Zärtlicher Eroberer
Lucien plante einen Mord. Was konnte sie tun, um ihn daran zu hindern? Ihn umzustimmen? Sie hätte alles, wirklich alles getan, um Valerian zu retten. Fieberhaft dachte sie nach. „Ich werde ihm notfalls die Minen verkaufen.“
Beldon warf ihr einen finsteren Blick zu. „Ich weiß, dein Angebot kommt von Herzen, aber mir gefällt die Vorstellung nicht, dass er sich so unredlich bereichern soll. Außerdem ist das keine Garantie, dass das Canton langfristig zufriedenstellt. Wir wollen nicht, dass er dich oder Valerian auch in der Zukunft erpresst.“
„Gut, dann habe ich eine andere Idee, Beldon. Du reitest nach London und bewachst Valerian. Ich fahre nach Truro und sehe nach, ob ich irgendetwas finde, womit wir Lucien unter Druck setzen können. Danach treffen wir uns in London.“ Kein großer Plan, aber wenigstens ein Anfang.
„Einverstanden“, stimmte Beldon zu und wandte sich an Lilya. „Werden Sie sich hier allein zurechtfinden?“
Lilya war immer noch leichenblass und umklammerte ihre Teetasse so fest mit den Händen, als wollte sie sie zerbrechen. „Ich komme mit Ihnen. Ich fahre mit der Duchess nach Truro. Valerian ist mein Freund. Er hatte meine Familie beschützt, nun bin ich an der Reihe, ihn zu beschützen.“ Ihre Stimme klang fest, aber Lilya warf einen unsicheren Blick in Konstantins Richtung.
Philippa lächelte dankbar. „Ich freue mich, wenn du mich begleitest. Die Haushälterin wird sich nur zu gern um Konstantin kümmern.“
„Ich breche sofort auf.“ Beldon erhob sich. „Zu Pferd kann ich die Kutsche bis zum Anbruch der Nacht einholen. Niemand kann mir verwehren, in einem Gasthaus meiner Wahl zu übernachten. Schön, wenn es zufällig dasselbe ist, in dem Lucien haltmacht.“
„Warte, ich gebe dir eine Nachricht für Valerian mit. Es existieren da noch ein paar Dinge, die er wissen muss“, warf Philippa hastig ein. „Lilya, fang schon einmal an, unsere Sachen zu packen. Wir machen uns gleich nach dem Mittagessen auf den Weg nach Truro.“
Eine Stunde später umarmte Beldon sie zum Abschied auf der Auffahrt und schwang sich in den Sattel seines Jagdpferdes, eines Hengstes namens Herkules, der für seine Ausdauer auf langen Strecken berühmt war. Philippa zweifelte nicht daran, dass das Pferd die Kutsche einholen würde. Hinter den Sattel hatte er eine Reisetasche geschnallt, und in seiner Jackentasche steckte ein Brief, in dem Philippa den Inhalt von Luciens Schreiben wiedergab und von einem Geheimnis berichtete.
Philippa hob die Hand, um ihrem Bruder nachzuwinken, als er Herkules in Trab setzte, und an ihrem Finger funkelte der große Smaragd im Sonnenlicht.
18. KAPITEL
Valerian hielt den Blick fest auf einen bestimmten Punkt an der Wand der Kutsche gerichtet, während er unauffällig den Umhang befühlte, den Beldon ihm im letzten Moment mitgegeben hatte. Der Tag war mild, aber wenn der Abend kam, würde er willkommen sein. Von Lucien hatte er kaum Höflichkeiten zu erwarten, zu wohl fühlte der sich in der Rolle des treuen, rechtschaffenen Patrioten. Die eisernen Handschellen waren eine unnötige Demütigung, doch Lucien wollte das Ganze für Valerian offensichtlich zu einer besonders erniedrigenden Erfahrung machen. Er sollte für alle Welt dastehen als äußerst gefährlicher Verbrecher.
Ihm gegenüber in der Kutsche saß ein Mann, die anderen und Lucien ritten neben dem Gefährt. Valerian ignorierte seinen Mitreisenden und fixierte den Blick weiterhin fest auf den gewählten Punkt. Auch wenn sein Körper gefangen war, sein Geist war frei.
Diesen Trick hatte ihm Dimitris verraten, als er ihn das letzte Mal vor seiner Hinrichtung im Gefängnis gesehen hatte. Es kam Valerian wie eine Ironie des Schicksals vor, dass er augenscheinlich genauso enden sollte wie Dimitris, und das nur wenige Tage nach der Ankunft von dessen Kindern.
Während des ersten Teils der Reise gestattete er sich, an Philippa und den vielversprechenden Beginn dieses Tages zu denken. Er beschwor Bilder von ihr herauf, von Roseland, von Lilya und Konstantin und allem anderen, was ihm lieb und teuer war. Die Nacht würde unweigerlich kommen, aber er würde es nicht wagen, die Augen zu schließen und zu schlafen, aus Angst vor dem Alptraum, aus Angst, er könnte im Traum irgendetwas von sich geben, das Lucien einen weiteren belastenden Beweis liefern würde. Er brauchte diese friedlichen Erinnerungen, um die Nacht überstehen zu können. Er hatte viele einsame Nächte auf dem Balkan verbracht, in denen
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