Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zärtlicher Sturm

Zärtlicher Sturm

Titel: Zärtlicher Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
Vom Netzwerk:
auf ihr jahrelang anerzogenes und aufgesetztes Selbstbewußtsein zurück. »Mr. Holt, mir ist klar, daß unsere Situation höchst ungewöhnlich ist und daß ich daher Zugeständnisse machen muß. Ich muß Sie dennoch bitten, mir wenigstens etwas Zeit zu geben, mich an Sie zu gewöhnen. Nach einer Weile könnte dann ein Kuß zulässig sein – wenn Sie darauf bestehen. Aber mehr als das kann ich beim besten Willen nicht zulassen, nicht vor unserer Hochzeit. Und wenn Ihnen das nicht genügt …«
    Lucas wußte, wann er nachgeben mußte. »Ich glaube, das ist die vernünftigste Lösung. Dein Zimmer ist dort links. Ich hole jetzt dein Gepäck rein.«
    Sharisse sah sich seufzend in dem kahlen Zimmer um und ließ die Schultern hängen. Die Einrichtung war deprimierend kärglich. Sie schauderte bei dem Gedanken, wie wohl ihr Schlafzimmer aussehen mochte. Sie öffnete die beiden einzigen Türen, hinter denen Schlafzimmer lagen. In ihrem Zimmer fand sie nichts, was ihr auch nur halbwegs gefallen hätte. Das andere Zimmer mit dem ungemachten Bett und den herumliegenden schmutzigen Kleidern mußte Lucas' Schlafzimmer sein. Fast war es ihr peinlich, daß sie sich in seinem Schlafzimmer umgesehen hatte. Leise schloß sie die Tür.
    Dann dämmerte es ihr. Mehr als diese drei Zimmer gab es nicht. Keine Unterkünfte für das Hauspersonal. Das hieß …
    »Wie gefällt es dir hier?« fragte Lucas, der mit ihrem Gepäck zurückkam. Sharisse fühlte sich nicht in der Lage, ihm zu antworten, nicht, solange ihr der schreckliche Gedanke nicht aus dem Kopf ging, sie könnten die beiden einzigen sein, die in diesem Haus schliefen. »Sie haben … nicht zufällig Dienstboten, oder?«
    »Kein Hauspersonal, das nicht.« Er schenkte ihr dieses bezaubernde knabenhafte Grinsen. »Jetzt weißt du auch, wozu ich eine Frau brauche.«
    Wieder trieb er seine Scherze mit ihr, und doch war sie beleidigt. »Wäre es nicht einfacher, ein Dienstmädchen einzustellen?«
    »Wesentlich einfacher«, stimmte er ihr zu. »Aber kann ich von einem Dienstmädchen erwarten, daß es mein Bett mit mir teilt, was meinst du?«
    Sie zuckte zusammen und wußte nicht, ob es Furcht war.
    »Jetzt sorge ich für dein Bad«, sagte er. »Du hast hier nichts zu befürchten, Sharisse. Nicht, solange ich die Verantwortung für dich trage.«
    Sie blieb allein zurück und wog gegeneinander ab, was an diesem Tag geschehen und gesagt worden war. Nichts zu befürchten? Wie konnte sie dieser Situation entkommen? Sie hatte keine Möglichkeit. Hier saß sie jetzt unter Vorspiegelung falscher Tatsachen fest und hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie das Beste daraus machen sollte.

7

    Sharisse schlug die Augen auf und wurde von der Morgensonne geblendet, deren Strahlen ein kleiner Spiegel, den sie ungünstig aufgestellt hatte, direkt auf ihr Fassen warf. Sie zog ihren leichten Morgenmantel aus Seide über und trat ans Fenster. Das bezaubernde Gewand, eine Kreation in Hellgrün mit weißer Spitze, paßte zu dem Neglige, daß ihre Tante ihr geschenkt hatte, als sie in Frankreich waren. Sharisse hatte dieses und ein ähnliches Kleidungsstück mitgenommen, weil sie geglaubt hatte, sie würde irgendwo allein in einem reizenden kleinen Häuschen wohnen und sich nicht mit einem Mann in eine Art von Hütte teilen müssen.
    Sie stellte fest, daß das Fenster so dicht über dem Boden war, daß jeder, der wollte, hineinschauen und sie schlafen sehen konnte. Errötend zog sie die Vorhänge zu. Dann setzte sie sich wieder auf das Bett und versuchte, ruhiger zu werden. Alles in diesem Zimmer erinnerte sie an Lucas, die große runde Wanne, die er gestern für sie gefüllt hatte und in der noch das kalte Wasser war, das Tablett mit dem Geschirr. Ihr Blick fiel auf die Bluse, die sie unter großen Mühen zu retten versucht hatte und die jetzt als ein zerrissener Haufen in der Ecke lag. In einem Anfall von Wut hatte sie sie dort hingeworfen, nachdem sie sich gezwungen gesehen hatte, sich das Kleidungsstück vom Leib zu reißen. Aber sie hätte schließlich schlecht ihn oder Mack um Hilfe bitten können. Allein mit zwei Männern -das entsprach also seiner Vorstellung von Anstand!
    Auf dem Schreibtisch lag der Brief, den sie noch bis spät in die Nacht hinein geschrieben hatte. Dann fielen ihr wieder ihre Kleider ein. Es war einfach lachhaft, eine formelle Garderobe für alle Anlässe, nur nicht das, was sie unter den jetzigen Umständen gebrauchen konnte. Sie wußte nicht, ob sie lachen oder weinen

Weitere Kostenlose Bücher