Zähme mich!: Erotischer Roman (German Edition)
gehe mit dir.«
»Wird erledigt«, flüsterte er ihr zu.
11
Es war der Freitag nach einer Höllenwoche. Bree ließ ihre Handtasche im Flur fallen. Himmel, sie wollte nur noch nach Hause, ihre Blumen gießen und sich ausruhen, und sei es auch nur für ein paar Stunden. In ihr Zuhause, nicht dieses Haus. Sie war seit sechs Tagen nicht mehr alleine gewesen. Manchmal brauchte sie einfach ein wenig Zeit für sich. Sie gehörte nicht zu den Menschen, die Angst vor der Einsamkeit hatten, im Gegenteil: Sie sehnte sich danach.
Natürlich saß ihre Mutter bei ihrem Vater am Bett. »Hallo, Schatz«, sagte sie freundlich.
Als Bree ihren Vater erblickte, wurde sie blass. Sie hatte das Gefühl, dass das Blut schlagartig aus ihrem Kopf strömte, und ihr wurde schwindlig.
Er war blass und bewegte sich nicht, und er atmete durch den offen stehenden Mund, wenngleich es weniger ein Atmen als ein Gurgeln war. Sein Körper roch faulig, und seine Augen waren zwar halb geöffnet, sahen jedoch ins Leere.
Sie musste sich auf den Rand des Ehebettes setzen, weil ihre Beine nachzugeben drohten. »Was zum Teufel ist passiert?«
»Die Leute vom Hospiz meinen, dass er ins Koma fällt. Es wird jetzt nicht mehr lange dauern.«
»Aber gestern hat er doch noch geredet.« Bree hatte ihn an diesem Morgen nicht mehr gesehen, bevor sie zur Arbeit gefahren war, da ihre Mutter ihn gefüttert und ihm die Tabletten gegeben hatte.
Ihre Mom schüttelte den Kopf. »Das waren nur Worte, Bree. Nur sinnloses Zeug.«
»Das ist nicht möglich.« Okay, er wehrte sich nicht mehr gegen die Tabletten. Er bat nicht mehr um seinen Whiskey. Sie hatte die Tabletten zerstoßen und ihm vermischt mit einem Löffel zerquetschter Banane gegeben. Allerdings hatte er am Vortag das Essen verweigert. Vielleicht war das nicht ganz zutreffend ausgedrückt, denn er hatte eigentlich nur nicht den Mund aufgemacht. Aber er hatte sie angesehen. Er hatte sie gesehen. Oder nicht?
Warum wollte sie es nicht wahrhaben? Es war doch besser so.
»Die Pfleger, die heute Morgen hier waren, sagten, dass es sehr schnell passieren kann«, sagte ihre Mutter mit unbeteiligter Stimme. »Manchmal beschließt ein Mensch einfach, dass es reicht, und gibt auf.«
Ihr Vater hatte niemals die Kontrolle abgegeben. Ein Mal war er dazu genötigt gewesen und hatte seine Werkstatt schließen müssen, weil ihn die Bank dazu gezwungen hatte. Über diese Ungerechtigkeit hatte er sich noch Jahre später geärgert.
Aber etwas war geschehen. Dieses Mal hatte etwas in ihm losgelassen.
An diesem Abend rief Bree Luke nicht an. Sie schaltete ihr Handy aus. Er würde nachfragen, aber sie konnte nicht darüber reden. Sie konnte nicht einmal mehr denken.
Um siebzehn Uhr am Samstagnachmittag, an dem sie mit Luke ausgehen sollte, war alles noch viel schlimmer.
»Ich kann nicht gehen.« Bree stand im Türrahmen des Schlafzimmers. Sie hatte sich noch nicht umgezogen, da Luke erst in einer halben Stunde kommen und sie abholen würde. Er hatte vorgeschlagen, dass sie sich schon so früh trafen, um dem freiwilligen Helfer vom Hospiz ein wenig entgegenzukommen, der den Abend mit ihren Eltern verbringen würde.
Ihre Mutter, die neben dem Bett ihres Vaters auf einem Stuhl saß, drehte sich nicht einmal um. »Du kannst jetzt nicht mehr absagen. Das wäre nicht nett.« Sie wischte ihm etwas aus dem Mundwinkel und war dabei so zärtlich wie immer.
Bree hatte es noch nicht geschafft, diese Zärtlichkeit aufzubringen. Sie hielt es im Todesraum nicht einmal länger aus, als es dauerte, ihm eine Tablette zu geben. Die vergangene Woche war die längste ihres Lebens gewesen. An diesem Morgen hatten die Pfleger hässliche rote Stellen auf seinem Rücken entdeckt, wo er sich langsam wund lag. Er schien die Augen nicht mehr zu schließen, sich aber auch auf nichts und niemanden konzentrieren zu können. Seine Haut am Rücken, am Hintern und an den Beinen wurde bläulich schwarz, weil sich das Blut aufgrund des verlangsamten Kreislaufs dort sammelte. Wenn er atmete, hörte man, dass er Schleim in der Kehle hatte. Und eigentlich war das auch alles, was er noch tat: atmen. Er hatte seit zwei Tagen keine feste Nahrung mehr zu sich genommen, und der Unterschied zwischen dem Mann, der noch vor wenigen Tagen nach seinem Whiskey verlangt hatte, und diesem Körper, der reglos im Bett lag, konnte kaum größer sein.
»Es könnte jetzt jeden Moment passieren«, meinte sie zu ihrer Mutter.
»Es wird nicht passieren, solange du weg bist. Dein
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