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Zaertlich ist die Nacht

Zaertlich ist die Nacht

Titel: Zaertlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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voller Verwunderung.
    Der Polizist überlegte. Er war ein gut aussehender, aber nicht besonders gut riechender Mann. »Sie waren letzte Nacht nicht mit ihm zusammen?«
    »Aber nein.«
    »Wir haben einen Neger 1* verhaftet, und wir sind überzeugt, dass wir jetzt endlich den richtigen Neger verhaftet haben.«
    »Ich versichere Ihnen, dass ich nicht die geringste Ahnung habe, wovon Sie reden. Wenn es sich um den Abe North handelt, den wir kennen, und er letzte Nacht in Paris war, dann kann ich nur sagen, dass wir das nicht wussten.«
    |150| Der Polizist nickte, saugte an seiner Oberlippe, überzeugt, aber auch ziemlich enttäuscht.
    »Was ist denn passiert?«, fragte Nicole.
    Er hob die Hände und blies die Backen auf. Er hatte begonnen, sie attraktiv zu finden und seine Augen zuckten zu ihrem Körper.
    »Was soll ich sagen, Madame? Eine Sommergeschichte. Mr Afghan North ist beraubt worden und erstattete Anzeige. Wir haben den Übeltäter verhaftet. Mr Afghan soll ihn identifizieren, damit wir Anklage erheben können.«
    Nicole zog ihren Morgenmantel enger um sich zusammen und schickte den Polizisten fort. Verwirrt nahm sie ein Bad und zog sich dann an. Inzwischen war es nach zehn. Sie rief bei Rosemary an, erhielt aber keine Antwort. Dann sprach sie mit der Rezeption und erfuhr, dass Abe tatsächlich heute Morgen um sechs Uhr dreißig eingecheckt hatte. Sein Zimmer war aber nach wie vor unbenutzt. In der Hoffnung, etwas von Dick zu hören, wartete sie im Salon ihrer Suite. Sie wollte gerade aufgeben und ausgehen, da meldete sich die Rezeption und erklärte, sie habe Besuch:
»Mister Crawshow, un nègre.«
    »In welcher Angelegenheit?«, fragte sie.
    »Er sagt, er kennt Sie und den Doctaire. Er sagt, ein Mister Freeman ist im Gefängnis, der mit aller Welt befreundet sei. Er sagt, es wäre eine Ungerechtigkeit, und er will Mister North sehen, ehe er selbst verhaftet wird.«
    »Wir haben damit nichts zu tun.« Nicole erledigte die Angelegenheit, in dem sie knallend den Hörer auflegte. Abes bizarre Wiederkehr machte ihr bewusst, dass sie seine Haltlosigkeit endgültig satthatte. Sie versuchte, nicht mehr daran zu denken, und verließ das Hotel. Beim Schneider |151| traf sie auf Rosemary und ging mit ihr auf der Rue de Rivoli künstliche Blumen und Glasperlen kaufen. Sie half Rosemary, einen Diamantring für ihre Mutter und Seidentücher und Zigarettenetuis für Geschäftsfreunde in Kalifornien auszuwählen. Für ihren Sohn kaufte sie eine ganze Armee von griechischen und römischen Soldaten, die über tausend Francs kosteten. Erneut gaben sie ihr Geld auf sehr verschiedene Weise aus, und wieder bewunderte Rosemary Nicoles Umgang mit Geld. Nicole war sich so sicher, dass das von ihr ausgegebene Geld ihr gehörte   – während Rosemary immer noch dachte, ihr Geld wäre ihr bloß geliehen und sie müsse sehr vorsichtig damit sein.
    Es machte Spaß, im Sonnenlicht dieser fremden Stadt Geld auszugeben, getragen von gesunden Körpern, mit Gesichtern, die leuchteten, im Besitz von Armen, Händen, Beinen und Fesseln, die sie selbstbewusst reckten, mit dem Selbstvertrauen von Frauen, die von Männern begehrt werden.
    Als sie nach ihrem morgendlichen Ausflug ins Hotel zurückkehrten und dort auf einen Dick trafen, der wieder strahlend und neu war, genossen sie beide einen Augenblick vollständig kindlicher Freude.
    Er hatte gerade einen wirren Anruf von Abe erhalten, der den Vormittag offenbar in einem Versteck verbracht hatte.
    »Es war eins der ungewöhnlichsten Telefongespräche, die ich je geführt habe.«
    Dick hatte nicht nur mit Abe, sondern noch mit einem Dutzend anderer Leute gesprochen. Am Telefon hatten sich diese Komparsen auf die verschiedenste Weise vorgestellt: »…   möchte jemand mit dir sprechen, der beim Teapot Dome 2* mitgemischt hat, jedenfalls behauptet er das. Was? Was? Hey, haltet doch mal das Maul   – jedenfalls war er in irgendeinem |152| Schkandal-Schandal und er kaaann nich’ nach Hause. Meine persönliche Ansicht ist   – meine persönliche Ansicht ist, dass er   –« Man hörte es gluckern, und danach blieb unbekannt, was der Betreffende getan hatte.
    Dafür hielt das Telefon noch weitere Angebote bereit: »Ich dachte, das ist jemand, der dich als Psychiater bestimmt interessiert.« Die unbekannte Person, die dieser Beschreibung entsprach, wurde ans Telefon gezerrt, gefiel Dick aber dann überhaupt nicht, weder in seiner Eigenschaft als Psychiater noch in irgendeiner anderen Kapazität.

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