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Zaertliches Duell

Zaertliches Duell

Titel: Zaertliches Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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schneller Fahrt hatte er sich nur zwei kurze Ruhepausen gegönnt. Während einer dieser Pausen hatte Miss Tresilian Zeit gefunden, einen Bissen Schinken und ein paar Schlucke heißen Kaffee zu sich zu nehmen, und von diesem frugalen Mahl mußte sie zehren, von den taktlosen Worten Seiner Lordschaft ermuntert, der sie daran erinnerte, daß er sie gewarnt habe, wie es sein würde, wenn sie ihn begleiten wolle. Das verzieh sie ihm: Denn obwohl er noch ebenso aufrecht saß wie zu Beginn der Reise, seine Hände ebenso ruhig waren, seine Augen ebenso aufmerksam, wußte sie, auch ohne die Furche zwischen seinen Brauen zu sehen, wie müde er sein mußte. Während der letzten Stunde hatten sie keine Konversation gemacht; ja Miss Tresilian war sogar in einen unruhigen Schlummer gefallen und erwachte erst im Hof des »George« und fragte, wo sie seien.
    »Stamford«, erwiderte Lord Iver und blickte sie an. »Wie geht es dir?«
    »Ein wenig müde – hat aber nichts zu sagen.«
    »Das eine muß man dir lassen, du warst sehr
    tapfer. Unsere Ausreißer sind nicht hier, aber es
    gibt zwei andere Poststationen in der Stadt und
    mehrere kleine Gasthöfe. Vielleicht haben sie
    sich in einem von ihnen für die Nacht einquartiert.«
    »Aber es ist ja noch hell!«
    »Es bleibt noch eine ganze Weile hell, dessenungeachtet ist es sieben Uhr vorbei. Wüßten sie, daß sie verfolgt werden, würden sie ohne Zweifel Weiterreisen, aber sie haben keinen Anlaß zu vermuten, daß dies der Fall ist. Sie legten ein gutes Stück zurück, aber das war keine Flucht. Komm, laß mich dir helfen auszusteigen. Du hast Zeit, ein Abendessen zu dir zu nehmen, während ich mich in den anderen Häusern erkundige.«
    Sie willigte ein, aber als er sie in einem Privatsalon zurückließ, stellte sie fest, daß sie zu besorgt war, um hungrig zu sein. Sie bestellte nur Tee, der sie belebte, und wurde deshalb von Seiner Lordschaft scharf zurechtgewiesen, als dieser ins »George« zurückkehrte. »Bitte schimpf nicht!« bat sie. »Das war alles, was ich wollte, ich versichere es dir. Und du hast überhaupt nichts gegessen.«
    »Im Gegenteil. Ich bekam im ›Schwan‹ ein Sandwich und ein Glas Bier.« Seine Stirn umwölkte sich. »Ich konnte nichts erfahren. Sie sind bestimmt nicht in der Stadt. Falls sie hier die Pferde wechselten, erinnert sich jedenfalls niemand daran – obwohl das wenig heißt; die Stallknechte sind zu beschäftigt, um sich alle Reisenden zu merken, die durch die Stadt kommen.«
    Ihr Herz wurde schwer, aber sie sagte: »Dann bleibt uns nichts übrig, als weiterzufahren.«
    Er erwiderte barsch: »Du bist weit genug gereist. Ich werde deinen Mantelsack in ein Schlafzimmer tragen lassen, und du kannst hierbleiben. Du mußt keine Angst haben, daß ich das Paar nicht einhole: ich werde Lucy sofort zu dir bringen, also sei so gut und widersprich mir nicht.«
    »Das will ich gar nicht«, sagte Miss Tresilian und band ihre Haube fest. »Und ich will auch nicht in diesem lärmenden Gasthof zurückgelassen werden!«
    »Jetzt hör mir einmal zu, Mädchen«, begann Seine Lordschaft in bedrohlichem Ton.
    »Geh und laß anspannen«, sagte Miss Tresilian ungerührt.
     
    Bei keinem der beiden Zollschranken nördlich von Stamford erhielten sie eine verläßliche Auskunft, aber in Greetham, wo sie für einen Pferdewechsel hielten, erinnerte sich ein Stallknecht ganz genau an eine junge Dame und einen jungen Herrn, denn er hatte geholfen, vier rasche Pferde für sie auszusuchen, und zwar vor wenigen Minuten. Er hatte die ganze Zeit den Verdacht gehegt, daß etwas mit ihnen nicht in Ordnung sei. Sie hatten gestritten, denn der junge Mann wollte gern hier nächtigen, aber die Miss war fest entschlossen weiterzufahren. Nichts anderes hatte sie im Sinn, als Grantham zu erreichen, also fuhren sie weiter.
    »Und zeigten damit deutlich, daß sie ein Paar auf der Flucht sind!« sagte Miss Tresilian, als sie weiterfuhren. »Wie Lucy sich so schamlos benehmen konnte –!«
    Lord Iver gab keine Antwort, und sie saß, in düstere Gedanken verloren, und starrte mit blinden Augen auf die dämmrige Landschaft. Plötzlich wurde sie von der Stimme Seiner Lordschaft aus ihrer Grübelei gerissen. »Endlich!« rief er aus.
    Das Karriol war um eine Kurve gefahren, und jetzt konnte man eine Postkutsche sehen, die in raschem Tempo vorwärts strebte. »Gib mir das Horn!« befahl Seine Lordschaft grimmig.
    »Kümmere dich um die Pferde«, erwiderte Miss Tresilian, die das Horn bereits in

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