Zärtlicher Eroberer
zurückgeführt. War ihr bewusst gewesen, warum ihr Vater diese Verbindung bevorzugt hatte?
Beldon fiel wieder seine kurze Begegnung mit Valerian in jener Nacht ein. Valerian war abweisend und irgendwie durcheinander gewesen. Sein Freund war nur kurz bei ihm stehen geblieben, um ihm zu sagen, dass Philippa im Garten sei, sonst nichts. Die nächsten Wochen waren sehr turbulent verlaufen. Valerian reiste ab, und Philippas Hochzeit musste vorbereitet werden. Er hatte kaum Zeit, aber auch keinen Grund gehabt, genauer über die Wendung der Ereignisse nachzudenken oder gar eine Verbindung zwischen Valerians Verschwinden und Philippas Hochzeit herzustellen.
Rückblickend begann Beldon zu vermuten, dass Valerian und Philippa sich heimlich im Garten getroffen hatten und der Grund für ihre Tränen ein anderer war. Dieser Teil des Rätsels war für ihn noch nicht ganz gelöst. Trotzdem hatte er bereits einige Antworten gefunden. Cambournes Geld war höchstwahrscheinlich zwischen die beiden getreten. Und dieses Geld war nicht zufällig zu einem glücklichen Zeitpunkt gekommen, wie Beldon immer geglaubt hatte, sondern war ein genau berechneter Schachzug seines Vaters gewesen, um den Familienbesitz zu retten.
Beldon machte eine Bestandsaufnahme von dem, was er bereits zusammengetragen hatte – ein paar Antworten, noch mehr Fragen und eine Theorie, die immer mehr Gestalt annahm. Wenn dieser Schachzug, Cambourne zu umgarnen, tatsächlich geplant war, dann musste Valerian davon gewusst haben, denn sonst hätte er seinen Anspruch auf Philippas Hand nie freiwillig aufgegeben.
Die Uhr auf dem Kaminsims schlug Mitternacht. Es war Zeit, schlafen zu gehen. Beldon hatte einen langen Tag vor sich, der mit einem Ritt hinüber nach Roseland beginnen sollte.
10. KAPITEL
Valerian befand sich im Treibhaus und beschäftigte sich mit seinen neuen Hybridrosen, als Beldon am nächsten Tag eintraf. Freudig überrascht sah er von seinen Töpfen und Stecklingen auf. Mangels Gesellschaft war er in letzter Zeit viel zu oft allein mit seinen Gedanken gewesen.
„Ich hoffe, eine gelbe Rose mit pinkfarbenen Akzenten zu entwickeln“, erklärte Valerian und wischte sich die Hände an einem Stofftuch ab. „Wie schön, dich zu sehen! Was führt dich so unverhofft hierher? Es geht doch hoffentlich allen gut?“ Für einen Moment zog sich ihm der Magen zusammen, denn seine Hauptsorge galt Philippa. Ihm schossen Hunderte von Möglichkeiten durch den Kopf, was ihr alles zugestoßen sein konnte – ein Sturz vom Pferd, eine schwere Wintergrippe. Oder sie konnte auch Luciens lächerlichen Heiratsantrag angenommen haben.
Offensichtlich war ihm seine Besorgnis anzusehen. „Immer mit der Ruhe, alter Freund!“ Beldon lachte leise. „Alle sind wohlauf. Philippa geht es gut, falls es das ist, was dich bedrückt.“
„Wollen wir ins Haus gehen?“, bot Valerian an.
„Nein, lass dich nicht durch mich von deiner Arbeit abhalten“, wehrte Beldon ab und zog sich einen hohen Hocker an den langen Arbeitstisch. „Ich bin gekommen, um mit dir zu reden. Ein paar Dinge an deinem Rätsel lassen mir keine Ruhe.“
Valerian nickte und schob ihm eine Holzkiste zu. „Du kannst das Saatgut sortieren, während wir uns unterhalten.“ Er wusste, welches Rätsel Beldon meinte, und er konnte mit ziemlich Sicherheit voraussagen, was Beldon herausgefunden hatte und was nicht.
Beldon nahm eine Tüte mit Saatgut aus dem Behälter heraus. „Lieber Gott, wozu brauchst du die denn alle? Das müssen ja hundert Tüten in dieser Kiste sein!“
„Das sind alles Wildblumen. Ich möchte die Samen in den südlichen Garten aussetzen. Sortiere sie nach der Art, nicht nach Farben“, wies Valerian ihn an.
„Du schmiedest Pläne. Das kann nur bedeuten, dass es sich für dich gut anfühlt, wieder zu Hause zu sein“, stellte Beldon fest.
Valerian sah von seiner Arbeit auf und lächelte seinen Freund warmherzig an. „Erstens, ja, es fühlt sich herrlich an, wieder zu Hause zu sein. Endlich kann ich die Pläne in die Tat umsetzen, die ich schon so lange mit Roseland hatte. Zweitens, du brauchst nicht lange um die Sache herumreden. Wir kennen uns seit Ewigkeiten, und ich denke, du kannst mich alles fragen, ohne dass unsere Freundschaft darunter leidet.“ Beldon schnaubte leise, und Valerian war klar, dass er diese Bemerkung als Ironie empfinden musste, denn immerhin hatte er Beldon vor Jahren sein großes Geheimnis nicht anvertrauen können. „Vielleicht denkst du anders über die
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