ich wusste, dass ich es am Ende besitzen würde! Das Schicksal hat endlich entschieden! Ich wusste, dass ich schließlich siegen würde!«
    Der Jubel in seiner Stimme riss Ysobel endlich aus ihrem Schock. Sie sagte das nächstbeste, was ihr in den Sinn kam. Vielleicht, weil das prächtige dunkle Violett seines Wamses durch die vier Löcher schien, wo die anderen Sterne von Armor geprangt hatten.
    »Ihr könnt es tragen, aber es hat seine Magie längst verloren. Solange die Perle, der Jade-Stern, der Saphir und der Rubin fehlen, ist es nichts als ein goldenes Kreuz unter vielen. Werdet glücklich damit, wenn Euch die armen Seelen, die Ihr bei der Jagd danach vernichtet habt, in Ruhe schlafen lassen!«, behauptete sie verächtlich.
    »Natürlich, eine Betschwester wie die anderen auch«, höhnte der

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