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Zärtlichkeit, die du mir Schenkst

Zärtlichkeit, die du mir Schenkst

Titel: Zärtlichkeit, die du mir Schenkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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die früh an diesem Sommernachmittag in Indian Rock eintraf, um dann westwärts bis nach San Francisco oder sonst wohin weiterzufahren. Doch sie musste in diesem Kaff aussteigen. Sie hatte Emmeline nicht grundlos so weit verfolgt, und sie war entschlossen, jetzt nicht aufzugeben, ganz gleich, wie groß die Schwierigkeiten auch sein sollten.
    »Gibt es ein gutes Hotel in dieser Stadt?«, fragte sie den Fahrer, als er ihr Gepäck ablud. Das Wetter war scheußlich, mal heiß und schwül wie gerade, dann wieder regnerisch, und die Straßen waren seit Tagen schlammig. Sie sehnte sich nach einer anständigen Tasse Tee, nach einem heißen Bad, frischer Kleidung, Essen und schließlich Schlaf, stundenlangem Schlaf ohne Unterbrechung.
    Der bärtige und ungewaschene Fahrer, der sich beim letzten Halt als Eustis Bates vorgestellt hatte, schenkte ihr ein Grinsen und zeigte seine Zahnlücken. »Nun, Ma'am«, nuschelte er und wies mit einem knorrigen Finger auf ein Gebäude. »Da ist das »Territorial Hotel<, gleich die Straße runter. Ich weiß nicht, wie >gut< es ist, aber es hat einen anständigen Speiseraum, und es ist ein Stück von den Saloons entfernt, also ist es dort friedlich.«
    Becky beschattete ihre Augen mit einer Hand und blickte in die gewiesene Richtung. Der Himmel war strahlend blau, und der Sonnenschein blendete. »Dort?«
    »Ja, Ma'am«, erwiderte Eustis. »Gleich hinter dem Telegrafenbüro. Sie können von hier aus die Seite des Gebäudes sehen.«
    Sie nickte, hob ihren Sonnenschirm über den Kopf und ließ ihn aufschnappen. »Danke«, sagte sie, froh über eine
    Möglichkeit, sich bei einem kurzen Spaziergang die steifen Beine zu vertreten. »Ich schicke jemanden, der mein Gepäck holt.« Nach dieser Ankündigung machte sie sich auf den Weg zum »Territorial Hotel«, und als sie die zerfürchte Straße überquerte und dabei Pferdeäpfeln auswich, achtete sie nicht auf Wagen oder Reiter. Wenn sie sich erst ein Quartier gesichert und ein wenig von der anstrengenden Reise erholt hatte, würde sie zur Triple-M-Ranch und zu Emmeline fahren.
    Sie hatte dieser jungen Frau ein paar Dinge zu sagen.
    Die Absteige, die sich beschönigend »Hotel« nannte, war ein zweigeschossiges Holzgebäude, neu genug, dass die graubraune Farbe noch nicht verwittert war. Davor gab es einen hölzernen Gehsteig, zusammen mit einem Haltebalken und einem Wassertrog, und Vorhänge aus Mehlsäcken zierten die vier sichtbaren Fenster im oberen Geschoss.
    Becky trat ein, durchquerte die bescheidene Halle, trat zu dem behelfsmäßigen Empfangspult - zwei Fässer mit einer Planke darauf - und schlug mit einer behandschuhten Hand auf die Glocke. Sie schloss den Sonnenschirm und stampfte ungeduldig auf dem Boden auf.
    Ein Vorhang bedeckte den Durchgang hinter dem »Empfang«, und er wackelte ein wenig. Dann tauchte ein dünner, kleiner Mann in einem billigen, schlecht sitzenden Anzug auf.
    Seine kleinen Augen hinter der Brille weiteten sich, als er Becky dort in ihrem braunen Reisekostüm sah, das mit pechschwarzer Litze besetzt war. Sie hatte sich jede Mühe gegeben, wie eine feine Dame auszusehen, wie sie es stets tat, wenn sie ihre Pension verließ. Aber es war immer möglich, dass sie erkannt wurde. Vielleicht hatte dieser mickrige Kerl mal ihr Etablissement in Kansas City besucht, obwohl sie das bezweifelte. Er sah nicht aus, als hätte er die nötige Ausrüstung, geschweige denn den Mut.
    »Ja?«, fragte er.
    Sie unterdrückte ein Seufzen. »Ein Zimmer«, bat sie. Sie hätte gedacht, dass ihre Absicht offenkundig war, weil sie ans Anmeldepult getreten war.
    Der Mann schaute an ihr vorbei, erst auf einer Seite, dann an der anderen, als erwartete er, sonst noch jemanden zu sehen. »Sind Sie allein?«, erkundigte er sich und bemühte sich vergebens, seine Überraschung zu verbergen.
    »Ja«, erwiderte Becky ein wenig gereizt, »oder sehen Sie noch jemanden ?«
    »Ich weiß nicht, ob wir Zimmer an allein reisende Damen vermieten«, meinte er.
    Becky, daran gewöhnt, Befehle zu geben, die befolgt wurden, hatte nicht übel Lust, den kleinen Mann an seinem billigen Zelluloidkragen zu packen und auf seine Zehenspitzen zu ziehen, doch sie beherrschte sich. »Vielleicht«, entgegnete sie mit erzwungener Ruhe, »sollten Sie sich dann kundig machen.«
    Er errötete und räusperte sich. »Ich bin gleich wieder da«, erwiderte er, flitzte um sein »Empfangspult« herum, durch die Halle und dann durch die Tür hinaus. Becky starrte ihm bestürzt nach.

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