Zärtlicher Sturm
häufig gesehen.
»Findest du es immer noch lustig, daß du ihm diese Heirat eingeredet hast?«
»Ich glaube, genau das braucht er. Es hängt ihm doch schon zum Hals raus, daß es so lange dauert, den Riesen in die Knie zu zwingen. Noch einen Monat, und dann hätte er zugelassen, daß Slade den Fall auf seine Weise regelt. Luke braucht Zerstreuung in irgendeiner Form. Warum nicht durch eine Frau?«
»Aber vielleicht mag er sie gar nicht.«
»Sie mögen?« sagte Billy kichernd. »Zum Teufel, von mir aus kann er sie hassen, solange sie ihn bloß ablenkt.«
»Du hast dabei überhaupt nicht an das Mädchen gedacht«, warf Willow ihm vor.
Er wirkte keineswegs zerknirscht. »Ich bin doch schließlich hier, mich um meine Freunde zu kümmern, und das steht an erster Stelle. Und jetzt komm rein, ehe sie uns sehen. Damen aus der Stadt kriegen immer das Gruseln, wenn sie ihren ersten echten Indianer vor sich sehen. Lassen wir ihr doch Zeit bis morgen, ehe wir ihre Bekanntschaft machen.«
Willow musterte ihren Mann kritisch. »Du hast doch nicht etwa vor, sie zu erschrecken, Billy?«
»Täte ich das der Braut meines Freundes an?«
Nein, natürlich würde er das nicht tun, nicht ihr Mann, der für jeden Scherz zu haben war.
Sharisse schloß die Augen und versuchte, sich einzubilden, daß das Haus nicht wirklich klein war, nur … anheimelnd? Es gelang ihr nicht. Es war ein schlichtes, quadratisches Gebäude, das nicht einmal verputzt war. Eine Hütte. Und dort sollte sie leben? Es stand auch ein Stall da, und der war doppelt so groß wie das Haus und auch nicht verputzt. Eine große Pferdeweide mit einem hohen, alten Pappelwäldchen, das Schatten auf die Weide warf, war hinter dem Stall zu sehen. Ein halbes Dutzend Pferde stand träge auf der Weide herum. Etwa dreißig Meter hinter der Weide lag eine weitere Hütte, die noch kleiner als die erste war.
»Ich kann mir vorstellen, daß du größere Behausungen gewohnt bist«, sagte Lucas, während er ihr beim Aussteigen behilflich war.
Sharisse antwortete nicht darauf. Er hatte diese Äußerung nicht gerade in Form einer Entschuldigung vorgebracht, und was also hätte sie darauf sagen können? Daß ihr Zuhause an der Fifth Avenue eine kolossale Villa war? Das brauchte er wahrhaftig nicht zu wissen.
Was sie sich dachte, war ohnehin in ihrem Gesicht zu sehen, und Lucas grinste, denn er wußte, wie schockiert sie war. Was hatte sie denn erwartet? Wahrscheinlich ein Haus wie das, das Samuel Newcomb hingestellt hatte, um demonstrativ mit seinem Reichtum zu prunken, zwei Stockwerke mit hohen Räumen und luxuriöser Ausstattung. Lucas' Haus diente seinem Zweck, und er hatte schon schlechter gewohnt. Zwar auch schon besser, aber alles, was er hier brauchte, war ein Dach über dem Kopf. Es war ja schließlich nicht so, daß er die Absicht hatte, hierzubleiben. Er hätte es vielleicht trotzdem für sie ein wenig herrichten sollen, aber andererseits brauchte sie nicht zu erfahren, daß er das nicht getan hatte.
Er beobachtete sie verstohlen. Fürchtete sie sich wirklich vor ihm oder war sie immer so nervös? Vielleicht hatte seine Größe sie eingeschüchtert. Das war bei den meisten Frauen der Fall. Aber andererseits hielt sie sich wahrscheinlich für zu groß. Aus seiner Sicht schien sie genau die richtige Größe zu haben.
Lucas hielt ihr die Tür auf, während sie sich umsah und die Sonne auf die Kakteen und das endlose Weideland herunterbrannte, das sich so weit erstreckte, wie das Auge reichte. Er malte sich aus, daß es nicht lange dauern würde, bis ihre sahnig weiße Haut eine goldene Bräune haben würde – wenn er sie erst dazu gebracht hatte, im Garten hinter dem Haus zu arbeiten und sich leichter zu bekleiden. In diesem Reisekostüm mußte sie kochen. Je eher sie es auszog …
In Gedanken zog er sie jetzt schon aus. »Sharisse?«
Sie zuckte zusammen, denn sie hatte ihn einen Moment lang vergessen. Er stand in der Tür, und sie fragte sich, was sie im Hausinnern erwarten würde.
Seufzend trat Sharisse ein. Gedämpftes Licht drang durch die geschlossenen Vorhänge, und ihre Augen kamen nicht dazu, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, ehe die Tür geschlossen wurde und sie feststellen mußte, daß sie herumgewirbelt und an Lucas Holts muskulöse Brust gezogen wurde. Sie wollte vor Schreck laut aufschreien, doch seine Lippen, die auf ihren lagen, erstickten diesen Laut.
Sie war vom Donner gerührt, und Charley fauchte, und plötzlich stand sie allein da und starrte
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