Zähl nicht die Stunden
hinhielt,
entgegennehmen , doch ihre Hand zitterte so sehr , dass Jake das Glas nicht loslassen konnte. Sie nippte behutsam daran und schluckte
vorsichtig. »Mir geht es gut«, sagte sie langsam nach einer kleinen Ewigkeit. Doch so sah sie nicht aus, dachte Jake. Sie wirkte erregt und verängstigt, in ihren Augen der Blick einer Frau, die sich einem
potenziellen Angreifer gegenüber sah.
»Möchtest du gehen?«
Sie nickte wortlos.
Der Kellner kam mit ihrem Essen. »Ich fürchte, wir können nicht
bleiben.« Jake warf einen Hundert-Dollar-Schein auf den Teller mit dampfenden Ravioli, half Mattie auf und führte sie, verfolgt vom
perplexen Blick des sprachlosen Kellners, eilig zum Ausgang.
»Jake.. .Jake!« Jake erkannte die Stimme seiner im Chor nach ihm
rufenden Partner und hörte ihre Schritte in seinem Rücken , als er dem Empfangskellner seinen Garderobenschein gab. »Sie wollten doch
bestimmt nicht gehen , ohne an unseren Tisch zu kommen und Hallo zu sagen.«
Jake drehte sich zu den beiden Tweedles um , besser bekannt als Dave Corber und Alan Peters. »Tut mir Leid. Meine Frau fühlt sich nicht besonders wohl.«
Die beiden Männer musterten Mattie argwöhnisch. Jake vermutete , dass sie sich an ihren berüchtigten Ausbruch im Gerichtssaal im
vergangenen Herbst und die seither in der Kanzlei kursierenden
Gerüchte über den Zustand seiner Ehe erinnerten. »Ich glaube nicht , dass wir schon das Vergnügen hatten.« Dave Corber packte Matties
Hand , noch während sie sie mühsam durch den Ärmel ihres Mantels schob.
Mattie lächelte matt. »Ma-Mor-Mana-«
»Verzeihung. Ich habe Sie nicht verstanden.«
»Wir müssen jetzt wirklich gehen« , sagte Jake , legte den Arm um Mattie und spürte, wie sie unter ihrem schweren Wollmantel zitterte, als er sie zur Tür schob.
»Das kleine Frauchen hat also ein großes Problem mit dem Alkohol«,
hörte Jake Alan Peters gerade noch laut genug flüstern.
Bevor er sich zurückhalten konnte, bevor er auch nur begriffen hatte, was er tat, fuhr Jake herum, packte seinen überraschten Partner am Kragen, hob ihn von seinen kurzen Beinen und beobachtete, wie die
blassen Augen des Mannes in Todesangst hervorquollen, während sein
rundes Gesicht vom plötzlichen Sauerstoffmangel rot anlief. »Was haben Sie gesagt?«, wollte Jake wissen , während die Gäste in seiner Nähe den Atem anhielten oder von ihren Plätzen aufsprangen. »Hast du eine
Ahnung, was für ein unglaublicher Schwachkopf du bist? Ich bring dich um, du blöder Wichser!«
»Hilfe! Hilfe!«, krächzte Alan Peters panisch.
»Jake, was machen Sie? Lassen Sie ihn um Himmels willen los«, brüllte Dave Corber.
»Irgendjemand soll die Polizei rufen.«
Jake spürte Hände auf seinem Rücken , an seinen Seiten und Armen , die alle miteinander versuchten , seinen Griff um den kurzen gedrungenen Hals von Alan Peters zu lösen.
»Er kriegt keine Luft , Jake. Lassen Sie ihn los. Was haben Sie denn vor?« , wollte Dave Corber wissen, sein Gesicht mittlerweile beinahe so rot wie das seines Partners.
Und dann hörte er sie, ihre Stimme, die sich erst leise und unsicher , dann klarer und fester über den Tumult erhob. »Jake« , flehte Mattie. »Jake, lass ihn los. Bitte lass ihn los.« Sofort löste Jake seinen Griff um den Hals des Mannes und sah zu , wie er nach Luft ringend auf den Boden sackte.
Ohne das fortgesetzte Gekreische der Tweedle-Gattinnen und die
erstaunten Rufe der diversen Zuschauer zu beachten , drehte Jake sich um , nahm Mattie in den Arm und drängte mit ihr aus dem Restaurant hinaus in die Dunkelheit.
25
»Jake, haben Sie einen Moment Zeit?«
Es war auf jeden Fall mehr ein Befehl als eine Bitte, Jake wusste das.
»In meinem Büro«, sagte Frank Richardson und legte auf, bevor Jake
Zeit hatte zu fragen, worum es ging.
Aber auch das wusste er natürlich längst. Jeder in der Kanzlei wusste es. Jeder im ganzen Gebäude. Ach was, mittlerweile war zweifelsohne der gesamte Juristenstand im Bilde über den Zwischenfall, der sich am vergangenen Freitagabend in der Trattoria ereignet hatte. Ein Anwalt, der in einem voll besetzten italienischen Restaurant auf einen anderen losging , das rangierte gleich neben der Schießerei am O. K. Corral. Vor allem , wenn einer der beteiligten Anwälte der Staranwalt Jake Hart persönlich war.
Gerüchten zufolge war seine Frau irgendwie in die Sache verwickelt.
So betrunken, dass sie gelallt hatte, hieß es. Ja, Sir, vollkommen
unverständlich,
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