Yvonne Lindsay
zur Exhumierung. Und von der Gottesdienstordnung! Das sollte eine Trauerfeier für Marise sein und kein Medienereignis.“
Sie ließ sich in ihren Sitz zurücksinken und starrte aus dem Fenster. Bewusst vermied sie es, Matt länger anzusehen. Denn sie konnte sich nicht des Verdachts erwehren, dass er hinter der ganzen Sache steckte. Zwar hasste er die Medien, aber in den letzten Monaten hatte sie immer wieder feststellen müssen, dass er die Presse durchaus zu seinen Zwecken einsetzte. Irgendetwas ging hier vor, und sie würde schon noch herausfinden, was.
Inzwischen hatte Blake keine Lust mehr, die Wagen hinter ihnen zu beobachten, und war auf den Schoß des Vaters geklettert. Als Rachel einen Blick auf die beiden warf, fühlte sie einen schmerzlichen Stich. Sie wusste, sie sollte nicht so empfinden, denn es war doch ihr eigenes Bestreben gewesen, Vater und Sohn zusammenzuführen. Aber sie konnte nichts dagegen tun, sie fühlte sich ausgeschlossen und einsam. Wie eine Fremde. Und genau das war sie ja auch, sagte sie sich. In Matts Leben gab es keinen Platz für sie, weder an seiner Seite noch in seinem Bett oder sonst wo. Ihr war es wichtig gewesen, dass er ein vertrautes Verhältnis zu Blake entwickelte, und ihre Bemühungen hatten Erfolg gehabt. Deshalb wurde es Zeit, dass sie sich bald von den beiden löste. Sie brauchten sie nicht mehr. Und nach dem Gefühlswirrwarr im letzten Monat war es sicher besser, dass sie sich von Matt und seinem Sohn trennte und ihr eigenes Leben wieder aufnahm.
Als sie sich dem großen Tor näherten, das auf den Friedhof führte, konnte Rachel schon von Weitem eine große Menschentraube sehen, offenbar Reporter, die die Straße säumten und immer wieder von den Sicherheitsbeamten zur Seite gedrängt werden mussten, damit die Wagen passieren konnten. Einige lokale TV-Stationen hatten sogar Hubschrauber geschickt, die über dem Friedhof kreisten.
Es war widerlich. Rachel warf Matt einen empörten Blick zu.
„Ich weiß, was du sagen willst.“ Er strich sich mit einer müden Geste das Haar aus dem Gesicht. „Aber ich kann auch nichts daran ändern. Auf alle Fälle haben sie keinen Zugang zu der Grabstelle, dafür ist gesorgt.“
Plötzlich tat er ihr leid. Auch wenn er und Marise sich schon länger entfremdet hatten, so musste es doch bitter für ihn sein, sie noch ein zweites Mal zu begraben.
Das Familiengrabmal lag vor ihnen. Der Wagen hielt, und Rachel fröstelte, als der Fahrer ihr die Tür öffnete und sie dem kalten Wind ausgesetzt war. Matt und Blake stiegen auf der anderen Seite aus. Beide hatten den gleichen
anthrazitfarbenen Anzug an.
„Soll ich dir Blake abnehmen?“, fragte sie leise.
„Nein, danke, ich kümmere mich um ihn.“
Jarrod, Briana und ihr Vater Ray stiegen aus dem nächsten Wagen aus und kamen auf Matt und Rachel zu. Ray sah blass und elend aus. Die letzten sechs Monate waren auch für ihn nicht einfach gewesen.
Während sie einen Blick auf die Hubschrauber warf, schüttelte Briana schmerzlich lächelnd den Kopf. „Marise wäre begeistert“, sagte sie leise. Sofort legte Jarrod den Arm um sie und zog sie zärtlich an sich. Die liebevolle Geste schien sie zu trösten, sie sah ihn dankbar an.
Rachel, die das beobachtethatte, fühlte wieder diesen Stich im Herzen und trat mit gesenktem Kopf ein paar Schritte zurück. Wieder fühlte sie sich allein und ausgeschlossen. Nicht nur, weil sie nicht zur Familie gehörte, sondern auch, weil jeder hier einen Partner hatte. Kim, blass und trotzdem klassisch schön, hatte sich bei ihrem Mann Ric Perrini eingehängt. Ryan hielt seine schwangere Frau Jessica fest an sich gedrückt. Jake Vance war mit seiner Verlobten Holly McLeod da. Und selbst Sonya Hammond, die Tante von Matt und Jarrod, war mit Garth Buick gekommen, Ho-ward Blackstones ältestem Freund.
Der Beerdigungsunternehmer machte eine auffordernde Handbewegung, und die sechs Männer Ray, Ric, Ryan, Jarrod, Jake und Garth traten vor und hoben den Sarg an. Die Trauergemeinde folgte ihnen zu der frisch ausgehobenen Grabstelle.
Obgleich die Familien keine offizielle Erklärung abgegeben hatten, hatte die Presse sehr schnell Wind von der Sache bekommen. Und sehr bald hatte man eins und eins zusammengezählt und titelte in riesigen Überschriften „Blackstones uneheliche Tochter“ und „wieder aufgetauchtes Kind des Diamantenmoguls“.
Ohne eine Miene zu verziehen, hatte Matt die Zeitungen gelesen, aber Rachel hatte gehört, wie Ryan Matt statt einer
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