Zärtlicher Eroberer
hinausposaunen, ehe man nicht schon einen gewissen Durchbruch erzielt hatte.
Nachdem Lucien also seine Finanzen fest im Griff hatte, war er vollkommen zuversichtlich, dass auch alles andere ganz nach seinen Vorstellungen verlaufen würde. Philippas Brief war beinahe wie bestellt eingetroffen. Gerade erst an diesem Morgen hatte sich jemand während der Banksitzung nach den Cambourne-Minen erkundigt. Lucien hatte dem Mann ein hintergründiges Lächeln geschenkt und angedeutet, er hoffe, schon bald mit konkreteren Auskünften dazu aufwarten zu können. Und dann hatte er, wie durch Zauberhand, Philippas Brief erhalten.
Lucien riss den Umschlag auf und überflog den Inhalt. Er las den Brief ein zweites und noch ein drittes Mal, um sicher zu sein, dass es sich nicht um ein Missverständnis handelte, und sein Blut gefror zu Eis.
Dieser verdammte Valerian Inglemoore.
Lucien zerknüllte wütend den Briefbogen. Der Name des Mannes war zwar nicht ein einziges Mal in der Nachricht erwähnt worden, aber er las ihn deutlich zwischen allen Zeilen. Selbst wenn Philippa das abstreiten würde, aber St. Just hatte ihr den Kopf verdreht. Was auch immer der Mann ihr einst bedeutet hatte, welche Gefühle – offen oder unausgesprochen – während ihrer Ehe und seiner langen Abwesenheit verschüttet gewesen sein mochten, jetzt waren sie zu neuem Leben erweckt.
Seit seiner zeitlich völlig unpassenden Rückkehr hatte der Mann sie mindestens einmal geküsst, und in Lucien regte sich der Verdacht, dass St. Justs diplomatischer Auftrag fernab von Englands Gestaden in direktem Zusammenhang mit Philippas Heirat gestanden haben könnte. Lucien mochte keine Überraschungen. Es ärgerte ihn, dass es irgendetwas in Philippas Leben gab, über das er nicht genauestens Bescheid wusste.
Luciens Sekretär klopfte an und erkundigte sich nach der Tageskorrespondenz. Lucien schickte ihn fort. „Heute sind keine Briefe zu schreiben. Machen Sie also mit dem Katalogisieren der Bibliothek weiter.“ Die Tür zu seinem Arbeitszimmer fiel wieder ins Schloss.
Lucien nahm sich einen leeren Briefbogen. Doch, ein Brief musste geschrieben werden, aber der war zu privat und nicht für fremde Augen bestimmt.
Lucien tauchte die Feder ins Tintenfass. St. Just stand ihm bei seinem Plan, ein Bergwerksimperium aufzubauen, eindeutig im Weg. Deshalb musste der Mann in den Ruin getrieben werden.
Irgendetwas hatte die Beziehung zwischen Valerian und Philippa zerstört. Beldon dachte darüber nach, und das nicht zum ersten Mal, seit sich seine und Valerians Wege vor drei Wochen in Roseland getrennt hatten.
Nachdem er sich an der Kutsche, die sie nach Cambourne bringen sollte, von Philippa verabschiedet hatte, war er mit Valerian nach Roseland geritten. Dort war er ein paar Tage geblieben, bis sein Freund sich wieder häuslich eingerichtet hatte, und war dann zum Besitz der Pendennys außerhalb von St. Mawes zurückgekehrt.
Nun war er gerade auf dem Heimweg von seinen wöchentlichen Besuchen bei den Pächtern und seinem Treffen mit dem Vikar, und das Thema wollte ihm nicht aus dem Kopf gehen, vielleicht auch, weil es nur wenig anderes gab, worüber er nachdenken musste. Beldon war ein geselliger Mensch, und diese Jahreszeit war für ihn mit Einsamkeit verbunden. Es bestand nicht die Notwendigkeit, sich in London aufzuhalten, und Philippa war voll und ganz mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt, bis sie selbst wieder in London sein musste.
Nicht, dass er keine Möglichkeiten gehabt hätte. Er konnte trotzdem nach London fahren, und Philippa würde ihn auch immer in Cambourne willkommen heißen. Roseland war nicht weit entfernt, und nun, da Valerian wieder zu Hause war, würde Beldon wahrscheinlich öfter nach Roseland reiten, um der Stille im großen Landhaus der Pendennys zu entgehen, wo er allein wohnte.
Doch, ja, es gab Möglichkeiten, aber die Wahrheit sah so aus, dass sein eigener Besitz ebenfalls seine Aufmerksamkeit verlangte. In den Jahren seit dem Tod seines Vaters hatte Beldon sehr hart gearbeitet, um den Besitz nicht der schleichenden Armut preiszugeben. Sicher, das Erreichte war nicht allein sein Verdienst. Ohne das großzügige Darlehen des Duke of Cambourne hätten auch Beldons größte Anstrengungen nichts genutzt. Das hatte er begriffen, als er zum ersten Mal die Bücher durchgegangen war. Cambournes Reichtum hatte die Familie Pendennys über Wasser gehalten. Er hatte insgeheim dem Schicksal gedankt, dass Philippa so vorteilhaft geheiratet
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