Zärtlichkeit, die du mir Schenkst
Emmeline schnell zu, begierig darauf, auch nur die Möglichkeit einer gesellschaftlichen Katastrophe zu vermeiden. »Concepcion ist die Haushälterin, und sie stammt aus Mexiko. Sie wird als ein Familienmitglied betrachtet.«
»Hm«, murmelte Minnie. »Nun, schauen Sie sich nur die Meterware an und lassen Sie mich dann wissen, ob Sie Hilfe benötigen.«
»Das werde ich«, entgegnete Emmeline zuckersüß.
»Dieser grüne Brokatstoff würde dir wundervoll stehen«, meinte Becky, befingerte einen schönen Seidenstoff und kniff die Augen zusammen. »Mit Puffärmeln und einem ziemlich tiefen Ausschnitt. Natürlich mit keinem zu tiefen.«
Emmeline gefiel der grüne Brokat, doch sie wollte den Einkaufsbummel ausdehnen. Auf der Fahrt in die Stadt hatte Rafe ihr gesagt, sie könne einkaufen, was immer sie sich wünsche, er würde hinterher die Rechnung begleichen. Sie war zu nervös gewesen, zu diesem Zeitpunkt ans Einkaufen zu denken, denn das Wiedersehen mit Becky hatte noch vor ihr gelegen. Jetzt plante sie, zu prassen und zusätzlich zu einem Kleid für Concepcion und sich ein Buch und vielleicht eine Schachtel Marzipan zu kaufen. Sie würde natürlich auch ein Geschenk für Phoebe Anne mitbringen.
Emmeline bestand darauf, sich alles anzusehen, jeden Stoff, Knopf und Besatz und jedes Garn. Zum Schluss kaufte sie jedoch einige Meter des grünen Brokats, außerdem Garn und kleine Knöpfe, die mit demselben Stoff bezogen waren. Für Concepcion wählte sie silbergraue Seide und hübsche Perlmuttknöpfe aus. Als Nächstes fragte sie nach Marzipan, und sie ließ sich Zeit bei der Auswahl eines Buches, denn sie wusste, dass sie es viele Male lesen würde. Sie wählte schließlich einen Roman über einen französischen Adligen, der ein Pirat wurde. Für Phoebe Anne kaufte sie ein schlichtes blaues Kleid, höchstwahrscheinlich das erste Kleidungsstück von der Stange, das die junge Witwe jemals besessen hatte.
»Soll ich diese Sachen auf die Rechnung der Ranch setzen?«, wollte Minnie wissen. Ihre fröhliche Stimmung war ein Anzeichen dafür, dass eine beträchtliche Summe zusammenkommen würde.
Emmeline nickte und errötete ein wenig. Sie hatte zwar dank Becky keinen Hunger in ihrem Leben gekannt, und es hatte ihr nie an etwas gemangelt, doch es war berauschend, zu kaufen, was immer sie wollte, ohne auf den Preis achten zu müssen.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, schicken Sie alles zum >Territorial Hotel<«, warf Becky ein, »Mrs. McKettrick wird bis morgen in der Stadt bleiben, wissen Sie?« Becky kaufte selbst einige Dinge ein, einen wissenschaftlichen Band über Schmetterlinge, ein Päckchen Teeblätter und Unterwäsche aus Leinen, und sie bezahlte alles mit Bargeld, das sie aus ihrem Handtäschchen hervorkramte.
Minnie erwärmte sich sofort für Becky, als sie das Geld sah. »Ja, Ma'am«, säuselte sie. »Ich werde Ihre Dinge schön einpacken und gleich rüberschicken.«
Becky bedankte sich, hakte sich bei Emmeline ein und marschierte mit ihr aus dem Laden. Auf dem Gehsteig straffte sich ihre Haltung, und sie blickte in beide Richtungen. »Ich komme um vor Hunger. Lass uns etwas essen.«
Emmeline stellte überrascht fest, dass sie ebenfalls hungrig war, und ihre Überraschung wurde noch größer, als sie erkannte, dass Becky und sie fast drei Stunden in dem Geschäft verbracht hatten. »In Ordnung«, stimmte sie zu. Nach dem Halbdunkel im Laden fühlte sie sich in dem grellen Sonnenschein ein wenig schwindelig.
»Du hättest es mir vor langer Zeit erzählen sollen«, wiederholte Emmeline vielleicht eine halbe Stunde später, als sie im Speiseraum des Hotels saßen, Tee tranken und Hackbraten aßen, der vom Vortag übrig geblieben war. Sie waren die einzigen Gäste, und so konnten sie sich ungestört unterhalten, doch sie hielten die Stimmen gesenkt.
Becky nippte an ihrem Tee, verzog das Gesicht und fügte braunen Zucker aus der Zuckerdose auf dem Tisch hinzu. Eine Fliege flog immer wieder gegen die Fensterscheibe neben ihrem Tisch. »Dass du meine Tochter bist, meinst du? Nun, ich dachte, du könntest alles andere als entzückt sein, eine Dame der Nacht als Mutter zu haben.«
Emmeline senkte einen Moment den Blick und zwang sich dann, Becky anzusehen. »Was nun?«, fragte sie.
Becky hob eine Augenbraue. »>Was nun?<«, wiederholte sie. »Es ist ganz einfach, Emmeline. Du führst dein Leben weiter, und ich meines.«
»So einfach ist es nicht«, flüsterte Emmeline. »Wenn Rafe jemals herausfindet...«
»Wenn
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