Zärtlicher Eroberer
verlangenden Gefühle ärgern konnte, die er so mühelos in ihr weckte, ihm aber gleichzeitig immer wieder die Gelegenheit bot, genau das zu tun.
Valerians scharfem Blick schien ihr Zögern nicht zu entgehen. „Kommen Sie ruhig mit mir, Duchess. Das Wetter verspricht schön zu bleiben, und Sie erwähnten schon vorhin in der Kutsche, wie gern Sie an der frischen Luft wären. Wenn der Weg zu beschwerlich wird, können wir jederzeit umkehren.“ Er bot ihr den Arm.
Wie konnte sie eine solche Einladung ablehnen, ohne dass das wie eine schroffe Zurückweisung wirkte? Reverend Trist starrte sie an und bestätigte damit ihre Ahnung, dass sie viel zu lange mit ihrer Antwort gewartet hatte. „Vielen Dank, St. Just. Ein Spaziergang ist eine wunderbare Idee.“
Sie nahm Valerians Arm und redete sich ein, dass der unverheiratete Vikar ihr ihre innere Aufgewühltheit nicht ansehen konnte, ja, dass er wahrscheinlich nicht einmal merkte, dass etwas nicht stimmte. Es war schließlich nichts Ungewöhnliches, wenn eine Frau den Arm eines Mannes nahm. Allerdings fiel ihr auf, dass Trist ein paar Mal zwischen ihnen hin und her sah, ehe er sich auf den Rückweg machte, als versuchte er zu verstehen, was da in Wirklichkeit vor sich ging. Philippa wünschte ihm Glück bei der Lösung dieses Rätsels, obwohl ihr schleierhaft war, wie ihm das gelingen sollte, wo sie selbst versagt hatte.
„Wollen wir?“ St. Just wandte sich dem gekiesten Weg zu, der zu dem Grottenpavillon führte.
Philippa fiel ein, dass ihr Gärten in Bezug auf Valerian wenig Glück gebracht hatten. Als sie das letzte Mal allein mit ihm in einem Garten war, hatte sie ein gebrochenes Herz davongetragen, das Jahre brauchte, um wieder einigermaßen zu heilen. Sie fragte sich, was er an diesem Tag bei ihr hinterlassen würde. Sie spürte schon jetzt, dass die Narben an ihrer Seele gegen jegliche Vernunft und wider besseren Wissen bedeutungslos wurden.
7. KAPITEL
„Du hast gezögert, Philippa“,stellte Valerian sachlich fest und führte sie um einen großen Stein mitten auf dem Weg herum. „Hattest du Angst, mit mir allein zu sein?“
„Überschätze dich nicht.“ Philippa unterdrückte ein höchst undamenhaftes Lachen. „Als wir das letzte Mal zu zweit waren, endete das mit einer Ohrfeige für dich. Wenn einer von uns Angst haben sollte, mit dem anderen allein zu sein, dann doch wohl eher du.“
Valerian sah sie von der Seite her an. „Ich muss dich korrigieren. Das war nicht das letzte Mal, dass wir allein waren. Ich denke, gestern im Garten kamen wir eigentlich ganz gut miteinander aus. Ich fand unsere Unterhaltung doch recht zivilisiert. Was das andere Mal betrifft, das du eben erwähnt hast, so bin ich mir immer noch nicht sicher, ob die Ohrfeige wirklich mir galt oder ob ich nur die zufällig anwesende Zielscheibe für deinen privaten Ärger war.“
Die Arroganz dieses Mannes war wirklich einmalig, dennoch war Philippa dankbar dafür. Mit ihm zu streiten war besser, als einem Wunschbild von ihm nachzuhängen.„Bitte kläre mich auf. Worüber sollte ich mich ärgern, außer über deine sonderbare Unterstellung, dass ich dich draußen auf der Veranda zu Intimitäten ermutigt hätte?“
Sie schlossen stillschweigend einen vorübergehenden Waffenstillstand, als Valerian ihr half, ein auf der Erde liegendes Gitter zu überwinden. Danach wurde der Pfad wieder eben, und sie setzten ihren Streit fort. Ganz am Rande musste Philippa daran denken, dass die Szene auf einer Theaterbühne wahrscheinlich ziemlich komisch gewirkt hätte – ihr höfliches Verhalten im Gegensatz zu den verbalen Attacken, die sie sich lieferten.
„Sonderbar?“, wiederholte Valerian betont ungläubig. „Ich glaube, als ‚sonderbar‘ bezeichnet man etwas Ungewohntes, nicht Normales. Meine Liebe, ich muss dir leider mitteilen, dass meine ‚Unterstellung‘ alles andere als unnormal war, denn du schienst nichts gegen diese Intimitäten zu haben. Vielleicht wolltest du eigentlich ein anderes Wort benutzen?“
„Ich wüsste nicht, welches“, gab Philippa scharf zurück.
Valerian seufzte achselzuckend. „Ich auch nicht. Schließlich gefielen dir meine Küsse. Genauer ausgedrückt, sie gefielen dir so gut, dass du sie sogar leidenschaftlich erwidert hast, bevor du mich geohrfeigt hast. Übrigens, ich finde das äußerst ungerecht – mich für deine Küsse zu ohrfeigen.“
„Kein wahrer Gentleman würde so mit einer Dame sprechen!“, brauste Philippa auf. Der Mann war mehr als
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