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Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Titel: Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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den üblichen Respekt in ihren Worten vermissen. »Warum? Wenn Sie in Ihrem Zustand den Kampf gegen den Feind aufnehmen, werden Sie es nicht überleben. Wenn Sie jetzt fliehen, werden Sie weiterleben und den Kampf an einem anderen Tag wiederaufnehmen können.«
    »Ich kann Sora und die anderen nicht im Stich lassen.« Kiyoko rollte sich vom Futon, indem sie einen Zauber aufrief, um den Protest ihres geschundenen Körpers zu besänftigen. Sie ging zum östlichen
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und schob den durchscheinenden Raumteiler ein paar Zentimeter beiseite, damit sie nach draußen sehen konnte. »Mach dir keine Sorgen. Ich bin keine Närrin. Ich werde mich nicht mitten ins Gefecht stürzen. Ich bleibe im Haus. Aber ich fliehe nicht.«
    Umiko funkelte sie an. »Sie sind so stur wie Ihr Vater.«
    Kiyoko lächelte. Das war das größte Kompliment, das ihr die alte Haushälterin hätte machen können, und das wussten sie beide. »Dann erweise uns beiden die Ehre. Nimm das Hochzeitsfoto meiner Eltern mit, wenn du gehst.«
    Umiko starrte sie einen Moment lang an, nickte endlich und lief aus dem Raum.
    Kiyoko richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Vorgänge draußen vor dem Haus. Eine Phalanx aus Onmyōji-Kriegern stand auf halbem Wege zwischen dem Haus und dem Trainingsgelände. Sie schwangen mit geübter Leichtigkeit ihre Schwerter, wehrten Feuerbälle ab und hielten die zwanzig oder mehr Dämonen auf Abstand, die ganz versessen darauf schienen, das Haus niederzubrennen.
    Yoshio stand ganz vorn in der Mitte, wie immer, und attackierte die Dämonen mit zwei Schwertern. Er zeigte keinerlei Zeichen der Ermüdung, was man allerdings nicht von dem Krieger zu seiner Rechten sagen konnte. Noch während Kiyoko hinschaute, ging er unter einem Hagelschauer aus Feuerbällen zu Boden.
    Unter anderen Umständen wäre sie an seine Seite geeilt. Oder sie hätte zumindest eine Flut von Schutzzaubern in die Richtung des jungen Mannes ausgesandt. Aber ihr Ki war noch immer nicht viel mehr als ein schwaches Flackern in ihrer Brust und nicht das starke Klopfen der Kraft, die ihr normalerweise zur Verfügung stand. Außerdem waren auf die beträchtliche Distanz, die zwischen ihr und ihren Männern lag, ihre Möglichkeiten begrenzt.
    Alles, was sie zuwege brachte, war ein Blendzauber.
    Sie schleuderte ihn trotzdem auf die Dämonen in der Hoffnung, diese simple Defensivmaßnahme würde dem zu Boden gegangenen Krieger die Zeit verschaffen, die er brauchte, um wieder auf die Füße zu kommen. Aber ihre Hoffnung war vergeblich. Ihre Männer waren auf ein derartiges Scharmützel nicht vorbereitet. Sonst mussten sie sich nur gegen zwei oder drei Dämonen gleichzeitig zur Wehr setzen.
    Wie zum Beweis sah sie, wie Yoshio aus der Kampfreihe ausbrach und den Pfad zum Haus hinauflief. Einen Augenblick später gab der mittlere Abschnitt der Reihe nach, und eine Horde Dämonen stürmte vorwärts.
    Kiyoko trat vom Fenster zurück und betrachtete die Maulbeerbaumrinde, die den Raumteiler bedeckte. Das Haus würde keinen Schutz gegen ein Feuer bieten.
    »Kiyoko!«
    Sie blickte auf. Sora stand mitten im Wohnbereich. Er trug eine Schutzrüstung über der schwarzen Robe. Wie Yoshio hielt er zwei Schwerter in den Händen, ein kurzes und ein langes.
    »Kannst du kämpfen?«
    »Nicht so gut«, antwortete sie.
    Er kam mit gerunzelter Stirn auf sie zu. »Wo ist der Schleier?«
    Der Schleier!
Natürlich! Sie trug ihn so dicht an ihrer Haut, dass sie ihn beinahe vergessen hatte. Bevor sie Sora beruhigen konnte, dass er in Sicherheit war, platzte Yoshio in den Raum. Mit der einen Hand hielt er Ryuji am Kragen seines teuren Anzugs gepackt, mit der anderen sein Langschwert. »Ich habe ihn vor der Tür aufgegriffen. Die Dämonen sind fast da.«
    Ryuji hatte die Augen aufgerissen. Er war bleich und offensichtlich völlig überrumpelt von dem Überfall. Aber es blieb keine Zeit für Erklärungen.
    Sora warf Kiyoko sein geschätztes Katana zu. »Ich finde schon ein anderes. Beschütze den Schleier, koste es, was es wolle! Nimm den Felsengang!«
    Dann wandte er sich an Yoshio. »Du und ich werden die Tür so lange verteidigen, wie wir können. Hoffentlich verschaffen wir Kiyoko-san genug Zeit zur Flucht.«
    »Nein«, unterbrach Kiyoko. »Wir gehen zusammen. Wir alle.«
    Während sie Sora das Schwert zurückgab, sah sie ihm fest in die Augen. Dann drehte sie sich um und nahm Kurs auf die Küche. Im Laufen murmelte sie die Formel, die ihre
shikigami
beschwören sollte. Nur eine Handvoll Onmyōji

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