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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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war ganz in Schwarz gekleidet, und seine schwarze Rüstung glänzte gefährlich und matt im ersten Licht. Allerdings hatte er auf den Helm verzichtet und seine dunklen, kurzgeschorenen schwarzen Locken verrieten ihn ebenso wie die dichten Brauen und die höllisch schwarzen Augen.
    Paskal Cocherel verengte die Augen, während er an Ysobel vorbei nach unten starrte und einen Fluch knirschte.
    »Der Schwarze Landry!«, keuchte der Söldner in fassungsloser Verblüffung. »Zum Donner, wie kommt der unter die Ritter Montforts?«
    »Idiot!«, knurrte sein Anführer. Als Meister des Verrats wusste er die Zeichen zu deuten. »Weil er einer ist! Er hat uns betrogen, dieser niederträchtige Kerl. Er war der Spion, der uns verraten hat!«
    »Lass das Mädchen in Frieden!«, rief Hervé de Saint Croix zu den Wällen empor. »Hast du es nötig, dich hinter einem Weiberrock zu verstecken, damit du nicht kämpfen musst, alter Wolf? Ich habe dich mutiger in Erinnerung! Bist du gebrechlich und feige geworden, seit ich dich verlassen habe?«
    Diese Provokation entlockte dem Mann auf den Zinnen einen weiteren Fluch. »Schwatzen war schon immer deine Stärke, Landry! Wir sehen uns in der Hölle, Verräter!«
    Der silberne Dolch hob sich zum Stich, und Jean de Montfort warf die Hand nach oben. Der Hornstoß des Herolds verkündete laut und deutlich die Entscheidung. Die Pferde ritten an und Paskal Cocherel fixierte sein Opfer. »Das ist dein Todesurteil, Ysobel de Locronan!«
    Ysobels vermeintliche Ruhe explodierte in einem jähen Ausbruch ihrer letzten Kräfte. Mit einem leisen Aufschrei riss sie die gefesselten Hände hoch. Was der Söldnerführer indes für Abwehr hielt, war der verzweifelte Griff nach dem Kreuz von Ys, dessen Anblick auf seiner Brust sie nicht länger ertrug. Die goldene Kette zog sich stramm und brachte Cocherel für einen Moment aus der Fassung. Sein Dolch zögerte, und exakt in diesem Moment warf sich einer der wartenden Bogenschützen zwischen das Mädchen und seinen Mörder.
    Ysobel glaubte zu träumen. Sie sah das Leuchten meerblauer Augen unter einer verschmutzen Kappe, das Aufblitzen kräftiger, weißer Zähne. Der Ruck ihrer Fäuste war zu viel für die strapazierte Goldkette um den stämmigen Hals des Herzogs von St. Cado. Der Verschluss riss auf, und Ysobel taumelte zurück gegen die gemauerte Zinne. Der Stoß war so heftig, dass sie die Kontrolle über sich verlor und zur Seite wankte. Aber da war kein Hindernis mehr, kein Halt! Nur freier Raum und ein seltsamer, unaufhaltsamer Sog nach hinten, dem sie keinen Einhalt gebieten konnte.
    Sie stolperte, verlor den Halt, und obwohl sich alles innerhalb von wenigen Wimpernschlägen abspielte, sah sie im Zurückfallen die beiden Männer in ihren mörderischen Kampf um Leben und Tod verwickelt. Zustoßende Messer, verzerrte Gesichter und blindwütige Gewalt. Dann drehte sich die Welt vor ihren Augen. Sie schaute in den blaßblauen, unendlich klaren Morgenhimmel und schien zu schweben. Das Kreuz in ihren erhobenen Händen beschrieb einen funkelnden Bogen, dann spürte sie den Schlag.
    Ein grausamer Hieb mitten in ihren Rücken löschte jedes Begreifen aus. In blitzhafter Erkenntnis sagte sie sich, dass dies der Tod sein musste. Das Ende aller Qualen, aber auch das Ende aller Liebe! Tief in ihr bäumte sich etwas in leidenschaftlicher Gewalt dagegen auf, schrie mit aller Kraft und aller Hingabe nach Jos de Comper, aber dann war es auch schon vorbei.
    Die stürzende Gestalt mit den wehenden Haaren vor Augen, kannte Jos de Comper nur noch ein Ziel: Rache! Den Tod des Mannes, der all dies verschuldet und ihn um jedes Ziel in seinem Leben betrogen hatte. Der Schmerz ließ ihn über sich selbst hinauswachsen und zu einer Kraft und einer Schnelligkeit finden, die jene des alternden Söldnerführers bei weitem überstieg.
    Fassungslos starrte Paskal Cocherel auf den schlichten Silberdolch mit dem ziselierten Griff, der mit einem Male starr und fremd aus seiner Brust ragte. Es war weniger die todbringende Wunde als die völlige Verblüffung, die ihn innehalten ließ. Seine Augen weiteten sich, und das letzte, was er in seinem Leben sah, ehe er zu Boden sank, war ein hartes, verzerrtes Männerantlitz von zeitloser Schönheit.
    »Verdammter Hund! Wer bist du?«
    Der blindwütige Aufschrei Gordiens drang über die Zinnen nach unten, und Jos de Comper konnte im letzten Moment das mächtige Schwert des toten Söldnerführers an sich bringen, um den Angriff seines Hauptmannes zu

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