Zaertliches Duell
etwas Aufregendes – einmal brach Bertram sich ein Bein, und Ned wurde von einem Esel in die Pferdetränke abgeworfen. Und Diebe stahlen drei der schönsten Hühner meines Stiefvaters, aber wir kamen erst am nächsten Tag dahinter, also war auch das nicht gerade aufregend.«
Entzückt von dieser arglosen Plauderei, erkundigte sich Sir Julian sogleich nach Bertram und Ned. Er erfuhr, daß dies zwei von den drei Halbbrüdern Miss Trents waren, und ihr Stiefvater war Pfarrer in Norfolk. Sie hatte auch zwei Halbschwestern, und es bedurfte nur einer kleinen Ermunterung, um alles von deren vortrefflichen Eigenschaften zu erfahren. Auf diese Weise wurde die Fahrt nach Newbury ungemein verkürzt, und als Sir Julian die Pferde in die Toreinfahrt des großen Gasthauses »Zum Pelikan«, eine Meile außerhalb der Stadt, lenkte, rief Miss Trent aus, sie hätte es nicht für möglich gehalten, daß sie so bald ankommen würden.
Stallknechte und Hausgesinde eilten herbei, den neuangekommenen Gästen zu Diensten zu sein, und innerhalb kürzester Zeit war bereits, während Sarah in ein Schlafzimmer getragen wurde, ein Bedienter auf dem Weg, um den nächsten Arzt zu Hilfe zu holen. Für Miss Trent wurde das Extrazimmer bereitgestellt.
Als sie es bald darauf betrat, fand sie ihren Beschützer vor, der sich an einem lodernden Kaminfeuer wärmte. Er hatte Hut und Reisemantel abgelegt, und Miss Trent, die sich mittlerweile über seine Person eine sehr gute Meinung gebildet hatte, stellte nun fest, daß er sehr elegant aussah. Er trug einen Rock aus extrafeinem blauem Tuch, und Miss Trent hätte eigentlich erkennen sollen, daß er den Händen eines Meisters entstammte; die Hose aus Buckskin war von makellosem Schnitt und die Krawatte so raffiniert geknotet, daß alle Nachahmer daran längst verzweifelt sein mochten.
Auch Sir Julian war mit dem, was er sah, durchaus zufrieden. Nun, da er Miss Trent ohne Haube im vollen Kerzenlicht gegenüberstand, bemerkte er ihre überquellende Lockenpracht und ihre eindrucksvollen Augen, die ihm jetzt noch viel größer vorkamen. Er liebte die offene Art, mit der sie diese zu ihm aufschlug, und er fand es erfrischend, einer jungen Dame zu begegnen, die weder durchtrieben noch affektiert war und offenbar nicht die leiseste Absicht hatte, ihn für sich zu gewinnen.
Sie ließ sich von ihm zu einem Stuhl beim Feuer führen und sagte: »Ich habe entschieden, daß es für mich das wichtigste ist, nach Bath zu gelangen, Sir. Ich dachte zuerst, es wäre verrückt, das Geld, das ich für die Rückfahrt nach Norfolk aufgespart habe, auszugeben, aber nun halte ich das für vertretbar. Ich werde also eine Kutsche mieten, die mich weiterbringen soll. Glauben Sie, daß ich bei Nacht nach Bath reisen kann? Ich weiß, Droschken fahren bei Nacht, und Postkutschen schließlich auch.«
»Gar nichts fährt bei Nacht bei einem derartigen Wetter, Madam. Es hat hier, wie ich erfahre, seit drei Tagen geschneit. Immerhin scheinen die Einheimischen zu glauben, daß ein Wetterwechsel eintreten wird; wir können also hoffen, daß es morgen aufhören wird zu schneien.«
»Oh«, sagte Miss Trent niedergeschlagen. Sie zögerte und fragte dann scheu: »Wieviel wird es mich kosten, wenn ich hier übernachte, was meinen Sie, Sir?«
»Was das betrifft«, antwortete er, »habe ich den Wirt unterrichtet, Sie seien eine junge Verwandte von mir und reisten in meiner Obhut. Er wird wohl erwarten, daß ich Ihre Auslagen begleiche.«
»Nein«, erwiderte Miss Trent entschieden.
»Ich meinte – ich brauche es wohl kaum zu betonen – natürlich ein Darlehen!«
Miss Trent war beruhigt und bat ihn, über jeden Betrag, den er für sie auslege, genau Buch zu führen. Er sagte mit großem Ernst zu, und dieses Übereinkommen bewirkte, daß Miss Trent zufrieden an dem Madeira nippte, den er ihr gereicht hatte. »Dann bleibt mir nur noch übrig«, sagte sie, »morgen eine Kutsche zu mieten, zumal mir die Wirtin zugesagt hat, Sarah zu betreuen, so daß ich in dieser Hinsicht unbekümmert sein kann.«
»Sie können in jeglicher Hinsicht unbekümmert sein«, sagte Sir Julian. »Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Ich begleite Sie morgen nach Bath, unabhängig vom herrschenden Wetter.«
Miss Trent war zu unbefangen, um ihre Freude über diesen Vorschlag zu verhehlen. »Das wollen Sie wirklich?« rief sie, innigen Dank in ihren Augen. »Ich glaube wahrhaftig, Sie sind der gütigste Mensch, dem ich je begegnet bin, Sir! Aber sollten Sie nicht
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