Zärtlichkeit, die du mir Schenkst
Muter war. Sie wollte sich in seinen Armen ausweinen, weil Becky krank war und vielleicht sogar sterben musste - trotz all ihrer Beteuerungen, dass es nichts Ernstes war. Die Last war zu schwer, um allein damit fertig zu werden, doch sie konnte es nicht übers Herz bringen, sich ihm anzuvertrauen. Sie wollte Rafe oder die Hoffnung auf ein Heim und eine Familie, die er ihr bot, nicht verlieren.
Rafe, der Gute, zeigte echte Besorgnis, und Emmeline brach fast zusammen. Ironischerweise verhinderte das die Erinnerung an Beckys frühere Bemerkung, dass die Dinge niemals so schlecht sind, dass sie nicht noch schlimmer werden können. Und dann wurde sie fast ohnmächtig, denn in diesem Moment schritt eine vertraute Gestalt am Fenster des Hotels vorbei.
Der Texaner.
Er betrat das Hotel und ging geradewegs zum Anmeldepult. Clive war nirgendwo zu sehen.
Ungeduldig drückte er auf die Glocke, blickte dann in Emmelines und Rafes Richtung, schaute fort und sah wieder hin. Ihre flüchtige Hoffnung, dass er sie nicht wiedererkennen würde, verschwand schlagartig, denn ein leichtes
Lächeln spielte um seine Lippen. Hallo, so sieht man sich wieder!, schien seine Miene zu sagen.
Das wars dann. Emmelines Knie gaben nach, die Welt schien zu einem schwarzen Punkt zusammenzuschrumpfen, und sie nahm nichts mehr wahr.
Als sie zu sich kam, lag sie auf dem Sofa in der Halle, ein kaltes Tuch auf ihrer Stirn, und Rafe saß neben ihr. Er streichelte ihr Handgelenk und flüsterte immer wieder ihren Namen. Sie konnte den Texaner etwas entfernt stehen sehen. Er hatte die Arme verschränkt und beobachtete sie nachdenklich.
Sie blinzelte und hoffte, dass er verschwand wie die Erinnerung an einen Albtraum, doch er war noch dort, als sie wieder die Augen aufschlug.
Rafe war sichtlich erleichtert darüber, dass sie aus der Bewusstlosigkeit erwacht war, aber da war noch etwas mehr in seinem Gesichtsausdruck. Freude. Entzücken. Sie glaubte zu wissen, was er dachte - dass sie bereits schwanger war und er bald den Erben bekommen würde, den er sich so wünschte. Sie hätte geweint, wenn sie noch Tränen gehabt hätte.
»Soll ich einen Doktor holen?«, fragte der Texaner. Wie war noch mal sein Name? Holt Sowieso ... oder Sowieso Holt. Der Teufel sollte ihn holen! Was machte er hier in Indian Rock? Warum tauchte er in diesem großen Land ausgerechnet hier auf?«
»Nein, danke«, erwiderte Rafe, immer noch lächelnd. »Eine gute Nacht Schlaf, und meiner Frau wird es wieder prima gehen.«
»Gut«, meinte der Texaner. Seine Miene war nachdenklich.
Rafe hob Emmeline auf seine Arme, als wäre sie eine Invalidin. Dann trug er sie zum Anmeldepult und schaffte es, den Schlüssel von Zimmer zwei vom Haken zu nehmen. Er nickte dem Fremden zu, der zurücknickte, und schritt zum Flur hinten in der Halle.
Emmeline, die über Rafes Schulter blickte, sah den lächelnden Texaner. Er winkte ihr wie zum Abschied, und Emmeline schloss schnell die Augen und öffnete sie erst, als die Tür von Zimmer zwei hinter ihr ins Schloss fiel.
Rafe legte sie sanft aufs Bett, schnürte die Schuhe auf und zog sie ihr aus. Dann breitete er eine Decke über ihr aus. »Ruh dich nur aus«, meinte er ruhig. »Ich hole dir ein Glas Wasser.«
Bei seiner Freundlichkeit wurde es Emmeline schwer ums Herz. Sie glaubte wieder, einen Kloß in der Kehle zu haben, und konnte nur nicken. Rafe verließ das Zimmer und kehrte nach ein paar Minuten mit dem versprochenen Glas Wasser zurück, das er auf den Nachttisch stellte. Ihre Einkäufe waren früher geschickt worden; die mit braunem Papier verpackten Päckchen lagen auf der Kommode.
Emmeline begann zu weinen.
»Pst«, mahnte Rafe und streichelte über ihre Stirn.
Sie weinte stärker. »Sei nicht so nett zu mir!«
»Warum nicht?«, fragte er und runzelte die Stirn.
»Ich weiß es nicht!«, schluchzte sie, und er blickte sie noch verwirrter an.
Er tätschelte ihre Hand. »Ruh dich jetzt aus«, sagte er. Dann zog er seine Schuhe und das Jackett aus und streckte sich neben ihr auf dem Bett aus. Behutsam, als wäre sie zerbrechlich, nahm er sie in die Arme. »Nur ausruhen. Ich bin gleich hier, wenn du mich brauchst.«
Sie schloss die Augen und schlief fast sofort ein.
Als sie erwachte, war es im Zimmer dunkel, und sie war allein. Emmeline setzte sieh kerzengerade auf und spürte fast sofort Schmerzen im Unterleib. Da wusste sie, dass ihre Monatsblutung eingesetzt hatte, verspätet und mit Macht. Sie stand auf, fand Handtücher und machte
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