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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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verlangt hat, Euch zu begegnen.«
    Die Worte prasselten wie Schläge auf Ysobel herab. Sie war ungepflegt, schlammbedeckt, zerzaust und in einem Zustand, der Mutter Elissa vermutlich in die erste Ohnmacht ihres Lebens getrieben hätte. Kein Mensch konnte begeistert darüber sein, sie zu sehen. Erst recht nicht dieser schreckliche Söldner, der sie betrachtete wie ein Raubtier seine Beute.
    »Ihr seid mir einen Schritt voraus«, erwiderte sie mit angestrengter Stimme und mühte sich um Haltung. Sie ahnte nicht, wie sehr sie damit ihre schäbige Erscheinung Lügen strafte. »Ich kenne Euren Namen nicht.«
    Was erhoffte sie sich von der Provokation? Dass er in Abrede stellte, was sie längst vermutete? Es war nur ein Geplänkel, das ihr Zeit schenken sollte, ihre Gedanken zu sammeln. Sich zu wappnen für den Kampf, der ihr zweifellos bevorstand. Die bittere Enttäuschung darüber zu unterdrücken, dass sie aus eigenem Leichtsinn in seine Falle gestolpert war.
    »Du sprichst mit seiner Gnaden, dem Herzog von St. Cado.« Gordien spielte den Hofmarschall, während er sich mit seinem Dolch die Fingernägel vom gröbsten Schlamm säuberte. Vermutlich sollte die Waffe sie erschrecken, aber sie weckte nur Ysobels Kampfgeist.
    »Wie erfreulich«, säuselte sie in ebenso falscher Höflichkeit. »Ich dachte schon, er sei der abscheuliche Mordbrenner Paskal Cocherel!«
    Gordien wog seinen Dolch auffordernd in der Hand, aber der Herzog schüttelte unmerklich den Kopf. Sein Urteil über Ysobel de Locronan stand längst fest. Ein Glück, dass sie nicht der Burgherr war, sonst hätte er sich vermutlich eine andere Bucht für seine verbrecherischen Geschäfte suchen müssen. Er erkannte, welch starken Charakter sie hatte.
    »Schaff sie in die Kammer, in der ich logiere. Ich komme nach, sobald ich die Wachen kontrolliert habe!«, bellte er Gordien an und stapfte von dannen.
    Ysobel hatte das Gefühl, seine wuchtigen Schritte würden sogar den Steinboden der alten Halle von Locronan zum Schwingen bringen. Heilige Anna, was hatte er vor? Weshalb sollte man sie in sein Logis schleppen?
    Die Folgerung, die sich ihr aufdrängte, war so abscheulich, dass sie spürte, wie ihr das Blut in die Stirn stieg. Sie hatte viel zu viel über Männer, Söldner und Begierden erfahren. Niemals würde sie sich von diesem Scheusal berühren lassen! Ausgeschlossen!
    »Und wie willst du das verhindern? Hast du schon vergessen, wie schwach und erbärmlich eine Frau ist, wenn sie mit Brutalität und roher Gewalt gezwungen wird? Hast du die Prügel, die Fesseln, die Demütigungen, die Qual schon vergessen...?« Sie versuchte, die hartnäckige innere Stimme zu ignorieren. Sie unterhöhlte ihre eigene Unerschrockenheit, dabei hatte sie die dringender denn je nötig.
    Ihr Blick wanderte zu Gordien und dem Dolch, den er noch immer in der Hand hielt. Und wenn es ihr gelang, die Waffe an sich zu bringen? Was wollte sie damit tun? Cocherel töten oder sich selbst? Und dann war da noch das Kreuz, dessen Umriss sie hart in ihrem Mieder fühlte. Wie sollte sie es vor diesen Männern in Sicherheit bringen?
    »Nun komm schon, Herzchen!« Gordien packte sie am Oberarm und presste ihn so hart zusammen, dass ihr unwillkürlich ein Schmerzenslaut entfloh.
    »So ist’s recht, ich hab’s gern, wenn die Mädchen jammern!« Er grinste und hüllte sie von neuem in die scharfen Zwiebelwolken seines Atems.
    »Ich kann selber gehen«, murmelte sie heiser, aber der Griff lockerte sich kein bisschen.
    Sie senkte den Blick und sah auf das Stroh, ihre schlammigen Röcke und die schmutzigen grauen Füße, die darunter hervorschauten. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann sie sich zum letzten Male wirklich sauber und ordentlich gefühlt hatte. Aber das sollte im Augenblick ihre geringste Sorge sein! Womöglich stießen den obersten Befehlshaber dieses schrecklichen Haufens die gräulichen Dreckschichten ab, dann sollten sie ihr sogar willkommen sein.
    Paskal Cocherel hatte sein persönliches Hauptquartier in der luxuriösen Kemenate der Burgherrin aufgeschlagen. Gordien stieß sie rücksichtslos in den Raum hinein und schloss die Tür. Danach sank er ächzend in einen gepolsterten Stuhl neben dem Kaminfeuer.
    »Ich lass’ dich besser nicht aus den Augen, Herzchen!«, meinte er niederträchtig. »Es würde den Chef ärgern, wenn du dich irgendwie in Luft auflöst. Außerdem können wir uns ja gerne gemeinsam die Zeit vertreiben. Komm her! Sei ein wenig nett zu mir!«
    Ysobel

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