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Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight

Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight

Titel: Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Das Kircheninnere war ähnlich nüchtern gehalten mit einer überdachten Kanzel, die so gebaut war, dass sie die Kirchenbänke über einen Meter überragte. Über dem Hauptaltar gab es jedoch ein wunderschönes buntes Kirchenfenster, das den Stammbaum Jesu und eine Auswahl biblischer Figuren darstellte.
    Leo setzte eine ausdruckslose Miene auf, als er in die gigantische Menge blickte, die sich auf den Kirchenbänken drängte. Er hatte bereits zwei Schwestern in die Ehe gegeben. Keine der beiden Hochzeiten war auch nur annähernd so glanzvoll oder von einer derartigen öffentlichen Präsenz gewesen. In einem entscheidenden Punkt aber konnte diese Hochzeit den beiden anderen nicht das Wasser reichen, nämlich was das Gefühl echten Glücks betraf. Amelia und Win waren den Männern, die sie geheiratet hatten, in Liebe zugetan.
    Es war nicht eben angesagt, aus Liebe zu heiraten, im Gegenteil, es galt als Flause der Bourgeoisie. Für die Hathaways aber war es ein Ideal, das sie immer angestrebt hatten.
    Diese Hochzeit hatte mit Liebe absolut nichts zu tun.
    Mit einem Cutaway, silberfarbenen Hosen und einer weißen Krawatte bekleidet, stand Leo neben der Seitentür der Sakristei, in der die Objekte für die Heilige Messe aufbewahrt wurden. Altar- und Chorgewänder hingen in einer langen Reihe entlang der Wand. An diesem Morgen diente die Sakristei obendrein als Warteraum für die Braut.
    Catherine Marks stellte sich an der anderen Seite des Eingangs auf, als wäre sie der zweite Wachposten am Burgtor. Leo warf ihr einen verstohlenen Blick zu. Anders als sonst – in der Regel bevorzugte sie eine düstere, trostlose Kleiderfarbe – war sie an diesem Morgen ganz in Lavendel gekleidet. Das mattbraune Haar hatte sie zu einem derart straffen Knoten nach hinten gebunden, dass es ihr schwerfallen musste zu blinzeln. Die Brille saß ihr sonderbar schief auf der Nase, ein Drahtbügel schien verbogen zu sein. Ihre Erscheinung erinnerte an eine verwirrte Eule.
    »Was starren Sie mich so an?«, fragte sie gereizt.
    »Ihre Brille ist krumm«, antwortete Leo und versuchte ernst zu bleiben.
    Sie blickte mürrisch drein. »Ich habe versucht, sie zu reparieren, aber das hat es nur schlimmer gemacht.«
    »Geben Sie mal her.« Bevor sie etwas einwenden konnte, nahm er ihr die Brille von der Nase und begann, an dem verbogenen Draht herumzufummeln.
    Sie stotterte vor Entrüstung. »Mylord, ich habe Sie nicht gebeten … wenn Sie sie kaputtmachen …«
    »Was ist mit dem Bügel passiert?«, wollte Leo wissen, der beharrlich den Draht geradebog.
    »Mir ist die Brille heruntergefallen, und als ich sie suchte, muss ich daraufgetreten sein.«
    »Kurzsichtig, nicht wahr?«
    »Ziemlich.«
    Nachdem Leo den Bügel zurechtgebogen hatte, unterzog er die Brille einer eingehenden Prüfung. »Hier.« Er wollte sie ihr gerade zurückgeben, als sich ihre Blicke trafen und er wie erstarrt innehielt. Ihre Augen waren blau, grün und grau, von deutlichen dunklen Rändern gesäumt. Leuchtend, warm, unberechenbar. Wie zwei Opale. Warum waren sie ihm bloß noch nie aufgefallen?
    Die Erkenntnis überwältigte ihn, und er spürte ein Kribbeln auf der Haut, als wäre er einer plötzlichen Temperaturschwankung ausgesetzt. Sie war überhaupt nicht unscheinbar. Sie war auf eine zarte, subtile Weise schön, wie der Mondschein im Winter oder der intensive Leinengeruch von Gänseblümchen. So kühl und blass … köstlich. Einen Moment lang war Leo wie gelähmt.
    Marks war ebenso still geworden, allein mit ihm, in einem Augenblick sonderbarer Intimität.
    Sie schnappte sich ihre Brille und setzte sie wieder auf. »Das hier ist ein Irrtum«, sagte sie. »Sie hätten nicht zulassen dürfen, dass es geschieht.«
    Leo kämpfte sich Schicht für Schicht durch die Verwirrung und Erregung, die ihn betäubten, und begriff, dass sie sich auf die Hochzeit seiner Schwester bezog. Er warf ihr einen verärgerten Blick zu. »Was hätte ich denn Ihrer Meinung nach tun sollen, Marks? Poppy in ein Kloster schicken? Sie hat das Recht, den Mann zu heiraten, den sie gewählt hat.«
    »Auch wenn es in einer Katastrophe endet?«
    »Es wird nicht in einer Katastrophe enden. Sie werden sich entfremden. Und davor habe ich Poppy bereits gewarnt. Aber sie ist dennoch fest entschlossen, ihn zu heiraten. Ich habe immer geglaubt, Poppy sei zu vernünftig, um diese Art von Fehler zu begehen.«
    »Sie ist vernünftig«, entgegnete Marks. »Aber sie ist auch einsam. Und Rutledge hat es sich zunutze

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