Zaduks Schädel
den Kopf. »Wir schaffen es nicht!« röchelte sie. »Nein, wir können es nicht schaffen. Er ist zu stark.«
Auch ich streckte die Arme vor. Unsere Handflächen berührten sich. Ich merkte ihr Zittern, und zugleich taten wir das Richtige, als wir Zugriffen.
»Festhalten!« keuchte ich.
Es war eine fast lächerliche Hoffnung, denn ich schaffte es nicht, die unbekannte Frau aus dieser Masse zu zerren.
Im Gegenteil, wir sanken beide tiefer.
Was half? Das Aktivieren des Kreuzes? Sollte ich die Formel rufen?
Richtete sie gegen die atlantische Magie überhaupt etwas aus?
Es kam auf den Versuch an. Bisher hatte mein Kreuz nicht reagiert. Das Schicksal allerdings hatte seine Weichen anders gestellt. Während wir uns noch festklammerten, die Frau herzzerreißend jammerte und zwischendurch Gebete sprach, vernahm ich ein anderes Geräusch. Ein widerlich klingendes Schmatzen, als wäre irgend etwas dabei, sich auseinanderzudrücken.
Ich starrte in die Finsternis, denn die Lampe hatte ich mittlerweile weggesteckt.
In der Ecke bewegte sich ein Gegenstand, der bisher zusammengerollt dagelegen hatte.
Es war die Zunge!
Gleichzeitig klappte der Schädel auf. Von der Bühne her fiel Helligkeit in den Schlund.
Noch immer auf der Stelle stehend und weiter leicht einsinkend, drehte ich den Kopf.
Suko war da, hatte die Beretta gezogen, aber die Zunge war schneller als mein Freund.
Eine Warnung konnte ich ihm nicht mehr zurufen, denn sie raste aus dem Maul und umklammerte ihn wie eine Fessel…
***
Auch Suko erlebte diesen absoluten Horror innerhalb weniger Sekunden, als er die Härte der verfluchten Zunge spürte, die seinen Körper wie ein scharfes Stahlband umwickelte.
Zwar hatte er die Hände frei, nur konnte er durch sie den Griff nicht lösen.
Die Hüfte war und blieb gefesselt…
Suko arbeitete verbissen, während die Zunge ihn über den Boden schleifte und auf das offene Maul zuzerrte.
Der Italiener sprang hin und entriß ihm die Beretta. Als Suko nach ihm schlug, drehte Cabrini ab, zielte jedoch auf den Kopf des Chinesen, wobei sein Finger den Abzug umklammerte.
»Jetzt zerschieße ich dir den Schädel!«
»Non!« brüllte Yves dazwischen. »Laß es den Schädel machen! Wir haben ihm Opfer versprochen, er soll sie bekommen!«
Cabrini nickte, ließ wieder von Suko ab, der es einfach nicht schaffte, stärker zu sein als die Zunge.
Aber er verfiel nicht in Panik. Die beiden Männer schauten kalt grinsend zu, auch dann noch, als Suko seine Hand unter die Jacke verschwinden ließ und die Finger um den Gegenstand krallte, der wie ein braungrüner, völlig harmloser Stab aussah, es aber in sich hatte. Wenn Suko ein bestimmtes Wort rief, dann sorgte er dafür, daß die Zeit für fünf Sekunden angehalten wurde.
Jede sich in Rufweite befindliche Person erstarrte, konnte sich nicht mehr rühren.
Diese Magie half dem Träger des Stabs nicht allein bei menschlichen Gegnern, auch Dämonen waren davor nicht gefeit, und Suko hoffte stark, daß selbst Zaduks Schädel nicht stärker war. Die halbe Strecke hatte er bereits zurückgelegt, als seine Finger den Stab berührten und er das eine Wort schrie.
»Topar!«
Es war wie ein Wunder. Suko spürte noch den Ruck, aber er wurde nicht mehr gezogen. Alles war erstarrt.
Die beiden Männer, die Zunge, John Sinclair und die Frau innerhalb des Schädels, nur Suko selbst konnte sich bewegen. Ihm blieben nur die fünf Sekunden, um sich zu befreien.
Zum Leben zu wenig, zum Sterben zuviel.
Er kämpfte verbissen. Seine karategestählten Finger schoben sich zwischen seine Kleidung und den breiten roten Zungenstreifen. Er wühlte wie ein Berserker, hatte das Gefühl, seine Finger würden dabei auseinanderbrechen, keuchte, schrie, achtete nicht auf den Schweiß, der bitter in seine Augen rann und merkte dann, daß sich die Zunge bewegte und er dies ebenfalls schaffte.
Der Inspektor war frei!
Auf dem Bühnenboden rollte er sich herum. In dem Augenblick waren die fünf Sekunden vorbei. Alles lief normal ab.
Und auch die verdammte Zunge bewegte sich. Nur ohne Beute, sie zuckte zurück und damit dem offenen Maul entgegen. Cabrini brüllte fürchterlich, als er sah, daß sich Suko bewegen konnte.
»Reingelegt hat er uns!« Er streckte den Arm aus. Die Beretta zielte gegen den Inspektor…
***
So schnell Suko auch war, einer Kugel aus dieser kurzen Distanz konnte er nicht entwischen.
Das wußte er, das wußte auch ich, und Sukos Magen zog sich schmerzlich zusammen.
Noch steckte
Weitere Kostenlose Bücher